Standpunkte Versicherungen | Newsletter 1/2014

Anforderungen einer bezahlbaren Altersvorsorge an die Kapitalanlage

Alle Kapitalanleger suchen eine geeignete Balance zwischen Ertrags- und Risikoerwartung. Dabei spielt der Anlagehorizont eine erhebliche Rolle. Im Rahmen der kapitalgedeckten Altersvorsorge ist er besonders lang. Die während des Berufslebens geleisteten Beiträge sind oft 30 bis 40 Jahre investiert, bevor sie als Rente ausgezahlt werden.

Anforderungen einer bezahlbaren Altersvorsorge an die Kapitalanlage

Für ein günstiges Verhältnis zwischen Rente und Beitrag sind deshalb die Kapitalerträge zwischen Ein- und  Auszahlung besonders wichtig. Bei fixer Rentenleistung gilt: Je höher der Kapitalertrag, desto geringer der Beitrag. Die Wirkung ist erheblich. Ein  zusätzlicher Prozentpunkt m Kapitalertrag über die gesamte Vertragslaufeit senkt den Beitrag um 30 bis 40 Prozentpunkte. Kapitalertrag und Bezahlbarkeit der Altersvorsorge sind dadurch eng verbunden. Zwischen einer jährlichen Verzinsung von 3,5 % und 4,5 % liegen aber Welten.

Kein Wunder, die aktuelle Niedrigzinsphase stellt Altersvorsorgeeinrichtungen vor erhebliche Herausforderungen

Je länger sie anhält, desto stärker wird der Druck, entweder höhere Beiträge einzuholen oder – sofern möglich – das avisierte Leistungsniveau zu senken. In Deutschland liegt der Garantiezins für neu abgeschlossene Lebensversicherungsverträge heute bei 1,75 %, im Durchschnitt über alle bestehenden Verträge bei etwas über 3 Prozent.

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Dagegen kalkulieren Einrichtungen mit anderen Garantien und Anpassungs mechanismen teilweise mit höheren Kapitalerträgen. In jedem Fall muss die Anlagestrategie mit der Ertragserwartung in Einklang gebracht werden, auch mit der Toleranz gegenüber einer möglichen Verfehlung dieser Erwartung.

Dies ist wesentliche Aufgabe des Asset-Liability-Managements

Im Beispiel wird deutlich, welche Risiken im Niedrigzinsumfeld zu tolerieren sind, um die Erwartung einer langfristigen Kapitalverzinsung von 4,5 % zu stützen: Als Basisinvestment dienen langlaufende Zinstitel hoher Bonität mit Laufzeiten um 20  Jahre und AA-gerateter Schuldnerqualität. Mit diesen sind bis Fälligkeit jährliche Zinscupons von rund 3 % erzielbar. Zwar sind über aktive Handelsstrategien Zusatzerträge möglich. Diese sind aber unsicher und ihre Bemessung spekulativ. In die Ertragsschätzung fließt daher nur die Buy-and- Hold-Strategie ein. Dort wird der Zinscupon unter Vernachlässigung von Kreditausfallkosten zur Gesamtperformance von jährlichen 3 %. Diese Anlagen  werden vielfach zu Buchwerten bilanziert und vereinnahmen so noch höhere Zinscupons aus der Vergangenheit. Dadurch wirkt die Niedrigzinsphaseerst zeitverzögert auf die Ertragsrechnung und stützt das genannte Ertragsziel.

Für Zinspapiere mit erhöhten Kreditrisiken wie Hochzins- oder Schwellenländeranleihen lassen sich gegenüber „sicheren“ Zinsanlagen historisch zwei zusätzliche Prozentpunkte veranschlagen oder – ausgehend vom aktuellen Zinsumfeld – eine Gesamtrendite von jährlich 5 %. Höhere Renditen sind von Aktien zu erwarten. Dort ist – mit guter historischer Validierung – gegenüber sicheren Anleihen langfristig mit einer Risikoprämie von 4 % , also einer Gesamtrendite von 7 % zu rechnen, wenn beim Kauf nach klassischen Bewertungsmaßstäben kein übertrieben hohes Kursniveau vorliegt. Schwer zu schätzen sind mangels Homogenität und Markttransparenz die Erträge bei Immobilien. Hier werden für ungehebelte Engagements im Euroraum jährliche 4 % veranschlagt.

Die Abbildung zeigt ein Portfolio, das die avisierte Jahresverzinsung von 4,5 % erreicht. Zwar läßt sich dieses Zinsziel auch mit anderen Gewichten erreichen. Trotzdem lässt das Beispiel eine wichtige Beobachtung zu: Eine Anlagestrategie, die allein auf festverzinsliche Papiere mit hoher Bonität setzt, kann – vor allem unter der Berücksichtigung von Kosten – Jahresrenditen über 4 % nicht nachhaltig erzielen. Unter Risikoprämien, die nicht über  historischen Mittelwerten liegen, erfordert ein Zinsziel von über 4 % p. a. einen dauerhaft signifikanten Portfolioanteil im Bereich von Aktien, Kreditrisiken oder Anlagen mit ähnlicher Risikostruktur.

Altersvorsorgeeinrichtungen stellt diese Rechnung vor die Wahl

Erfordert die Leistungsfinanzierung eine Kapitalertragserwartung von 4 % oder höher, wird unter Fortschreibung der Niedrigzinsphase ein dauerhaft hoher Anteil von Risikoanlagen benötigt. Kanndieses Risiko nicht getragen werden, müssen die Erwartungen hinsichtlich der Kapitalerträge gesenkt werden. Mittelfristig sind dann Beitragserhöhungen oder Leistungskürzungen wahrscheinlich.

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Autor: Dr. Wolfram Gerdes, Vorstand Kapitalanlagen und Finanzen, Kirchliche Versorgungskassen KZVK und VKPB

Kontakt: Kathrin Dietrich-Pfaffenbach, Conference Director EUROFORUM | XING