Sie machen Menschen fit für den öffentlichen Auftritt. Sei es für die Talkshow im Fernsehen oder für den Vortrag vor Mitarbeitern. Warum ist es so wichtig, sich Gedanken über seinen Auftritt zu machen?
Wenn wir gehört werden möchten, müssen wir unsere Inhalte überzeugend und souverän präsentieren. Dazu gehört, dass wir unsere eigene Wirkung kennen und wissen, wie wir die Menschen erreichen. Sehr viel läuft im Unbewussten ab, gerade bei der nonverbalen Kommunikation, also Gestik, Mimik und Stimme. Sind wir nicht geschult, kann es sein, dass wir sehr viel Potenzial verschenken und unsere Botschaften verpuffen. Gerade, wenn Menschen in Führungspositionen in der Öffentlichkeit ihr Unternehmen repräsentieren, ist es wichtig, dass ihre Kernbotschaften auch gehört werden. Es lohnt sich, reflektiert an ganze Sache heranzugehen und zu schauen: Wo liegen meine Stärken und Schwächen? Welche Möglichkeiten und Tricks gibt es professionell zu überzeugen? Die Art, wie wir kommunizieren entscheidet über unsere Glaubwürdigkeit, Durchsetzungsstärke und Überzeugungskraft: über unseren Erfolg: Jeder kann eine starke Präsenz lernen, davon bin ich überzeugt.
Wie hat sich die Kommunikation denn in den letzten Jahren verändert?
Die zwischenmenschliche Kommunikation im Zeitalter der Digitalisierung hat sich komplett verändert. Täglich werden wir von allen Seiten mit unzähligen Informationen überflutet. Wir wissen gar nicht mehr, ob wir zuerst aufs Handy, Tablet oder doch ins Gesicht unseres Gegenübers schauen sollen. Gerade mal 11 Minuten arbeiten wir noch konzentriert an einer Aufgabe. Dann klingelt das Telefon, eine SMS oder Mail blinkt auf oder wir werden von einem Klopfen an der Tür gestört. Zählen Sie mal, wie oft Sie täglich auf das Display des Handys schauen? Die Medien haben unser Verhalten und Erleben verändert. Das Gehirn passt sich an, neue Formen der Kommunikation und Informationsverarbeitung entstehen. Wir haben nur noch die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches: ungefähr 9 Sekunden. Danach braucht unser Gehirn einen neuen Impuls, sonst schaltet es ab. Sie können sich vorstellen, was das für einen Vortrag oder eine Präsentation bedeutet.
Wie können wir Menschen denn noch begeistern?
Halten wir einen Vortrag, wünschen wir uns natürlich, dass jeder an unseren Lippen klebt und aufmerksam lauscht was wir sagen. Die Realität sieht leider oft anders aus. Endlose, langweilige Power-Point-Präsentationen befördern den Zuhörer ins Wachkoma. Aber das muss nicht sein: Wenn wir Menschen in der heutigen Zeit mit unseren Botschaften fesseln wollen, müssen wir uns Gedanken über das WIE machen. Über 80 Prozent unser Kommunikation läuft nonverbal ab: d.h. über Gestik, Mimik und die Stimme. Nur ungefähr 10 Prozent macht tatsächlich der Inhalt aus. Das WIE ist entscheidend, nicht das WAS! So sollte ich zum Beispiel in meinem Vortrag so viele Sinne wie möglich ansprechen. Das Gehirn liebt Emotionen. Bilder, Metaphern oder Geschichten: das sind wunderbare Lebendigmacher. In der Sprache gilt: kurze, knappe Sätze, im Aktiv sprechen, Sprechtempo und Modulation immer wieder verändern, um nur einige Dinge zu nennen. Dann hören mir die Leute zu, sind wach, interessiert und aufmerksam.
Wie wichtig ist der erste Eindruck?
Für den ersten Eindruck Gibt es keine zweite Chance. Das müssen wir uns einfach bewusstmachen. Sympathie, Vertrauenswürdigkeit und Kompetenz: all das wird in einer Zehntelsekunde von unserem Gehirn entschieden. Ist der Eindruck positiv öffnet er uns Türen: Der äußere Eindruck, das Bild, das sich Andere machen – es sind die Schlüsselreize, die zählen. Und so fängt der Auftritt natürlich schon bei der Kleiderwahl an.
Warum ist auch gerade die Stimme so wichtig?
Wer das Ohr nicht erreicht, berührt auch nicht die Seele. Deshalb ist es sehr wichtig, unser Stimme zu schulen. Ist meine Aussprache sauber, klar und deutlich, verändert das jede Präsentation. Wer seine eigene Stimme kontrollieren und einsetzen kann, überzeugt ganz automatisch, agiert und argumentiert optimaler in der Gesprächsführung. Die Selbstwahrnehmung verändert sich und das eigene Selbstbewusstsein wird durch eine wirkungsvolle Stimme gestärkt. So ist es sehr wichtig, vor jeder Präsentation die Stimme wach zu machen. Jeder Klavierspieler oder jeder Sportler macht sich warm. Auch wir brauchen einen entspannten Klangkörper, damit wir ein optimales Ergebnis erzielen. Dafür gibt es ganz tolle Übungen.
Einige Menschen haben bei öffentlichen Auftritten mit extremen Lampenfieber oder Auftritts-Angst zu kämpfen. Wie lässt sich das in den Griff bekommen?
Grundsätzlich ist Lampenfieber etwas sehr Positives. Wir werden durch unseren Adrenalinhaushalt gepusht und sind zu Höchstleistungen in der Lage. Der Auftritt auf der Bühne wirkt allerdings wie ein Vergrößerungsglas für unser Selbstwertgefühl und unsere Selbstzweifel. Das kann uns ganz schön verunsichern. Die Ursache für Lampenfieber oder Auftrittsangst ist ganz individuell und persönlich. Aber mit spezifischen Atem- und Mentalübungen bis hin zu Klopftechniken können Sie Ihr Lampenfieber sehr gut in den Griff bekommen und sogar konstruktiv zu nutzen.
Was gefällt Ihnen besonders an der Trainer- und Lehrtätigkeit?
Ich finde es immer wieder faszinierend, wie Menschen innerhalb kurzer Zeit ihr Potential abrufen können: sie müssen nur wissen WIE! Und genau dafür bin ich da. Jeder Mensch ist einmalig und besitzt ganz persönliche Fähigkeiten und Stärken, oft weitaus mehr, als ihm bewusst ist. Die Freude daran, Menschen diese Stärke (wieder) bewusst zu machen und zu aktivieren, ist Antriebskraft meiner Arbeit.
Ina Böttcher ist Moderatorin der Tagesschau und erfahrene politische Journalistin. Die studierte Politikwissenschaftlern steht seit über 15 Jahren vor der Kamera. Sie ist gefragte Moderatorin für Podiumsdiskussionen, Kongresse und Live-Veranstaltungen. In ihren Präsentations- und Medien-Trainings macht sie Führungskräfte fit für den öffentlichen Auftritt.