Gleichzeitig ist es wichtig, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu sichern. Um hier gute Lösungen zu fi nden, brauchen wir klare Vorstellungen von dem integrierten Energiesystem, auf das wir zusteuern. Ein wichtiger Faktor wird sein, das Know-how der Wirtschaft zu nutzen und die Anforderungen der Wirtschaft zu benennen, damit die zweite Phase der Energiewende erfolgreich ausgestaltet werden kann.
Die erste Phase der Energiewende war davon geprägt, die erneuerbaren Energien auszubauen und die Energieeffizienz zu steigern. In der zweiten Phase geht es jetzt um eine integrierte Energiewende, also das Zusammenwachsen der Märkte und Geschäftsfelder in den unterschiedlichen Sektoren: Industrie, Gebäude, Mobilität und Energie. Diese Entwicklung steht noch am Anfang. Der Ausbau der erneuerbaren Energien war bisher vor allem auf den Stromsektor fokussiert. Während es dort vorangeht, stagniert die Entwicklung in anderen Bereichen, wie etwa bei Kraftstoffen und Wärme. Um die angestrebten Energiewendeziele zu erreichen, brauchen wir hier eine stärkere Entwicklungsdynamik.
Für mehr Investitionssicherheit bei Energiewende projekten brauchen wir langfristig verlässliche Rahmenbedingungen.
Forschung, Entwicklung und Investitionen sichern
Wie bei der Industrie 4.0 werden auch in der Energiewende in Zukunft die Akteure und Anlagen im Energiesystem effizient miteinander verbunden sein und miteinander kommunizieren. So können individuelle Markt- und Kundenbedürfnisse durch digitale Lösungen direkt berücksichtigt und neue innovative Geschäftsmodelle und Produkte entstehen. Dem Beispiel der Industrie 4.0 folgend wird damit der Grundstein für die integrierte Energiewende gelegt, die uns zukünftig durch eine intelligente Verknüpfung der Sektoren zum langfristigen Erfolg der erneuerbaren Energien führen wird.
Gerade im Gebäude- und Verkehrsbereich liegen große Potenziale für die Energiewende. Dennoch gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keinen Konsens darüber, welche Rahmenbedingungen und Infrastrukturen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erforderlich sind, um sie zu erschließen. Welche Technologien werden erfolgreich sein und welche Innovationen sollten wir fördern, um beispielsweise die Energiewende im Gebäudesektor voranzutreiben? Welche Maßnahmen könnten den Neubau und den Gebäudebestand unterstützen? Wie kann die Förderstruktur ausgestaltet werden, um die aktuell deutlich zu niedrige Sanierungsrate zu erhöhen? Wie sind Mieter und Immobilieneigentümer von der Energiewende betroffen und wie können sie von ihr profitieren?
Diese Fragen lassen sich zwar im Moment nicht abschließend beantworten, aber zumindest können wir mögliche Entwicklungskorridore skizzieren, damit etwa Unternehmen wissen, wo sie mit Forschung und Entwicklung, mit Investitionen und Prozessoptimierungen vorangehen können.
Um herauszufinden, welche Technologien und Transformationspfade auf dem Weg zu einem integrierten und klimaverträglichen Energiesystem am vielversprechendsten sind, hat die dena in diesem Jahr gemeinsam mit rund 50 Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft die „dena-Leitstudie Integrierte Energiewende“ gestartet. Gemeinsam mit den beteiligten Unternehmen und Institutionen werden wir verschiedene Szenarien für alle relevanten Sektoren – Industrie, Gebäude, Mobilität und Energie – ausarbeiten und bewerten. Die Studie wird sowohl die volkswirtschaftlichen Kosten, die Auswirkungen auf die betroffenen Märkte haben, als auch die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende betrachten. Im Ergebnis werden wir Empfehlungen für Rahmenbedingungen entwickeln, die Umwelt- und Klimaschutz, Versorgungssicherheit und wirtschaftlichen Erfolg ermöglichen.
Planungssicherheit und gleichberechtigter Marktzugang
Einige zentrale Ansätze für eine erfolgreiche Umsetzung der integrierten Energiewende zeichnen sich bereits ab. Für mehr Investitionssicherheit bei Energiewendeprojekten brauchen wir langfristig verlässliche Rahmenbedingungen und langfristig planbare CO2-Preise, die im Sinne des Klimaschutzes wirksam werden. Auch Technologieoffenheit ist eine wichtige Determinante für zukünftige Innovationen. Deutschland darf sich heute nicht von Technologien verabschieden, deren Innovationspotenzial noch nicht im Detail bewertet wurde. Um erfolgreichen Energiewendetechnologien zum Durchbruch zu verhelfen, sollte ein sogenanntes Level-Playing-Field, also ein gleichberechtigter Marktzugang für die vielen unterschiedlichen Lösungen, geschaffen werden. Hierfür sollten die bestehenden politischen Instrumente kontinuierlich überprüft und entsprechend der neuen Anforderungen des Energiesystems weiterentwickelt werden. Dann kommen wir am effizientesten vorwärts.
Deutschland will bei der Energiewende Vorreiter sein – und übernimmt so eine bedeutsame Rolle auch bei der Energiewende weltweit. Wir sind dabei, die führende Exportnation für Energiewende-Technologien zu werden. Erfreulicherweise will eine wachsende Anzahl an Unternehmen die Energiewende sektorübergreifend erfolgreich gestalten. Das bringt unsere wichtigste Ressource – Wissen – voran, befördert Innovationen und damit neue Produkte und Dienstleistungen und es schafft neue Arbeitsplätze.
Andreas Kuhlmann,
Vorsitzender der dena-Geschäftsführung
Dieser Beitrag ist Teil der aktuellen Ausgabe des Handelsblatt Journals „Energiewirtschaft“, das Sie hier erhalten können