Zahlreiche Branchenakteure sprechen sich für die Einführung eines Kapazitätsmarktes aus. Die gängigen Kapazitätsmarktmodelle sehen garantierte Zahlungen für die Vorhaltung von konventionellen Kraftwerkskapazitäten vor. Diese Kosten würden von den Stromkunden getragen. Ein Kapazitätsmarkt gibt allerdings keine Anreize für Innovationen wie etwa Speicher. Auch gibt es keine Anreize für die Stromerzeuger, einen solchen Kapazitätsmarkt möglichst klein und effizient zu halten. Es besteht die Gefahr, dass der Kapazitätsmarkt von Jahr zu Jahr wächst und die Kosten für die Stromkunden in die Höhe treibt, ohne dass parallel Systeme entwickelt werden, die den Bedarf von konventionellen Kapazitäten nachhaltig senken können. Gutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums sprechen von bis zu 15 Milliarden Euro Extrakosten allein bis 2030.
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Es geht aber auch anders – und auch das betonen alle drei Gutachten für das BMWi. Der bestehende Strommarkt ist grundsätzlich in der Lage, genügend Kraftwerkskapazität vorzuhalten und die Versorgung zu sichern. Es braucht lediglich Anpassungen, die den Markt stärken und Effizienzen im System heben. Zusammen mit dem zügigen Stromnetzausbau, der Grundvoraussetzung für das Gelingen der Energiewende und die Sicherung der Stromversorgung ist, wären damit die Weichen für einen funktionierenden und zukunftsfähigen Strommarkt gestellt.
Zu diesen Anpassungen gehört zum einen, dass jeder Marktteilnehmer einen Teil der Verantwortung für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit übernimmt – auch die Erneuerbare Energien-Anlagen. Sie sollten allen anderen Marktteilnehmern gleich gestellt werden. Eine verpflichtende Direktvermarktung für neue Anlagen wie sie die Novelle des EEG jetzt angeht, eine mengenbasierte Förderung, die schrittweise Übernahme aller marktlichen Risiken und die Bereitstellung von Systemdienstleistungen wie etwa Frequenz- und Spannungshaltung sind hier wichtige Bausteine.
Außerdem müssen die politisch-regulatorischen Eingriffe in den Markt und in die dort stattfindende Preisbildung minimiert werden. Konkret bedeutet dies, dass kurzfristige Preisspitzen am Großhandelsmarkt akzeptiert werden müssen, damit Marktakteure für ihre systemstabilisierende Wirkung angemessen entlohnt werden. So kann der Energy Only-Markt ausreichend Investitionsanreize für Kraftwerkskapazität setzen. Für den Endkundenmarkt kann es dabei weiterhin eine Durchmischung beim Preis geben.
Autor: Lex Hartman, Mitglied der Geschäftsführung, TenneT TSO GmbH
Kontakt: Katharina Müller, Content Marketing Manager EUROFORUM | XING