Herausforderung Energiewende - Stadtwerke brauchen neue Geschäftsmodelle

21.02.2014EnergieStadtwerke, Energiewende, HBJournal-Energie

Kommunale Versorgung

Auszug aus dem HB Journal "Energiewirtschaft": Die Stadtwerke hierzulande haben herausfordernde 15 Jahre hinter sich: Nach der Liberalisierung des Strommarktes folgte der Gasmarkt. Zunächst hatten viele Stadtwerke die richtige Antwort auf die Liberalisierung und den gestiegenen Wettbewerbsdruck gefunden.

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Von der Stromverteilung zur Stromerzeugung

Sie haben ihr Geschäft von der Stromverteilung auf die Stromerzeugung erweitert. Um diese Geschäftsausweitung zu stemmen, wurden umfangreiche kreditgestützte Investitionen getätigt. Dieses Engagement war durchaus zeitgemäß und aus damaliger Sicht geeignet, passable Gewinne einzufahren. Ebenso war es politisch gewollt: Zum einen, um nicht von den Erzeugungskapazitäten der großen Kraftwerksbetreiber abhängig zu sein und zum anderen, um umweltfreundliche Eigenerzeugung – ggf-. zusammen mit ausgekoppelter Fernwärme – auszubauen.

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Heute haben sich die Rahmenbedingungen erneut geändert. Mit den Folgen der Energiewende sind viele Investitionen in konventionelle  Erzeugungsanlagen defizitär geworden. Herkömmliche Energieträger werfen keine Gewinne mehr ab, seitdem der Einspeisevorrang erneuerbarer Energien die Börsenpreise für Strom immer weiter nach unten treibt und der Einsatz von Gaskraftwerken sich nicht mehr lohnt und Stadtwerke mit der konventionellen Energieerzeugung Verluste erwirtschaften.

Quersubventionierung von defizitären Bereichen

Ein Problem vieler Verbund-Stadtwerke ist die Quersubventionierung von defizitären Bereichen wie z. B. ÖPNV, Bäder, Theater oder Wohnungswirtschaft. Der Netzbetrieb durch die Stadtwerke ist nach wie vor rentabel, die Gewinne sind jedoch insbesondere durch die Anreizregulierung geschrumpft. Der aktuelle Cashflow reicht bei vielen Stadtwerken daher nicht mehr aus, um bestehende Verbindlichkeiten und notwendige Investitionen zu bedienen. Denn Umsetzung und Gestaltung der Energiewende drücken nicht nur auf die Profitabilität, sondern erfordern auch hohe Investitionsausgaben. Dass Stadtwerkerote Zahlen schreiben, ist auch den Kreditinstituten nicht verborgen geblieben: Einige kommunale Energieversorger erhalten bereits heute keine Kredite mehr, insbesondere dann, wenn die Stadt als Gesellschafter keine Bürgschaften, Patronatserklärungen oder sonstige Sicherheiten bieten kann. Damit befinden sich viele Stadtwerke in einer existenzgefährdenden Lage, in der ein „weiter so“ ein Insolvenzrisiko birgt.

Stadtwerkemanager, die ihr Unternehmen wieder zukunftsfähig machen wollen, müssen kurz-, mittel- und langfristige Lösungsansätze verfolgen. Kurz- und mittelfristig geht es darum, Kosten einzusparen und das Portfolio zu bereinigen. Langfristig müssen neue, innovative Geschäftsfelder erschlossen werden und die bestehenden Geschäftsfelder auf den Prüfstand gestellt werden.

Mit radikalen Kostenkürzungen gegen Insolvenzrisiken

Um kurzfristig Insolvenzrisiken abzuwenden, hilft oft nur noch eine radikale Kostenkürzung sowie der Verkauf von Geschäftsfeldern und einzelner Vermögensgegenstände und die üblichen betriebswirtschaftlichen Ansatzpunkte. Kostenabbau ist aber nicht die Lösung, sondern nur ein Schritt auf dem Weg dahin. Besonders wichtig ist die langfristige Neuaufstellung des Geschäftsmodells. Die aktuelle EY-Stadtwerkestudie zeigt, dass Stadtwerke die Energiewende nutzen wollen, um neue Geschäftsfelder zu erschließen.

Überbau dieses Prozesses sollte eine Fokussierung auf die Kernkompetenzen und -kunden sein, die das betreffende Stadtwerk überzeugend bedienen kann. Diese Produkt- und Kundensegmente unterscheiden sich von Region zu Region und sind häufig abseits des großen Privatkundengeschäfts der Energiekonzerne zu finden. Neue Geschäftsfelder können beispielsweise sein: dezentrale Erzeugung, Erwerb von Konzessionen, Dienstleistungen als Energieberater von Geschäftskunden oder Telekommunikation im „Internet der Energie“.

Stadtwerke in Kooperationen

Die Befragten der EY-Studie sehen die Stadtwerke speziell bei der dezentralen Erzeugung in einer erfolgversprechenden Rolle. Einen finanzierbaren Weg in diese neuen Geschäftsmodelle werden Stadtwerke oft nur in der Kooperation mit Wettbewerbern und anderen Unternehmen aus Telekommunikation, Technologie und Geräteherstellung finden. Auch wird man sich von Teilen des Portfolios trennen müssen, um den notwendigen finanziellen Freiraum zu schaffen.

Der Energiesektor befindet sich derzeit im Stadium einer tiefgreifenden Transformation, die die nächsten Jahre andauern wird. Die angeschlagenen Stadtwerke sollten diese Situation nutzen, um sich neu aufzustellen und die Chancen der Energiewende professionell zu nutzen.

Die Autoren: Rainer König, Partner, Transaction Advisory Servicess Power & Utilities und Thomas Kästner, Executive Director, Transaction Advisory Services Power & Utilities, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Kontakt Redaktion Sonderveröffentlichungen: Petra Leven, EUROFORUM, Tel.:+49 211 9686-3760

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