Hoher Konkurrenzdruck
Der hohe Konkurrenzdruck unter den Finanzierungsgebern ist derzeit das vorherrschende strategische Thema in der gewerblichen Immobilien-finanzierung. In besonderem Maße triff t dies auf die stark nachgefragten Core-Immobilien zu. Darlehensnehmer fi nden entsprechend positive Bedingungen vor. Sinkende Bankenmargen sowie steigende Beleihungsausläufe („LTVs“) und Darlehensvolumina sorgen für ein attraktives Marktumfeld.
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Das gute Finanzierungsumfeld ist ohne Zweifel ein Mitauslöser der steigenden Transaktionsvolumina für deutsche Gewerbeimmobilien. 2013 legte dieses im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Fünftel auf 30,7 Mrd. Euro zu. Auch im ersten Quartal 2014 ist gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Zuwachs um mehr als 40 Prozent auf rund zehn Mrd. Euro zu verzeichnen.
Auff allend ist der überproportionale Anstieg der Investments in den Bereichen Core Plus und Value-Add. Ganz off ensichtlich nimmt die Bereitschaft
der Banken zu, auch diese Asset-Klassen zu finanzieren. Dies zeigen auch die jüngsten Ergebnissedes Deutschen Immobilienfinanzierungsindex (DIFI). Danach ist im ersten Quartal bei finanzierten Wohn- und Gewerbeimmobilien eine strukturelle Verlagerung hin zu risikoreicheren Objekten zu beobachten.
Fast alle großen Immobilienfinanzierer hatten sich 2013 das Ziel gesetzt, ihr Neugeschäftsvolumen erheblich auszuweiten. Auslöser hierfür waren und sind das anhaltend niedrige Zinsniveau und, vorwiegend bedingt durch den deutschen Pfandbrief, die hervorragenden Refinanzierungsmöglichkeitender Banken. Offensichtlich werden die erhöhten banken-regulatorischen Anforderungen (Stichwort Basel III) durch das geringe Zinsniveau und das gute makro-ökonomische Umfeld in Deutschland überkompensiert. Vergleicht man das deutsche Neugeschäftsvolumen ausgewählter Banken in den Jahren 2012 und 2013, zeigt sich ein Zuwachs um fast ein Fünftel. Im laufenden Jahr neigen viele Banken aufgrunddes gestiegenen Wettbewerbsdrucks allerdings zu einer vorsichtigeren Wachstumsprognose.
Ausländische Finanzierer folgen ausländischen Investoren
Der deutsche Immobilienfi nanzierungsmarktwird von genossenschaftlich organisierten Banken sowie Sparkassen mit ihren jeweiligen Zentralinstituten und Landesbanken geprägt. Diese repräsentieren einen Marktanteil an den deutschen gewerblichen Immobilienfinanzierungen von nahezu 50 Prozent. Weitere wichtige Akteure sind Privatbanken und Spezialbanken wie Hypothekenbanken. Demgegenüber steigt das Interesse ausländischer Investoren an deutschen Gewerbeimmobilien. Im ersten Quartal 2014 entfi el mehr als die Hälfte des investierten Kapitals auf ausländische Investoren. Dies bleibt nicht ohne Folgen. Denn mit den Investoren wenden sich auch die ausländischen Finanzierer wieder verstärkt dem deutschen Immobilienfinanzierungsmarkt zu. Angeführt von den angelsächsischen Investmentbanken versuchen auch europäische und internationale (Universal-) Banken und Versicherungen auf dem deutschen Immobilienfi nanzierungsmarkt verstärkt Fuß zu fassen.
Deren Alleinstellungsmerkmal ist üblicherweise die Bereitschaft des „Full Underwriting“ für größere Darlehensvolumina. Darunter ist die kurzfristigeund vollständige Übernahme des Darlehens auf die eigenen Bücher und eine anschließende Platzierung („Syndizierung“) von Anteilen an Dritte zu verstehen. Allerdings sehen sich mehr und mehr traditionelle deutsche Immobilienfinanzierer mittlerweile ebenfalls in der Lage, Darlehensvolumina ab 100 Mio. Euro und darüber hinaus alleine durchzuführen und anschließend zu syndizieren.
Kreditfonds besetzen Marktnischen
Die vorwiegend aus dem angelsächsischen Raum stammenden Kreditfonds beteiligten sich bislang nur sehr begrenzt an der beschriebenen Konkurrenzsituation. Trotz des hohen Anlagedrucks für das eingeworbene Kapital wurden aufgrund der Wettbewerbssituation und der Stärke der deutschen Banken nur wenige Darlehen vergeben.Hauptgrund hierfür sind die Renditeanforderungen der Fondsinvestoren. Diese liegen im Allgemeinen über jenen der Banken, was im direkten Vergleich einen Wettbewerbsnachteil bedeutet.
Aufgrund des anhaltend niedrigen Zinsniveaus wird sich daran voraussichtlich auch in Zukunft nichts ändern. Viele Kreditfonds haben ihren Hauptfokus deshalb auf Marktnischen ohne großen Wettbewerbsdruck verlagert. Hierbei handelt es sich etwa um schwierigere Assetklassen wie Pfl egeheime,Hotels oder Immobilien in B- und C-Lagen.
Ein weiteres Betätigungsfeld sind Mezzanine-Finanzierungen bzw. der Bereich nachrangiger Darlehen. Dieses Geschäftsfeld wird von den traditionellen Finanzierern nicht abgedeckt. Daher eröffnet sich hier die eine oder andere Opportunität für alternative Finanzierungsgeber. Zumal deutsche Banken derzeit vermehrt zu Kooperationen mit Mezzaninegebern tendieren, sofern ein Intercreditor-Agreement die Rechte und Pflichten der beteiligten Darlehensgeber eindeutig definiert.
Attraktives Marktumfeld für Darlehensnehmer in 2014 zu erwarten
Insgesamt wird sich der positive Trend auf dem Immobilienfinanzierungsmarkt in diesem Jahr fortsetzen. Daran werden auch die verschärfteBankenregulierung und der anhaltende, wenn nicht sogar verschärfte Wettbewerb nichts ändern. Darlehensnehmer können 2014 ein überalle Asset- und Risikoklassen sowie Darlehensvolumina erweitertes Darlehensangebot zu attraktiven Konditionen erwarten. Natürlich wird auch in Zukunft nicht jedes Objekt finanziert, aber dieFlexibilität der Finanzierer nimmt zu.
Autor: Jörg Schürmann, Head of Corporate Finance Germany, JLL
Kontakt: Janina Schabelon, Senior Konferenz Managerin EUROFORUM | XING
Dieses Interview ist Teil des am 01. Juli veröffentlichten Handelsblatt Journals “IMMOBILIENWIRTSCHAFT: INVESTMENT – FINANZIERUNG – MARKTTRENDS”. Die aktuelle Ausgabe des Journals beinhaltet 13 Fachartikel aus der Immobilienwirtschaft.