WERK1.Bayern – ein Hotspot für InsurTechs

18.10.2016FinanceInsurtechs, Versicherung, Bayern

von Ilse Aigner


Die Digitalisierung krempelt so manche Geschäftsfelder vollständig um. Einer der stärksten Anbieter für Fahrdienste zum Beispiel hat kein einziges eigenes Taxi, eine erfolgreiche Plattform für Übernachtungsmöglichkeiten besitzt kein einziges Hotel und keine einzige Ferienwohnung – die Leistungen werden digital vermittelt. Und auch die Versicherungsbranche verändert sich und wird digital. Sogenannte Insur-Techs – also digitale Versicherungsunternehmen – erobern immer mehr Marktanteile.

 

Noch vor ein paar Jahren war eigentlich ganz klar: Wenn ich eine Versicherung abschließen möchte, rufe ich den Makler an. Der kommt zum vereinbarten Termin, man bespricht alles und anschließend unterzeichnet man den Vertrag. Ein erster Schritt zur Digitalisierung waren Vergleichsportale im Internet mit Informationen zu den Angeboten unterschiedlicher Versicherungsgesellschaften. Versicherungen werden seitdem zunehmend online abgeschlossen. InsurTechs sind der nächste Schritt. Sie verlagern das gesamte Versicherungswesen in die digitale Welt. Ihr Angebot reicht von einer einfachen Vertragsabwicklung mit dem Smartphone bis hin zu individualisierten Tarifen, die zum Beispiel das Fahrverhalten oder sportliche Aktivitäten berücksichtigen.

Die Szene entwickelt sich mit einer hohen Dynamik. In Bayern bietet gerade die Zusammenarbeit mit etablierten Versicherern ein enormes Potenzial.

Bayern Topstandort für InsurTechs
Die Digitalisierung ist der große Innovationstreiber. Er erfasst alle Lebens- und Arbeitsbereiche. Bayern hat diesen Trend früh erkannt. Mit unserer Strategie BAYERN DIGITAL haben wir den Grundstein dafür gelegt, dass unsere Unternehmen die Chancen der Digitalisierung für sich nutzen können. Wir wollen, dass Bayern bei der Digitalisierung die Nase vorne hat. Gleichzeitig ist Bayern ein herausragender Versicherungsstandort – der stärkste in Europa: Gut 63.000 Mitarbeiter sind in rund 70 Versicherungsunternehmen tätig, vor allem an den Standorten München, Nürnberg und Coburg. Hinzu kommen mehr als 45.000 Selbstständige. Im Ländervergleich liegt der Freistaat damit auf Platz 1. Auch gemessen am Beitragsaufkommen nehmen wir den Spitzenplatz ein. Gut ein Drittel entfällt auf bayerische Versicherer. Auch im Rückversicherungsgeschäft sind wir weltweit der führende Standort.

Für InsurTechs bietet Bayern daher ein gutes Umfeld. Während die Versicherungsgesellschaften eine hohe Kompetenz bei der Risikobewertung aufweisen, zeichnet die InsurTechs zumeist ihr Knowhow im Bereich ‚big‘ oder besser ‚smart data‘ und den Schnittstellen zum Endkunden aus. Da gibt es also durchaus vielversprechende Kooperationsmöglichkeiten. ©everythingpossible/fotolia.com Sonderveröffentlichung zum Thema „VERSICHERUNG – NEU GEDACHT“ | September 2016 HandelsblattJournal INSURTECHS 15 Hinzu kommt, dass die Unternehmen, egal ob Fin- oder InsurTechs, hier bestens ausgebildete Fachkräfte finden. Egal ob Programmierer, Informatiker oder Softwareentwickler – unsere Hochschulen und Betriebe, die Kammern und Verbände bilden Spezialisten für die digitale Zukunft aus. Und auch im Bereich der Finanzwissenschaften ist der Freistaat bestens aufgestellt.

Dieses gute Knowhow wollen wir weiter ausbauen. Um die Kompetenzen im Bereich Software noch breiter aufzustellen, bauen wir gerade ein Center for Code Excellence auf. Mit dem ZD.B haben wir bereits eine Plattform eingerichtet, die die Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung stärkt und bündelt. 20 neue Professuren an bayerischen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften wurden geschaffen, die sich mit digitalen Anwendungsfeldern beschäftigen. Hinzu kommt noch die Bayern-Cloud, mit der wir Cloud-Technologie weiter entwickeln und neue Einsatzmöglichkeiten erschließen werden.

Gründer von InsurTechs in Bayern bestens aufgehoben
Junge Gründer finden in Bayern das optimale Umfeld, in dem sie ihre Geschäftsideen verwirklichen können. Silicon Valley, Tel Aviv, London – das waren lange Zeit die Adressen für junge Startups. Bayern holt aber auf. Wir arbeiten daran, Bayern zum Gründerland zu machen und greifen Start-ups unter die Arme.

Mit dem WERK1 in München zum Beispiel haben wir einen Hotspot für digitale Innovationen geschaffen: Es bietet auf rund 4.300 m2 ein optimales Umfeld für Gründer und mehr als günstige Büroräume. In den über 40 Büros sind aktuell gut 35 Unternehmen mit ganz unterschiedlichen Geschäftsideen untergebracht: Vom Online-Portal für Kinokarten über Spieleentwickler und Filmproduktionen bis hin zu Gesundheits-Apps oder digitale Lösungen zur Nutzung von Gemeinschaftswaschmaschinen ist alles vertreten.

Gründer können sich hier in Zusammenarbeit mit BayStartUP coachen lassen, mit Investoren und Unternehmern vernetzen und ihr Geschäftsmodell professionalisieren. Im vergangenen Jahr sind das Mediennetzwerk Bayern, unsere Ansiedlungsagentur Invest in Bavaria und das Media LAB der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien als Partner hinzugestoßen. Wir haben das Gründerzentrum kontinuierlich erweitert und so ein kreatives Umfeld geschaffen, von dem auch Insur-Techs profitieren können.

Im Bereich der Finanztechnologie wurden im vergangenen Jahr deutschlandweit rund 500 Millionen Euro in Start-ups investiert. Das zeigt, wie viel Bewegung und wirtschaftliches Potenzial in der Branche stecken. Etwa die Hälfte der deutschen InsurTechs sitzt im Freistaat. Damit es in Zukunft noch mehr werden, haben wir im April das W1 Forward InsurTech Accelorator-Programm am WERK1 ins Leben gerufen. Fünf Start-ups aus der Versicherungswirtschaft wurden ausgewählt um das halbjährige Programm zu durchlaufen. In diesem Zeitraum können sie die Infrastruktur im WERK1 kostenlos nutzen und werden individuell von renommierten Mentoren betreut.

Zehn namhafte Versicherungskonzerne beteiligen sich an dem Programm und ermöglichen den ausgewählten InsurTechs einen exklusiven Zugang zu führenden Branchenexperten. Im Oktober werden die fünf ausgewählten Teams ihre Geschäftsmodelle präsentieren. Im Anschluss entwickeln sie die eigene Geschäftsidee zur Marktreife und können bereits erste Kunden zu gewinnen. Wir dürfen gespannt sein, welche Produkte und Dienstleistungen die Start-ups im Herbst präsentieren. Wir planen für das Frühjahr 2017 bereits eine zweite Runde des Programms.
 

Dieser Beitrag ist Teil der aktuellen Ausgabe des Handelsblatt Journals „Versicherung neu gedacht“, das Sie hier erhalten können: http://veranstaltungen.handelsblatt.com/journal/