
Die schematische Übernahme von Ratings hat gemäß Gesetzesbegründung in nicht unerheblichem Maße zum Entstehen der Finanzmarktkrise beigetragen, so dass nun Erst- und Rückversicherungen, EbAVs Kreditinstitute unter anderem eigene Kreditrisikobewertungen durchführen müssen. Dabei erachtet die BaFin eine Plausibilisierung der externen Ratingbeurteilungen grundsätzlich als ausreichend, sofern diese nachweisbar dokumentiert wurden. Mit dem Augenblick jedoch, dass die eigene Einschätzung besser ist als das externe Rating muss neben der qualitativen Beurteilung eine quantitative Bewertung erstellt werden. Dieser neu zu implementierende Prozess wird jährlich für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2014 beginnen, durch den Wirtschaftsprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung geprüft.
Für Unternehmen, die unter die Anlageverordnung fallen, ist zu beachten, dass die Anlagen sicher, liquide und rentabel sind. Insbesondere bei dem Anlagegrundsatz Sicherheit kommt dem Rating eine besondere Bedeutung zu, da es unter Umständen über die Tatsache entscheidet, ob die Kapitalanlage Teil des gebundenen Vermögens sein kann.
Für Solvency II-Anwender ist zwar die Anlageverordnung ab dem 1.1.2016 nicht mehr anwendbar, der Sicherheitsstandard wird jedoch nicht grundsätzlich gelockert. Konkrete aufsichtsrechtliche Vorgaben werden lediglich gegen mehr Eigenverantwortung bei der vorsichtigen Kapitalanlage getauscht. Darüber hinaus werden die Kapitalanlagen mit der Einführung von Solvency II abhängig von ihrem Risiko mit Eigenmitteln unterlegt. Im Rahmen der Beurteilung des Risikos einer Kapitalanlage stellt das Rating wiederum eine entscheidende Größe dar. Im Ergebnis wirkt sich damit für SII-Anwender die eigene Kreditrisikobewertung auf die Wahl der Kapitalanlage sowie die Höhe des Solvenzkapitalbedarfs aus.
Wenn auch die Intention eine simple Grundregel widerspiegelt - „Kaufen Sie nur, was Sie auch verstehen“ - bewirkt das Gesetz einen erhöhten formalen Aufwand, der weitere, vor dem Hintergrund von SII bereits knappe Ressourcen bindet. Es stellt sich die ganz einfache Frage, ob durch eine erhöhte Formalisierung diese Grundregel besser eingehalten wird.
Autor und Referent der Tagung: Dr. Thomas Varain, Wirtschaftsprüfer, Partner, Roever Broenner Susat Mazars GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft
Kontakt: Kathrin Dietrich-Pfaffenbach, Conference Director EUROFORUM | XING