Was hat der Leasing Standard mit Hamlet gemeinsam?

19.05.2015FinanceLeasing , Finanzierung, Rechnungswesen, Accounting

To Lease or Not to Lease?

Die Nähe zum bekannten Zitat aus Shakespeare’s Hamlet ist unverkennbar. Meinen Sie, dass das Leasingprojekt auch in einer Tragödie enden könnte? Antwort: Auch wenn es sich um Leben und Tod handelt, sind Veränderungen immer schwierig anzugehen. Hamlet stellt auch bei seiner Frage fest, lasst uns lieber beim Alten bleiben und das Unerträgliche weiterhin erleiden. Trotz bester Absicht scheitern viele Versuche: Die Ungewissheit raubt uns den erforderlichen Mut. Alleine  das Nachdenken über Besseres führt zu nichts weiter als Unentschlossenheit. Weiter zum Interview:

Was hat der Leasing Standard mit Hamlet gemeinsam? Interview Leasing / Praxisforum Rechnungswesen

Man muss nicht Hamlet sein, um zu erkennen, dass weder das IASB noch das FASB beim endgültigen Leasing Standard angelangt sind. Und das für ein Projekt, das bereits 2007 aus der Convergence mit dem FASB entstanden ist! IASB und FASB waren sich einig, dass die unvollständige Bilanzierung der bisherigen Leasing-Standards inakzeptabel ist. Man war entschlossen eine Lösung zu finden, die alle Mietverhältnisse in der Bilanz erkennen lässt. Stattdessen gab es mehrere Exposure Drafts und unzählige Comment Letters. Es drohen heute noch mehr Unterschiede zwischen den IFRS und US GAAP zu entstehen als ohnehin vorhanden.

Eröffnet der neue Leasingstandard über die neuen Ausnahmen für sog. small asset leases, oder auch die neuen Definitionskriterien eines lease, ggf. (unbewusst) neue Türen für eine (bewusste) Umgehung des Standards?

In der Tat öffnet jede Tür neue Chancen für Missbrauch. Insofern Unternehmen vorher Verträge ausschließlich gestaltet haben, um finanzielle Kennzahlen zu schönen, werden sie weiterhin Wege finden, die Bilanz zu kürzen. Erfreulicherweise sind es nur wenige Unternehmen, die Geschäftsverhältnisse ausschließlich - und sogar zum eigenen Nachteil - dahingehend ändern, um bestimmte bilanzielle Auswirkungen zu erzielen.

Beim Leasinggeber ist nach langen Diskussionen i.W. wieder auf die Regelungen nach IAS 17 rekurriert worden. Wie ist dieses Eingeständnis in Anbetracht der langen Diskussionen für das Gesamtprojekt zu werten?

Dieser Rückzieher bzw. Abkehr im 2. Entwurf von einer Leistungsverpflichtung (‚Performance Obligation‘) für Leasinggeber ist sehr verwunderlich. Als Begründung gibt das IASB an, dass dieser Sachverhalt  auf wenig Akzeptanz gestoßen ist. Dabei stellt es selber fest, dass eine solche Verpflichtung nur zweifelhaft der Definition einer Verbindlichkeit Stand halten würde. Darüber hinaus müsste das IASB für den Bereich Immobilien-Leasing erkennen, dass die meisten Immobilien als Finanzinvestitionen (‚Investment Property‘), bzw. zum Marktwert bilanziert werden. Dadurch kann der Bilanzleser heute die Mieteinnahmen ins Verhältnis zu Immobilien setzen und die Marktverzinsung herleiten. Obwohl das IASB mehr Transparenz erreichen wollte, hätte die vorgeschlagene Bilanzierung für Finanzinvestitionen zum Verlust von sehr wertvollen Informationen geführt.

Das IASB bleibt weiterhin hartnäckig davon überzeugt, dass mehr Durchblick stets einen erhöhten Bilanzierungsumfang bedeutet. Ob am Ende der geneigte Bilanzleser vor lauter Bäumen seinen Weg durch den Bilanzdschungel nicht mehr finden kann, soll die Transparenz nicht verhindern. 

Autor: Harald Stuhlmann, Senior Vice President Finance & Controlling, Continental AG. Treffen Sie Herrn Stuhlmann auf der Veranstaltung Praxisforum Rechnungswesen

Kontakt: Katrin Schmitz, Konferenz Managerin EUROFORUM | XING