Herr Wolfframm, wenn Sie eine Glaskugel hätten, wie werden Händler und Hersteller die „digitale“ Zukunft gestalten?
Ohne Zweifel wird die Welt immer digitaler. Mit den anwachsenden Datenbergen sind aber auch Technologien gefordert, die diese Daten im besten Fall real-time verarbeiten können und sinnvolle Verknüpfungen aus den Datenströmen erstellen. Wenn ich in Richtung Digitalisierung am POS schaue, dann zeichnen sich folgende Trends ab: Zum einen das sogenannte „Internet of Things“. Das sind Gegenstände, die die Menschen im Alltag unmerklich unterstützen. So ziehen sich Verbraucher in Zukunft „Wearables“ an und die Smartwatches z.B. übernehmen den Einkauf. Ein Klick und die Verfügbarkeitsabfrage sowie der Preisvergleich der Schuhe laufen und Größe 42 ist bestellt – im Ladengeschäft oder online – ganz wie der Kunde das bevorzugt. Auch der flächendeckende Einsatz von Mobile Wallets ist in der Zukunft denkbar. Hierbei bleibt aber abzuwarten, welche Technologie sich für das bargeldlose Bezahlen durchsetzt. Am Ende geht es darum, dass Händler den Kunden da abholen, wo er sich gerade befindet. Es geht um die Verschmelzung der Kanäle – online, offline, mobil. Der mobile Kanal wird dabei häufig als der heilige Gral bei der Verknüpfung zwischen der digitalen Welt und dem POS gesehen.
Welche Rolle wird dabei das Thema „Mobile Couponing“ spielen? Ist das nur ein Zwischenintermezzo bis die nächste Idee kommen wird?
Smartphones sind zu einem ständigen Begleiter der Verbraucher geworden, in Deutschland gibt es mehr als 40 Mio. Smartphone-Nutzer. Dabei sind die Konsumenten sehr aufgeschlossen gegenüber mobilen Aktionen; Gutscheine und Coupons auf dem Mobilgerät sind längst im Alltag etabliert. Laut den Marktanalysten von Juniper Research wird es im Jahr 2016 bereits 600 Mio. Nutzer weltweit geben, die Mobile Coupons regelmäßig nutzen. Außerdem soll der Einlösewert der mobilen Coupons auf über 43 Milliarden Dollar weltweit steigen. Die mobile Affinität nimmt weiter zu. Bei PAYBACK reden wir von 6,2 Mrd. digitalen Coupons im Jahr! Neueste Entwicklung: Wir bei PAYBACK haben die Coupons in die sozialen Netzwerke integriert, sodass Facebook-Nutzer ihre digitalen Coupons direkt einlösen können.
Wie schätzen Sie, als Experte, die Wertigkeit von Mobile Couponing ein? Wie wird das derzeit von den Kunden angenommen? Und ist es wirklich ein Umsatztreiber am POS?
Ich denke, dass sich Mobile Couponing zukünftig als ein wichtiges Marketinginstrument im Handel etablieren wird. Dabei sind diese Coupons nicht nur für Schnäppchenjäger spannend. Händler können damit gezielt Impulseinkäufe und vor allem Zusatzeinkäufe generieren. Damit beflügeln Mobile Coupons den mCommerce, weil Kaufentscheidungen häufig anlassbezogen getroffen werden. Je näher ein Coupon am POS ist, desto höher liegen die Einlösequoten. Damit erreicht der stationäre Händler seinen Kunden direkt über das Smartphone. Wer kennt das nicht, dass der Papiercoupon am Kühlschrank vergessen wurde. Hier ist das Smartphone eine echte Unterstützung.
Außerdem ist die Einlöserate bei digitalen Coupons rund fünfmal höher als bei Papiercoupons. Hinzu kommt die Möglichkeit, die Kennzahl Cost per Redemption zu senken. Wir verschicken derzeit 7,7 Mrd. Coupons, davon sind 6,2 Mrd. bereits Digital-Coupons.
Mit mehr als 3 Mio. App-Downloads der PAYBACK App sehen wir, dass der mobile Kanal vor allem bei der Verknüpfung von offline und online immer wichtiger wird.
Aus Ihrer Erfahrung: Gibt es eine verstärkte Nutzung von Mobile Couponing für Drogerieprodukte? Wenn ja, warum? Und vor allem welche Chancen ergeben sich daraus?
dm drogerie-markt ist einer unserer Partner der ersten Stunde. Mit dem Smartphone können Kunden ganz einfach ihre mobilen Coupons einlösen. PAYBACK Kunden nutzen überdurchschnittlich mobile Coupons bei dm drogerie-markt, Tendenz weiter steigend. Hersteller können gezielt Produkt-Kampagnen fahren. Auch im Kontext unseres Partnerverbundes können Kundenbedürfnisse genau gefiltert werden. Ein Beispiel: Wenn ein Kunde verstärkt Rotwein, Kaffee und Tee kauft, ist es wahrscheinlich, dass er Coupons für zahnaufhellende Produkte einlöst. Solche Korrelationen machen aber nur Sinn, wenn man das Kaufverhalten des Kunden ganzheitlich betrachtet.
Letze Frage: Ist Multichannel überschätzt?
Auf keinen Fall. Ausgefeilte Multichannel-Strategien sichern den Händlern langfristig das Überleben. Der Händler muss den Kunden da abholen, wo er sich gerade befindet. Und dabei muss er ihn mit relevanten Angeboten ansprechen - zu der Zeit, an dem Ort, über den präferierten Kanal und mit dem Produkt, was den Kunden wirklich interessiert. Pure Online oder Offliner werden langfristig auf der Strecke bleiben, wenn sie sich nicht den Entwicklungen anpassen.
Interviewpartner: Florian Wolfframm, Head of Digital Innovations & Products bei PAYBACK / Kontakt: pioneer communications GmbH
Kontakt: Nelli Hajdu, Konferenz Managerin EUROFORUM | XING
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