Ohne den massiven Zubau von erneuerbaren Energien kann dieses Ziel jedoch nicht erreicht werden. Angesichts dieser enormen Herausforderung haben viele Staaten bereits damit begonnen, erneuerbare Energien immer stärker in ihre Energiesysteme zu integrieren. Gleichwohl ist die Euphorie der einstigen Pionierzeit verblasst. Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise hat Regierungen wie Volkswirtschaften gleichermaßen verunsichert und in vielenLändern beschränken sich die Diskussionen zum intelligenten Umbau der Energiesysteme zunehmend nur noch auf die Frage der kurzfristigen Kostenreduzierung. Folglich gerät der langfristige Nutzen des Ausbaus erneuerbarer Energien für Volkswirtschaft und Menschen in vielen Regionen mehr und mehr aus dem Blickfeld.
Bewusstsein für den Nutzen stärken
Bereits 2030 ist zu erwarten, dass die erneuerbare Energien 13 Prozent der globalen Stromerzeugung ausmachen, davon über die Hälfte aus Windkraft. Das führt zu einer wesentlichen Reduktion von CO2 - Emissionen und schaff t darüber hinaus Arbeitsplätze. Zudem entsteht dadurch eine moderne Infrastruktur mit vielen Jobmöglichkeiten, insbesondere in abgelegenen Regionen.
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Aber auch aus geopolitischen Gründen bietet Windenergie wesentliche Vorteile: Wind ist auf der ganzen Welt verfügbar und kann dabei helfen, die Abhängigkeit von Energie- und Brennstoff-importen zu verringern. Da diese Art der Energieerzeugung keine Brennstoff preisrisiken oder -beschränkungen mit sich bringt, stärkt es zudem die Versorgungssicherheit und stabilisiert so auf lange Sicht die Stromerzeugungskosten. Es ist nun Aufgabe der Windindustrie, das öffentliche Bewusstsein für diese Vorteile zu schärfen.
Für eine faire Kosten-Nutzen Rechnung
Heutzutage gilt die Levelized Cost Of Electricity (LCOE) gemeinhin als der Maßstab zum Vergleich der Kosten der Stromerzeugung bei den unterschiedlichen Energieträgern. Jedoch müssen darüber hinaus für eine bessere Einschätzung desgesellschaftlichen Nutzens zusätzliche Faktoren berücksichtigt werden. Die gesamten direkten oder auch “System”-kosten der Stromerzeugung setzen sich zusammen aus LCOE und:
- Subventionen: Die Diskussion über Erneuerbare wird häufi gmit dem Subventionsthema verknüpft – meist verbunden mit der Forderung, erneuerbare Energien sollten „wachsen und unabhängig von Subventionen werden“. Allerdings wird häufig vergessen, dass auch konventionelle Technologien wie Kohle oder Atomkraft wesentliche Anteile an Subventionen erhalten, mit der Folge, dass sie ihre Strompreise künstlich niedrig halten können.
- Netzkosten: Mit dem wachsenden Anteil von erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung müssen die Übertragungsnetze gestärkt werden, da die Erneuerbaren nur dezentral (Solar, Biomasse, Onshore Wind) oder nur an entlegenen Orten (Off shore Wind) verfügbar sind.
- Reservekosten sind die Kosten für das Vorhalten von Reservekapazität mit Hilfe von Gaskraftwerken. Diese sind so lange noch erforderlich bis Speichertechnologien zur Verbesserung der Netzstabilität und zum Ausgleich der Variabilität der Windenergie verfügbar sind.
Ein weiterer Kostenpunkt, der jedoch bereits im LCOE einberechnet ist, sind die CO2 - Zertifikate. Im Moment werden die Kosten für CO2 - Zertifikate künstlich niedrig gehalten. Sie spiegeln noch nicht hinreichend die negativen Auswirkungen von Treibhausgasemissionen auf die Umwelt und die daraus resultierenden Kosten wider.
Die oben genannten Faktoren zeigen direkte Stromkosten, die bisher nur teilweise oder gar nicht in den derzeitigen LCOEMaßstab mit einbezogen sind. Wenn diese Systemkosten in eine „erweiterte LCOE“ Rechnung integriert werden, lässt sich eine differenziertere Diskussion über Stromkosten führen. Siemens verwendet für dieses „erweiterte LCOE“ Modell den Ausdruck „Systemkosten“ oder „LCOE+“. Allerdings enthält nicht einmal das „LCOE+“- Modell die gesamten Stromkosten einer Gesellschaft.
Um eine wirklich umfassende Einschätzung von dem zu erhalten, was die “Society’s Cost Of Electricity” (SCOE) sein könnten, müssen zusätzliche Faktoren mit einberechnet werden:
Soziale Kosten: Abgesehen von den Treibhausgasemissionen bringt das Verbrennen von Kohle zusätzlich Risiken für die Gesundheit mit sich. Atomkraftwerke gehen immer mit dem Risiko eines schweren Störfalls einher, bei dem Schäden in Milliardenhöhe entstehen können. Darüber hinaus haben Atom- und Kohlekraftwerke einen hohen Wasserverbrauch, so dass das Wasser für andere Zwecke nicht mehr verfügbar ist. Diese Kosten sind nicht in der LCOE-Rechnung einkalkuliert – weder als Vorteil der erneuerbaren Energien, noch als Nachteil konventioneller Energieerzeugungsquellen.
Wirtschaftliche Auswirkungen: Ein wirtschaftlicher Nutzen ist zumeist die Entstehung von Arbeitsplätzen. Gerade bei der Off shore Windindustrie fällt für Produktion, Montage, Installation und Service mehr direkter Bedarf als bei anderen Kraftwerksformen vor Ort an.
Geopolitische Auswirkungen: Windkraft ist zudem unabhängig von möglichen politischen Ereignissen oder Entwicklungen. Sich für eine beständige, unabhängige Energiequelle wie Wind zu entscheiden, ist daher einer der einfachsten und effi zientesten Wege, sich gegen schwankende oder unvorhersehbare Entwicklungen am Energiemarkt zu wappnen.
Fazit
Würde die SCOE Rechnungsmethodik zum Einsatz kommen, hätte dies eine signifi kante Verschiebung des Kostengleichgewichts zur Folge. Alle Stromerzeugungsarten wären besser vergleichbar – zum großen Vorteil der Erneuerbaren Energien, insbesondere der Windenergie.
Autor: Dr. Markus Tacke, CEO, Wind Power Division, Siemens Energy
Kontakt: Daniel Scholten, Marketing-Manager EUROFORUM | XING
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