7 Fragen zur Zukunft des Bankings

Die Welt des Bankings fasziniert: Wie begegnet sie der digitalen Revolution? Wie stellt sich die Bankenwelt im Bereich Mobile auf? Welche Innovationen und Alternativen gibt es zum klassischen Bankgeschäft? Lesen Sie hier die aufschlussreichen Antworten auf diese und mehr Fragen von unserem Interviewpartner Dominik Steinkühler, Lendico.

7 Fragen zur Zukunft des Bankings | Interview zur Banken im Umbruch

Unzählige Innovationen im Bereich Mobile und Online Banking überschwemmen gerade den Markt. Ist das ganze nur ein Hype oder ist die Zukunft des Bankings virtuell?

Wir sehen derzeit keinen Hype, sondern vielmehr eine Reihe von Innovationen in verschiedenen Produktkategorien oder Teilen der klassischen Wertschöpfungskette, die schlicht althergebrachte Strukturen und Abläufe zum Vorteil der Endkunden neuordnen. Im Bereich Financial Services sind Kunden generell nicht besonders hype-anfällig, insbesondere die deutschen Bankkunden nicht. Für uns ist es zum Beispiel wesentlich einfacher ausländische Investoren von Lendico und unserem Modell zu überzeigen, als deutsche Anleger. In einigen Märkten, die eigentlich kleiner als Deutschland sind, war die Nachfrage nach dem Launch der lokalen Lendico Plattform höher als in Deutschland. Wir bauen Lendico in einer Art, die die Zukunft des Banking nachhaltig zum Vorteil unserer Kunden verändern soll, nicht um auf kurzfristige Trends zu setzen.

Verschlafen klassische Banken gerade die digitale Revolution?

Das ist eine interessante Frage: Den Buchhandel hat Amazon revolutioniert und nicht Hugendubel. Netflix und nicht Blockbuster hat den Filmverleih verändert. Zalando ist in wenigen Jahren zum wachstumsstärksten Modehändler mit Milliarden-Umsätzen gewachsen und hat den Versandhandel verändert. Neue Marktteilnehmer ermöglichen neue Lösungen. Nur selten schaffen es etablierte Marktteilnehmer ihren eigenen Markt durch Innovation zu revolutionieren. Häufig reagieren sie erst, wenn es anfängt wehzutun, nämlich wenn sie merken, dass ihre Kunden zu neuen Anbietern mit innovativen Lösungen abwandern.

Wirklich erfolgreich war bisher noch kein Peer-to-Peer-Anbieter in Deutschland. Wie will Lendico den Durchbruch im Bereich Online-Kredite von Privat zu Privat schaffen?

Der deutsche Markt ist den angelsächsischen Märkten einige Jahre hinterher in der Entwicklung. Das lag vor allem an der Qualität der P2P-Angebote: Lendico hat zum Beispiel das Scoring – die Bewertung von Kreditrisiken – in Deutschland eingeführt. Zuvor haben viele Marktplätze es einfach den Kreditnehmern überlassen, den Zinssatz festzulegen. Das hatte zur Folge, dass hauptsächlich Kreditnehmer angezogen wurden, die nicht mehr von Banken bedient wurden und Investoren keine risikoadäquate Verzinsung geboten wurde.

Wir wollen mit Lendico erstmals gute Kreditnehmer ansprechen, die sonst problemlos einen Bankkredit bekommen würden. Sobald es Kreditmarktplätzen gelingt Anleger und Sparer davon zu überzeugen, dass wir eine attraktive, neue Anlageklasse anbieten, können wir mit einem rapiden Wachstum, wie es heute in USA oder UK zu beobachten ist, rechnen.

Mit Zencap geht jetzt auch ein Portal zur Finanzierung von Kleinunternehmen an den Start. Besteht da nicht die Gefahr, dass nur Unternehmen zu Ihnen kommen, die bei ihrer Hausbank abgelehnt wurden?

