Änderung des Geldwäschegesetzes

07.09.2016RechtCompliance, Geldwäsche, RisikoanalyseFeatured Article

Stärkung des risikobasierten Ansatzes

von Barbara Scheben & Verena Brandt

Dem deutschen Geldwäschegesetz („GwG“) stehen durch die 4. EU Geldwäscherichtlinie vom 20. Mai 2015 („4. EU GWRL“) umfangreiche Änderungen bevor. Deren Umsetzung in deutsches Recht hat bis zum 26. Juni 2017 zu erfolgen. Allerdings hat die Europäische Kommission die EU Mitgliedstaaten aufgefordert, die Umsetzung der Richtlinie auf Ende 2016 vorzuziehen (http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:e6e0de37-ca7c-11e5-a4b5-01aa75ed71a1.0003.02/DOC_1&format=PDF, zuletzt abgerufen 18.7.2016). Eine dieser Änderungen betrifft die Stärkung des sog. risikobasierten Ansatzes.


Hierdurch soll es ermöglicht werden, gezielter auf die für die EU und die dort tätigen natürlichen und juristischen Personen bestehenden Risiken der Geldwäsche (und Terrorismusfinanzierung) einzugehen. Auch und insbesondere „Personen, die gewerblich mit Gütern handeln“ („Güterhändler“), an die sich dieser Beitrag richtet, sollten diese Änderungen berücksichtigen, denn die Sanktionen, die der Richtliniengeber vorsieht, sind streng.

Das GwG aktueller Fassung sieht für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten vor, dass sich die von den Verpflichteten, also z. B. den Güterhändlern, implementierten Maßnahmen „nach dem Risiko des jeweiligen Vertragspartners, der jeweiligen Geschäftsbeziehung oder der jeweiligen Transaktion zu bestimmen“ haben. Darüber hinaus haben die Verpflichteten interne Sicherungsmaßnahmen dagegen zu treffen, dass „sie zur Geldwäsche missbraucht werden können.“ Hierzu gehört insbesondere die “Entwicklung und Aktualisierung angemessener geschäfts- und kundenbezogener Sicherungssysteme und Kontrollen, die der Verhinderung der Geldwäsche dienen.“

Die 4. EU GWRL sieht eine Intensivierung und Formalisierung der zur Implementierung angemessener Maßnahmen erforderlichen Risikoanalyse vor. Danach müssen die Verpflichteten angemessene Vorkehrungen und Prozesse einrichten, die eine systematische Ermittlung und Bewertung der für sie bestehenden geldwäschespezifischen Risiken auf der Basis adäquater Risikofaktoren sicherstellen können. Die jeweils heranzuziehenden Risikofaktoren sollten geschäftsspezifische Aspekte, z.B. Kundenstruktur und Vertriebskanäle, Länder oder geographische Gebiete, Produkte und Dienstleistungen, als auch Transaktions- und Kundenbezogene Risikoindikatoren (z.B. Bargeldtransaktionen, ungewöhnliche Zahlungsflüsse, Zweifel an der Identität der Vertragspartner, mangelnde Transparenz in Bezug auf den wirtschaftlich Berechtigten) berücksichtigen. Die jeweils zu unternehmenden Schritte haben in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Größe der Verpflichteten zu stehen. Die Risikobewertungen sind aufzuzeichnen, aktuell zu halten und den zuständigen Behörden zur Verfügung zu stellen. Zur Minderung und Steuerung der ermittelten Risiken haben die Verpflichteten angemessene Strategien, Verfahren und Kontrollen einzurichten, die, sollte dies angesichts des Umfangs und der Art der Geschäftstätigkeit des Verpflichteten angemessen sein, unabhängig zu prüfen sind. Die Verpflichteten haben zudem eine Genehmigung des Managements für die von ihnen implementierten Strategien und Maßnahmen einzuholen und diese bei Bedarf zu überwachen und zu verbessern. Insofern manifestiert die 4. EU GWRL auch für das Risikofeld Geldwäsche die Risikoanalyse als zentrales Steuerungsinstrument für eine effektive und betriebswirtschaftlich effiziente Ausgestaltung eines geldwäschespezifischen Compliance Management Systems. In der Praxis bietet es sich ggf. an, bei der Umsetzung der geldwäschespezifischen Sorgfaltspflichten auf bereits etablierte bzw. bewährte Risikoprozesse und Instrumentarien zurückzugreifen, beispielsweise über eine Ergänzung der Compliance Risikoanalyse um geldwäschespezifische Risikoszenarien oder der Nutzung betriebswirtschaftlicher Scoring Modelle zur Risikoklassifizierung der Unternehmenseinheiten.

Die Prävention, Aufdeckung und auch Aufklärung von Geldwäsche und Geldwäscheverdachtsfällen hat somit obligatorischer Bestandteil des Compliance-Managements der Verpflichteten zu werden. Die Risikoanalyse dient dabei der grundlegenden Weichenstellung. Versäumnisse in diesem Stadium können leicht zu Verstößen gegen die anzuwendenden Sorgfaltspflichten, verpflichtende interne Kontrollen oder die vorgesehene Verdachtsmeldung führen und nach der 4. EU GWRL Sanktionen von u. a. bis zu mindestens der zweifachen Höhe des infolge des Verstoßes erzielten Gewinns oder mindestens 1 Mio. EUR sowie auch der öffentlichen Bekanntgabe des Verstoßes und der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person nach sich ziehen.
 

Barbara Scheben Verena Brandt

Barbara Scheben, Rechtsanwältin, und
Verena Brandt, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin, beide Partner der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Dr. Sven Deglow

 


www.kpmg.de

 

Dr. Sven Deglow

Dieser Beitrag ist Teil der aktuellen Ausgabe des Handelsblatt Journals „Compliance“, die Sie hier erhalten können: http://veranstaltungen.handelsblatt.com/journal/