EEG als Treiber für neue Erneuerbare Energien
Das EEG war insbesondere in der Zeit nach der Reform 2004 ein geeigneter Treiber für neue Erneuerbare wie die Photovoltaik (PV). Schon damals gabes allerdings einen Disput, ob dem EEG, das Einspeisevergütungen für Erneuerbare garantiert, nicht doch ein Quotenmodell vorzuziehen sei. Das rasche und vom Volumen her völlig unterschätzte Wachstum der neuen Erneuerbaren hätten eigentlich schon in den ersten zwei, drei Jahren Anlass für eine mutige und zukunftsträchtige Neujustierung des Fördersystems sein müssen. Eine rasche und damit zeitgemäße „Energiewende 2.0“ hätte zu mehr technischem Fortschritt motiviert, weil der Zubau bereits bekannter Technik (Stichwort: Duplizierung alternder Technik) nicht länger vom Fördersystem belohnt worden wäre. Überdies wären infolge geringerer Margen Exzesse wie der massive Kapazitätszubau der neuen PV-Zellenhersteller in China ausgeblieben, der den deutschen Produzenten in den letzten Jahren zunächst die Gewinne nahm und sie dann letztlich in vielen Fällen ganz vom Markt drängte. Selbst für die innovativen deutschen Maschinenbauer war die zeitweise stürmische asiatische Nachfrage nach ihren PV-Automationslösungen letztlich wenig nachhaltig.
Das Eckpunktepapier ist mutig, denn es scheut nicht die Konfrontation mit (auch politisch) einflussreichen Interessengruppen – diese reichen vonden Zuliefereren von und Investoren in EEG-Anlagen bis hin zu den von der Umlage der Kosten ausgenommenen Kundengruppen, von der Industrie bis hin zu öffentlichen oder Mittelstandskunden sowie einzelnen Landesregierungen. Dies zeigt ganz grundsätzlich den hohen Durchsetzungswillen der neuen Regierung.
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Doppelstrategie
Gabriel beendet mit seinem Papier die Phase des Abwartens mit einer Doppelstrategie rund um das Hauptproblem des Erneuerbaren-Ausbaus in Deutschland, die explodierenden Kosten und – damit zusammenhängend – die ungleiche Verteilung der Umlagen auf die Stromkunden:
• Erstens wird am EEG zwar festgehalten; dieses wird aber modernisiert und damit zukunftsfähiger. Stellschrauben dazu sind eine stärkere Fokussierung auf die neuen Erneuerbaren mit dem vermutet höchsten Fortschrittspotenzial. Dies sind für Gabriel PV und Wind. Relativ unverändert bleibt die Förderung bei Geothermie und Wasserkraft (allenfalls vereinfachte Voraussetzungen), während Biomasse verliert, da künftig Abfall- und Reststoffe den Fokus bilden, wohingegen die erhöhte Vergütung für nachwachsende Rohstoffe gestrichen werden soll.
• Zweite Stellschraube ist die in den letzten Jahren immer stärkere „Inflationierung“ der Ausnahmeregelung rund um die EEG-Umlage. Obwohl das Eckpunktepapier hier noch wenig konkret bleibt, ist – nicht zuletzt unter dem Druck seitens der EU – zu erwarten, dass sich die Zahl der Freigestellten und damit Begünstigten schon bald vermindert. Nach unserer Einschätzung ergibt es durchaus ökonomischen Sinn, wenn stromintensive Unternehmen, die überdies in scharfem internationalen Wettbewerb stehen, verminderte Strompreise bezahlen – eine Praxis, die übrigens in Deutschland seit vielen Jahrzehnten üblich war, also lange vor der Einführung und Förderung der neuen Erneuerbaren. Es ist aber ebenso zweckmäßig, Unternehmen ohne diese Voraussetzungen künftig vermehrt wie normale Stromkunden zu behandeln.
Das Eckpunktepapier im Detail
Im Detail lässt das Eckpunktepapier viel Platz für Fragezeichen, auch rund um die favorisierten Erneuerbaren: Dazu zählen die geplante Limitierung des Ausbaus von Onshore-Winkraft und PV auf je 2.500 MW pro Jahr sowie die Vorgabe des Ausbauziels für Offshore-Windenergie in Höhe von 6,5 Gigawatt bis 2020, also weniger als bis dato anvisiert. Diese Spezifizierung, die sicherlich noch viel Kritik von den Betroffenen bringen wird, ergibt jedoch auch Sinn. Damit wird die der Ausbau besser plan- und damit kalkulierbar. Die neuen Zielmarken – Grünstromanteil von 40 bis 45% bis 2025 bzw. 55 bis 60% bis 2035 – sind wenig spektakulär (im Vergleich zu den bisherigen), signalisieren aber den Willen von Schwarz/ Rot am Erneuerbaren-Ausbau in Deutschland festzuhalten. Dies ist keine Selbstverständlichkeit, da sie derzeit die politische Mehrheit hätten, einen grundsätzlich anderen Zielkanon anzustimmen.
Positiv stimmt, dass der weitere EE-Ausbau dank des EEG 2.0 wesentlich kostengünstiger erfolgen wird. So soll die durchschnittliche Vergütung von derzeit 17 Cent/kWh auf 12 Cent/kWh sinken. Dieser Preis liegt noch merklich um das Dreifache über dem Großhandelspreis für künftige Lieferungen (4 Cent/kWh für Futures). Allerdings liegt er weniger als halb so hoch wie der Strompreis, den Privathaushalte heute zu bezahlen haben. Insofern eine durchaus zu begrüßende Entwicklung.
Das Eckpunktepapier spricht sich für die Schaffung eines zweiten Strommarktes, eines Kapazitätsmarktes für den residualen Kraftwerkspark aus.reilich wäre dies für die traditionellen Kraftwerksbetreiber hilfreich, da Kraftwerke, die nicht zuletzt aufgrund der steigenden Grünstrommengen tendenziell weniger genutzt werden, einen finanziellen Ausgleich bekämen. Gleichwohl erscheint das Zögern der Union aus zweierlei Gründen berechtigt. So erscheinen erstens die damit verbundenen Hilfspakete bis Ende der Dekade kaum notwendig, da trotz planmäßiger Fortsetzung des Kernenergieausstiegs kaum ein tatsächlicher Kapazitätsengpass droht. Zweitens konnte eine über einen Kapazitätsmarkt erfolgende Förderung traditioneller Kraftwerke zum Ziel der EU werden, die dieses – je nach Ausgestaltung und Höhe – möglicherweise als „unzulässig Förderung“ behandeln würde.
Unter dem Strich zeigen die Diskussionen um Kapazitätsmärkte jedoch, dass der Ausbau der Erneuerbaren Zweitrundeneffekte zeitigt, die künftigstärker in den Fokus der Politik rücken müssen. Neben dem konventionellen Kraftwerkspark zählen dazu vor allem mehr und intelligentere Netze sowie perspektivisch auch Speicher.
Per Saldo geht die neue Energiepolitik trotz aller Proteste doch in die richtige Richtung. Der Preisanstieg wird „nur“ gedämpft. Der Preisabstand zu anderen Industrieländern bleibt eine Herausforderung.
Autor: Dr. Josef Auer, Senior-Branchenanalyst, DB Research, Frankfurt/Main
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