Die seit vielen Jahren durch die Investmentbanken und andere ‚Hochleistungsdienstleister’ vorgelebte 24/7 Erreichbarkeit macht Mitarbeiter zu ‚Reaktionssklaven’. Die Innovationskraft und die strategische Positionierung von neuen Geschäftsfelder und Produkten leidet, da viele Mitarbeiter den Fokus auf die wirklich wichtigen Themen verlieren und nur noch damit beschäftigt sind, eingehende E-Mails und Vorgänge so schnell wie möglich zu bearbeiten oder zu delegieren.
Sind aber Betriebsvereinbarungen zwecks ‚Festlegung der Nichterreichbarkeit’ eine Lösung?
Betriebliche Verordnungen können nur ein erstes Signal sein, mit dem ein Unternehmen den Mitarbeitern gezielte Freiräume für Innovation, Kreativität aber auch für die notwendigen Erholungsphasen und ein Privatleben einräumt, um potentiellen Burnoutgefahren präventiv zu begegnen. Eine Burnoutprävention auf Basis von Vereinbarungen kann aber kaum der Schlüssel zu einem produktiveren und eigenbestimmten Arbeiten sein. Die Unternehmen müssen viel früher, nämlich bei dem Re-Engineering der Unternehmenskultur und das darauf abzustimmende Führungsverhalten der Manager beginnen.
Viele Unternehmenskulturen in Konzernen, aber auch im wichtigen Mittelstand stammen noch aus den 70er Jahren und wurden bislang kaum an die neuen Arbeits- und Kommunikationswelten angepasst. Viele Führungskräfte können gar nicht mehr definieren, welche Werte und Führungsleitlinien ihre Unternehmenskultur ausmacht und wie diese ihr Unternehmen und das Handeln der Mitarbeiter im zunehmend globalen Wettbewerb unterstützen soll. Die jährlichen ‚Strategieoffsitemeetings’ in verschiedenen Funktionen und Bereichen können diese Lücke längst nicht mehr schließen.
Wichtiger Baustein zum Aufbau einer nachhaltigen Leistungskultur
Der nächste wichtige Baustein zum Aufbau einer nachhaltigen Leistungskultur ist die Abstimmung zwischen Unternehmenskultur und dem Führungsverhalten des Managements. Das Top-Management muss die wesentlichen Eckpfeiler der Unternehmenskultur täglich vorleben und in den Führungsgrundsätzen verankern. Es kann nicht sein, dass es Betriebsvereinbarungen über das Recht auf ‚Unerreichbarkeit’ gibt und die Mitarbeiter bei Nutzung dieser Vereinbarungen im Rahmen der Beurteilungsprozesse am Jahresende bestraft werden. Das Management ist also für die Übersetzung der Unternehmenskultur ein wichtiger Katalysator und muss diese Veränderungsprozesse aktiv initiieren und vorleben - dieses geschieht leider bislang in den wenigsten Fällen.
Betriebsvereinbarungen für 'Unerreichbarkeit' können nur ein kleiner Baustein sein um neue Freiräume zu ‚legalisieren’. Damit diese Freiräume aber auch effizient im Sinne des Unternehmens genutzt werden und den Mitarbeitern neue Energie für die nächsten Aufgaben zuführt, muss eine erhebliche Disziplin, eine motivierende Unternehmenskultur sowie eine konsistente Methodik für das Selbst- und Teammanagement im Unternehmen vorhanden sein.
Autor: Maik Neubauer, Managing Partner, The Executive Partners Group