Energiewirtschaft Newsletter 1/2014

Flexibilitäten hebeln – Demand Response Management als neues Wachstumsfeld

Das Fahrwasser für Versorger ist unruhig geworden: Die Energiewende hat grundlegende Marktveränderungen nach sich gezogen und die Profi tabilität vieler Versorger beeinträchtigt. Die Erlöse in den Kerngeschäftsfeldern brechen ein: Nach unseren Prognosen werden die Erlöse in der Energieerzeugung bis 2020 um bis zu 40 Prozent zurückgehen, im klassischen Stromvertrieb sogar um 70 Prozent.

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Gleichzeitig eröff net die Energiewende aber Chancen für Wachstum. Ein Beispiel ist das Geschäft mit Regelleistung. Hier wurden im Jahr 2012 Umsätze in Höhe von ca. 420 Millionen Euro erzielt, dieses Marktvolumen soll bis 2020 auf eine Milliarde Euro wachsen. Grund dieser Kostenexplosion ist der zunehmende Bedarf für Regelleistung – insbesondere durch den steigenden Anteil erneuerbarer Energien. Diese zeichnen sich vor allem durch eine hohe Volatilität aus, was den Bedarf an kurzfristig bereit gestellter Regelleistung stetig und deutlich steigen lässt.

Für den Einkauf der Regelleistung zur Gewährleistung der Netzstabilität sind die Übertragungsnetzbetreiber verantwortlich. Diese „entlohnen“ dabei sowohl die Bereitschaft, die Regelleistung anzupassen, als auch die im Bedarfsfall tatsächlich erfolgte Leistungsanpassung.

Der Ansatz: Flexibilität durch gezielte Steuerung industrieller Verbraucher

Als Anbieter der Regelleistung spielen bisher überwiegend Kraftwerksbetreiber, aber auch kleinere Erzeugungseinheiten eine Rolle. Diese müssen dafür mit hohen Kosten verbundene Erzeugungsreserven bereithalten – unter dem Stichwort ‚Kapazitätsmechanismus‘ ein aktuell kontrovers diskutiertes Thema. Dabei lässt sich Regelleistung auch über die Steuerung des Verbrauchs bereitstellen.

Hier setzt Demand Response Management (DRM) an, das sich schon bald zu einem neuen Erlöstreiber für Versorger entwickeln könnte. Dabei spielen vor allem fl exible Kapazitäten in energieintensiven Produktionsprozessen eine Rolle. Diese können durch gezielte Steuerung immer dann zu- oder abgeschaltet werden, wenn es zu Netzschwankungen kommt. Bisher haben die industriellen Verbraucher hauptsächlich tageszeitabhängige Unterschiede bei den Strompreisen genutzt und die Produktion entsprechend eingerichtet. In Zukunft können vorhandene Flexibilitäten jedoch viel stärker am Markt
für Regelleistung angeboten werden, denn sie lassen sich bei Stromspitzen wie auch Engpässen schnell zu- oder abschalten.

Bei DRM bringen Versorger bisher getrennte Welten zusammen

Das Problem bisher: Industriellen Verbrauchern fehlen meist Kenntnisseüber die Vermarktung solcher Flexibilitäten. Hier kommen die Versorger ins Spiel, welche die Kapazitäten von Verbrauchern zu vermarktbaren Portfolios bündeln und dann am Regelleistungsmarkt anbieten. Der Versorger steuert den Pool dezentraler Verbraucher und verdient an der Vermarktung.

Somit werden Versorger zu Mittlern zwischen zwei bisher getrennten Welten, nämlich von Erzeugung und Verbrauch. Das verlängert ihre Wertschöpfungskette: Diese endet künftig nicht mehr am Messpunkt des Kunden, sondern geht weit darüber hinaus.

DRM lebt vom Einsatz innovativer Vertriebsinstrumente

Bei Aufbau und Vermarktung von DRM-Pools aus mehreren dezentralen Verbrauchern sind vor allem detaillierte Kenntnisse der Produktionsprozessewie auch der Einsatz intelligenter Steuerungs- und Vertriebsinstrumente entscheidend:

1. Auf- und Ausbau eines Pools aus Verbrauchern: Im ersten Schritt müssen die Versorger geeignete Industrieprozesse und -anlagen identifi zieren, was umfangreiche Kenntnisse der Produktionsabläufe erfordert. Diese müssen sowohl energieintensiv sein, als auch fl exibel gesteuert werden können. Dazu zählen etwa die Papierund Aluminiumherstellung, Luftzerlegung und die Wasserversorgung. Der Aufbau eines DRM-Pools ist für den Vertrieb des  Versorgers eine Herausforderung, denn statt Verkäufer wird er hier zum Einkäufer von fl exiblen Energie-Kapazitäten. Dafür müssen die Vertriebsmitarbeiter die Produktionsleiter, für welche der reibungslose Ablauf in der Fertigung oberste Priorität hat, von den Vorteilen von DRM überzeugen. Deshalb ist es zentrales Erfolgskriterium, die Produktionsleiter „in ihrer Welt“ abzuholen. Der „klassische“ Stromvertrieb ist darauf aufgrund seiner Historie aktuellnoch nicht vorbereitet.

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Autor: Markus Gerds, Senior Principal – Resources Management Consulting, Accenture

Kontakt: Daniel Scholten, Senior-Marketing-Manager EUROFORUM | XING