Internationale Resonanz zum ESUG

12.03.2014Finance, RechtESUG, Restrukturierung, HBJournal , International

Handelsblatt Journal - Sonderveröffentlichung

Ist Deutschland wieder attraktiv für ausländische Investoren?

Das ESUG hat die rechtliche Basis geschaffen, um Unternehmen die Sanierung zur erleichtern. Wird Deutschland für diese jetzt attraktiver?

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Christian Köhler-Ma: Auf jeden Fall. Früher ist mir von ausländischen Investoren wörtlich gesagt worden: Wir verlieren die Kontrolle, wenn wir in Deutschland einen Insolvenzantrag stellen, weil wir nicht vorhersagen können, was dann passiert. Deshalb machen wir die Restrukturierungen nurüber London.“ Darauf konnte ich wenig erwidern, denn es stimmte leider. Das ESUG ist hier eindeutig ein Faktor, der durch Einfluss der Kreditoren und bessere Instrumente den deutschen Markt aufwertet.

Können Sie einige eindeutige Vorteile aus Kreditorensicht benennen?

Dr. Gordon Geiser: Der größte Vorteil ist die Planungssicherheit. Daneben sind die Mittel zur Umgestaltung von Unternehmen und die Möglichkeiten
zu nennen, die der Insolvenzplan bei der Gruppenbildung und dem Obstruktionsverbot bietet. Diese gehen zum Teil weiter, als andere Rechtsordnungen das kennen. Hinzu kommen die existierenden Instrumente, wie z.B. die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes.

Welche Investitionsformen bieten sich an?

Christian Köhler-Ma: Das kommt darauf an. Bei bestehenden Engagements können die Investoren entscheiden, ob ihnen eine andere Gesellschaftsform
eine bessere Exit-Strategie bietet als die übernommene. Bei neuen Engagements kann ein Unternehmen durch einen Insolvenzplan gleich in die Form mit den besten Entwicklungsmöglichkeiten gebracht werden. Welche das ist, wird man von Fall zu Fall entscheiden müssen.

Gibt es bereits Erfahrung mit internationalen Insolvenzen nach ESUG?

Dr. Gordon Geiser: Mit internationalen Insolvenzen in dieser Form nicht. Echte grenzüberschreitende Insolvenzen sind ohnehin selten. Meistens sind Untereinheiten eines ausländischen Unternehmens als selbstständige Gesellschaft nach nationalem Recht organisiert. Gerät diese in die Krise, führt das zumeist zu einem separaten nationalen Verfahren. Es gibt aber erhebliches Interesse ausländischer Investoren, die sich über das ESUG neue  Investitionsmöglichkeiten eröffnen wollen.

Ist Ausland gleich Ausland? Oder wird das ESUG außerhalb der EU noch gar nicht wahrgenommen? Wo findet sich bisher die größte Resonanz?

Christian Köhler-Ma: Da gibt es große Unterschiede. Die größte Resonanz haben wir aus den USA und aus London erhalten, weil es dort bereits eine professionelle Befassung und weniger Berührungsängste mit dem Thema Restrukturierungen und Investitionen in Krisensituationen gibt. Zudem sind die Verständnisbarrieren eher gering. Deutlich komplexer ist es im asiatischen Raum, wobei es auch dort zwischen den verschiedenen Ländern und Kulturen erhebliche Unterschiede gibt.

Investitionen in von Insolvenz bedrohte Unternehmen waren in der Vergangenheit oft problembehaftet: welche Exit-Strategien bietet das ESUG?

Dr. Gordon Geiser: Das ist primär der Insolvenzplan. Durch den Plan kann man Inhaber eines Unternehmens werden, Sicherheitengläubiger ablösen, betriebswirtschaftliche Anpassungen vornehmen und neue Liquidität einschließen. Je nach Wahl der Gesellschaftsform kann der Exit dann über die Börse, über den Verkauf von Unternehmensteilen oder einen anderen Verkauf realisiert werden.

Interviewpartner:

Christian Köhler-Ma, Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter, Olswang Restructuring Solutions

Dr. Gordon Geiser, Rechtsanwalt, OLS WAN G Germany LLP

Kontakt: Petra Leven, EUROFORUM www.handelsblatt-journal.de | XING