Der Eindruck, dass nur große Unternehmen wie zuletzt Volkswagen in potentielle Managerhaftpflichtfälle verwickelt sind, ist insbesondere dem Umstand geschuldet, dass deren Manager zumeist der breiten Öffentlichkeit bekannt sind. Tatsächlich spielen sich die meisten D&O-Fälle nicht in börsennotierten Unternehmen, sondern in kleineren, oft familiengeführten oder mittelständischen Unternehmen ab und bedeuten für so manchen Geschäftsführer einen erheblichen – bisweilen existenzbedrohenden – Karriereknick. Es ist zu beobachten, dass Manager trotz einer jahrelangen tadellosen Arbeit aufgrund eines einzigen Fehlers in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten. Mit den entsprechenden Folgen für die einstmals hohe Reputation. Ein einziger Schaden kann mit einer Person sogar so sehr verknüpft sein, dass diese möglicherweise künftig nur noch sehr eingeschränkte Aussichten hat, eine neue Tätigkeit aufzunehmen.
Zunehmend ist auch eine Professionalisierung in der Anspruchserhebung zu beobachten. Populäres Beispiel sind Unternehmensinsolvenzen, bei denen Insolvenzverwalter zur Mehrung der Insolvenzmasse gegen die (ehemaligen) Manager z.B. wegen Auszahlungen nach Insolvenzreife oder Zahlungseingängen auf ein debitorisches Geschäftskonto vorgehen und in diesem Zusammenhang nur zu gern versuchen, in die tiefen Taschen des D&O-Versicherers zu greifen.
Auf neue Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung und unterstützt durch die Medienpräsenz großer Wirtschaftsaffären reagiert die Versicherungswirtschaft und passt die Versicherungsbedingungen ihrer D&O-Produkte in regelmäßigen Abständen an oder schafft gleich ganz neue Absicherungskonzepte. Dabei ist nicht jede Deckungserweiterung auch zwangsläufig sinnvoll. Wie sieht ein zeitgemäßer Schutz für Manager aus und wie verlässlich ist er für die versicherten Personen wirklich?
Auf die Frage, was bei der Einrichtung des adäquaten Versicherungsschutzes zu beachten ist, gibt es mehr als nur eine Antwort.
Versicherungssumme – Viel hilft viel
Auf die Frage, was bei der Einrichtung des adäquaten Versicherungsschutzes zu beachten ist, gibt es mehr als nur eine Antwort. Richtig ist, dass die Bemessung der ausreichenden Versicherungssumme zu den wichtigsten Kriterien gehört. Wie hoch diese Summe sein muss, kann dabei nicht pauschal beantwortet werden. Als Maßstab für die Bemessung wird jedoch häufig die Bilanzsumme oder die Höhe des Eigenkapitals des Unternehmens herangezogen. In Zeiten verschärfter Haftung ist es in jedem Fall ratsam, eine höchstmögliche Versicherungssumme zu wählen.
Bedingungen – Der Teufel steckt im Detail
Die Wahl des passgenauen Versicherungsschutzes hinsichtlich der Vertragsbedingungen ist wichtiger als die Höhe der zu zahlenden Prämie. Moderne D&O-Versicherungsbedingungen sollten heute die gesamte operative Tätigkeit der Organe explizit als mitversichert bezeichnen. Immer noch schließen etliche Versicherungsgesellschaften, die gerne als „Dienstleistungen des Vorstandes oder Geschäftsführers“ bezeichneten Tätigkeiten vom Versicherungsschutz aus. Dies kann im Haftungsfall zu einem bösen Erwachen führen.
Abschied – Und was nun?
Problematisch kann die Situation von Organmitgliedern bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Unternehmen oder Eintritt in den Ruhestand werden. Das nicht mehr im Unternehmen tätige Organmitglied erfährt in der Regel nichts mehr über das Fortbestehen des D&O-Versicherungsvertrages. Im Zweifel weiß also der pensionierte Vorstand nichts von einer eventuellen Veränderung seines ihm noch bekannten Versicherungsschutzes. Gleichwohl besteht weiterhin seine Haftung für Pflichtverstöße während seiner Dienstzeit im Rahmen der gesetzlichen Verjährungsfristen.
Personal D&O – Eigener Schutz wird wichtiger
Der Erwerb einer eigenen Absicherung für die Organe und immer häufiger auch für leitende Angestellte oder Beauftragte für z.B. Datenschutz, Umwelt oder Compliance eines Unternehmens spielen eine immer größere Rolle. Denn die D&OVersicherung für das Unternehmen, in der alle Manager Versicherungsschutz genießen, nützt wenig, wenn das Organmitglied im Haftungsfall nur begrenzt Zugriff auf die Police hat, sei es weil die Police im Unternehmen unter Verschluss gehalten wird, oder weil die Deckungssumme bereits für einen anderen Schadenfall, z.B. bei einer Tochtergesellschaft, verbraucht wurde.
Schadenbearbeitung – Sofortige Hilfe benötigt
Obgleich Schadenfälle in nahezu allen Bereichen des beruflichen Alltages entstehen können, haben diese in der Regel einen gesellschaftsrechtlichen Bezug und sind stets geprägt von hoher Komplexität. Ein Manager, der mit einer Inanspruchnahme konfrontiert ist, benötigt unverzüglich die Hilfe seines Versicherers zur Prüfung der Haftungsfragen und Erörterung der Verteidigungsstrategie. Eine dringende Empfehlung bei Abschluss einer D&O-Versicherung geht also dahin, zu prüfen, ob eine spezialisierte Schadenabteilung mit ausreichender Besetzung durch erfahrene Juristen bei dem favorisierten Versicherer vorgehalten wird.
Manuel Wirtz
Dieser Beitrag ist Teil der aktuellen Ausgabe des Handelsblatt Journals „Versicherung neu gedacht“, das Sie hier erhalten können: http://veranstaltungen.handelsblatt.com/journal/zukunft-versicherung-download