Wohnimmobilienmärkte 2015 – Blase oder rationales Investment?

06.05.2015ImmobilienImmobilien, Mietpreisbremse

Aus dem Handelsblatt Journal Immobilien April 2015 / Dr. Thomas Beyerle

Warum steigen Immobilienpreise an?

Es mutet wie eine typische Aufgabenstellung in den aktuell laufenden Abiturprüfungen an. „Haben wir eine Immobilienblase in Deutschland? Nehmen Sie Stellung und beziehen Sie Position!“. Nun ist das Immobilienwissen – leider – kein Lehrstoff an den Gymnasien unseres Landes. Warum eigentlich? Grundlagen der Wirtschaft in den Lehrplänen hat noch niemandem geschadet, der die Reife des Lebens erlangen möchte. Doch wahrscheinlich käme diese Frage nie vor, denn sie stellt sich regelmäßig und das darf selbstverständlich in keiner Prüfung der Fall sein.

Wohnimmobilienmärkte 2015 – Blase oder rationales Investment?

Dieser Tage macht die Frage nach dem „Überbewertungstatbestand“ wieder die Runde, und zwar bei vielen. Da wird argumentiert, dass „die Preise schon sehr stark gestiegen sind“, da wird dagegengehalten, dass „die Preise in Deutschland im Vergleich zum Ausland noch sehr gering sind“ und die Frage nach dem Anlagenotstand, also „Wohin mit dem Geld“ war auch schon mal einfacher zu beantworten. So haben wir es mit einer vermeintlich einfachen  Frage zu tun, deren Beantwortung Schwierigkeiten aufwirft, die sich insbesondere aus den unterschiedlichen Blickwinkeln bzw. Zeitpunkten und – räumen der Betrachtung ergeben. Und die Motivation dieser Frage entspringt immer einem veränderten Risikomanagement oder Bauchgefühl, da „man ja soiel in den letzten Monaten darüber gelesen hat“.

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Diese Mischung macht es für den ungeübten Investor auch nicht einfacher – trotz immer besserer Informationslage. Die einfache Definition einer Blase lautet, dass die Preise eines Wirtschaftsguts z.B. einer Immobilie von den Fundamentaldaten zunehmend abweichen. Es hat also schon eine dynamische  Entwicklung stattgefunden. Diese Gemengelage trifft auf alle zu, die sich z.B. für eine Eigentumswohnung als Kapitalanlage interessieren und diese in der Regel mit 30% Eigenkapital finanzieren.

Sind also die Kaufpreise stärker gestiegen als die Mieten und werden sie dies weiter tun? Fast wichtiger ist es jedoch, zunächst die Folgefragen zu beantworten: Warum sind die Preise so stark gestiegen? Ist dies rational zu erklären oder sehen wir Indizien eines nicht wirklich erklärbaren Hypes? (Warum steigen die Preise für meine Immobilie, an welcher jedoch physisch nichts gemacht wurde? Und wie lange werden diese noch steigen?) Setzen Sie auf weiter steigende Preise bzw. Mieten mit der Absicht die Immobilie, „mit einem satten Gewinn wieder zu verkaufen?“ Hier mischen sich die zunächst rationalen Motive zunehmend mit spekulativen Elementen und es werden zwei Dinge klar: Erstens, es ist immer auch ein psychologisches Element notwendig, um eine solche Frage zu beantworten und zweitens, Eigennutzer von Immobilien stellen sich diese Blasenfragen nicht wirklich.

Nehmen wir beispielsweise die aktuelle Marktsituation an den Standorten München und Berlin, die aktuell oft im Kontext des Blasenthemas zitiert wird, da die Preise für Wohnimmobilien in den letzten Jahren in beiden Regionen kräftig angezogen haben. Es existieren große regionale Unterschiede: zum einen die Preisexplosion in München, einem der international wirtschaftlich wettbewerbsstärksten Standorte und zum anderen der Boomtowneffekt der Hauptstadt Berlin.

Die Preisexplosionen werden nicht zuletzt angetrieben durch die extrem expansive Geldpolitik verbunden mit den Ängsten, dass mittelfristig eine starke Geldentwertung droht. Die Flucht ins Betongold und die Antizipation künftiger Inflation scheinen die Investoren anzutreiben. Der Blick auf die Preisentwicklung mag deshalb eine erste Einschätzung geben, ob es nicht schon zu spät ist, dort eine Wohnung zu kaufen. Doch dies greift zu kurz: im Falle Münchens basiert der gewaltige Preisanstieg seit 2009 auf dem sehr geringen Leerstand (<3%) und einer kontinuierlich wachsenden Mietnachfrage. In Berlin kommen die Preise und Mieten von einem deutlich geringeren Niveau und sind punktuell noch stärker gestiegen, doch hier liegt weder eine Verknappung an Wohnraum vor (Leerstandsquote Wohnungen aktuell 11,5%), noch lässt sich flächendeckend im Umfeld eine Mietsteigerung beobachten.

An dieser Stelle wird deutlich, dass sich unter der gleichen Überschrift unterschiedliche Marktgegebenheiten verbergen. Hier ein schon immer hohes Preis- und Mietniveau bei einer sehr stabilen regionalen Wirtschaft zwischen München-Lehel und Vaterstetten, dort eine Preis- und Mietrakete, fast ausschließlich in hippen Mittelagen zwischen Tor- und Linienstraße, basierend auf einer Wirtschaftsstruktur irgendwo zwischen Regierung, Tourismus und Start-ups. Hier wird dem Markt punktuell Neubau zugeführt und es bleibt weiterhin knapp, dort drehen sich an fast jeder Ecke die Kräne. Man mag das eine mit „stabil auf hohem Niveau“ klassifizieren, das andere als „dynamisch- bunt und erst im Entstehen begriffen“. Da liegt doch die gefühlte Vermutung nahe, dass es sich eben nicht im teuren München, sondern klar in Berlin um eine Blase handeln muss. Denn zur Hauptstadt finden auch die interessanteren Partygeschichten von Führungskräften statt: „Auch schon eine Zweitwohnung in Berlin gekauft?“

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Autor: Dr. Thomas Beyerle, Managing Director, Catella Property Valuation GmbH