Nein, das sehen wir nicht so. Mit Lendico haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich natürlich auch Kreditnehmer melden, die keine guten Risiken darstellen. Derzeit erhalten etwa zehn Prozent der Kreditanfragen durch unseren Algorithmus und die Risiko-Experten von Lendico ein positives Votum. In den ersten vier Wochen waren es weniger als drei Prozent. Wir sehen also mit der Zeit eine Steigerung in der Qualität der Kreditprojekte. Gleichzeitig werden immer mehr Banken von den Kunden „abgelehnt“. Uns scheint, als vergessen Banken, dass ihre Kunden Finanzgeschäfte machen wollen und nicht Bankgeschäfte. Wir sehen daher eine gewisse Zufriedenheit bei vielen unserer Kreditnehmer und Anleger, dass sie endlich eine Alternative zu den Banken gefunden haben. Bei Zencap ist das ebenfalls so. Darüber hinaus adressiert Zencap auch kleine mittelständische Unternehmen, für die sich Banken nicht interessieren. Das liegt nicht daran, dass diese Unternehmen schlechte Risiken darstellen sondern schlicht daran, dass kleinere Kreditbeträge für Banken nicht profitabel genug sind.

Anshu Jain hat auf der letzten Handelsblatt-Jahrestagung Banken im Umbruch neue, digitale Player im Bankenmarkt herzlich willkommen geheißen und auf die hohen regulatorischen Hürden verwiesen, die Banken zu meistern haben. Ist ein Einstieg ins Banking für neue Player überhaupt attraktiv?

Für uns macht das den Einstieg besonders spannend, da wir mit unserer Expertise signifikante Vorteile gegenüber weniger erfahrenen Unternehmen aufbauen können. Wir bieten Anlegern eine neue Qualität im Bereich des Peer-to-Peer: Wir arbeiten mit einem erfahrenen Team von Riskoexperten und Underwritern – alle mit langjähriger Erfahrung. Unser Team besteht sowohl aus ehemaligen Risikovorständen von Kreditinstituten mit tiefgreifender Kenntnis in der Definition unserer grundlegenden Risikopolitik und Kreditprozesse, als auch aus Kreditsachbearbeitern mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Prüfung von Kreditanträgen. Gemeinsam entwickeln wir Lösungen, die besser die Anforderungen der Märkte erfüllen als die oft veralteten IT-Systeme vieler Banken, die heute im Einsatz sind. Oft sind Banken zudem in trägen organisatorischen Strukturen verhaftet, die Innovation signifikant erschweren. Das ist ein Vorteil für junge Unternehmen wie Lendico. Wir sind sehr agil und können so schnell auf die Anforderungen unserer Kunden reagieren.

Wagen wir noch den Blick in die Zukunft: Wie stellen Sie sich Banking im Jahr 2020 vor?

Das ist in 6 Jahren? Vor genau 6 Jahren wurde Zalando  gegründet – hätte irgendjemand in 2008 getippt, dass Zalando einer der bedeutendsten Versandhändler Europas wird, so hätte er vermutlich wenig Zustimmung unter den damaligen Experten gefunden. Stärker als der Verkauf von Schuhen und Mode baut Banking natürlich auf dem Grundsatz des Vertrauens auf. Die spannende Frage wird sein, ob sich neue Spieler außerhalb des traditionellen Bankensektors dieses Vertrauen sichern können. Klar ist, dass die lokale Präsenz an Bedeutung abnehmen wird. Die Veränderungen werden daher in einem Punkt besonders sichtbar: In 6 Jahren werden Bankhäuser zunehmend aus Fußgängerzonen verschwinden. Das haben deutsche Städte bereits mit Postämtern und Reisebüros erlebt. 

Was dürfen wir aus dem Hause Rocket Internet in Zukunft erwarten?

Rocket Internet wird auch in Zukunft vermeintlich etablierte Märkte neugestalten. Mit Prognosen muss man aber auch vorsichtig sein. Man läuft stets Gefahr als unbelehrbar optimistisch abgestempelt zu werden: Rocket Internet selbst wurde 2007 gegründet wurde. Seitdem hat Rocket Internet über 100 Unternehmen in mehr als 40 Ländern hervorgebracht. Gerade im Financial Services Bereich steht die Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen erst am Anfang und Rocket Internet wird sicherlich auch hier eine entscheidende Rolle im internationalen Umfeld spielen.

Autor: Dominik Steinkühler, Co-Founder & Managing Director Lendico Berlin | XING

Kontakt: Carola Bergmann, Conference Director EUROFORUM | XING

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