Verfahrensreform, Beihilfenrecht und der Teufel im Detail

27.03.2014RechtBeihilfenrecht, Subventionen, AGVO , NicoleBuerenLorenz

Beihilfenrecht 2014

Herr Dr. Ulrich Soltész zu Fragen rund um Formalien im Beihilfenrecht, die Reform der Allgemeinen Gruppenfreistellung, Herausforderungen bei der Regionalförderung und weiteren Themen, die die Beihilfenexperten derzeit bewegen.

Verfahrensreform, Beihilfenrecht und der Teufel im Detail

Welches sind die wichtigsten Auswirkungen der Verfahrensreform?

Die Kommission hat jetzt echte Marktuntersuchungsbefugnisse und das Recht zu Sektoruntersuchungen erhalten. Die Neuerungen im Beschwerdeverfahren werden auch zu einer gewissen Straffung bei den „Formalien“ führen. Das alles wird die Brüsseler Beihilfewächter sicherlich stärken, das Verfahren wird dadurch aber wohl  nicht wesentlich beschleunigt oder entschlackt. Die Prüfverfahren vor der Kommission werden wohl nach wie vor aufwändig, zeitintensiv und ökonomisch hoch komplex bleiben – so zumindest unser Eindruck nach einem knappen Jahr.

Am wichtigsten für die Praxis dürfte die Reform der Allgemeinen Gruppenfreistellung (AGVO) sein, die im Juli 2014 in Kraft tritt. Das bedeutet eine echte Entbürokratisierung bei den kleinen und mitttelgroßen Fällen in zahlreichen Sektoren, wie z.B. bei der Förderung von Sportstätten, Freizeiteinrichtungen, Kultur, Breitband, und anderem. Aber auch hier gilt: der Teufel liegt im Detail! Die neue AGVO ist nicht unbedingt benutzerfreundlich. Die verschachtelte Regelung setzt beihilferechtliches Vorwissen voraus und enthält einige Fettnäpfchen, Fußangeln sowie Fallen, die von Laien nicht immer gleich gesehen werden. Für den Rechtsanwender wird es also weiter kompliziert bleiben.

Rechnen Sie mit weiteren größeren Änderungen in 2014?

Neben der Änderungen der AGVO sind natürlich viele andere wichtige Gesetzgebungsvorhaben in der Pipeline, vor allem die neuen Leitlinien zu Energie und Umwelt. Diese werden das neue EEG maßgeblich beeinflussen und damit letztlich uns alle – Private und Unternehmen – betreffen. Ebenso kommt die Reform der Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen – immer ein wichtiges Thema - sowie die neue umfassende Mitteilung der Kommission zum Begriff der Beihilfe, die letztlich den Anwendungsbereich des Beihilferechts definiert. Und natürlich treten die bereits beschlossenen Regionalleitlinein im Juli in Kraft, die – leider – zu einem Kahlschlag bei der Regionalförderung in Deutschland führen werden.

Und was wird die Praxis sonst noch beschäftigen?

Das Beihilferecht spielt natürlich in der Transaktions- und Finanzierungspraxis eine ganz wichtige Rolle. In zahlreichen Konstellationen ist das Beihilferecht der zentrale Faktor für den Erfolg und die Struktur des Deals. Zu diesem Themenfeld gehören staatliche Darlehen, Kapitalzuführungen, Garantien, Unternehmensveräußerungen, Restrukturierungen, stille Beteiligungen, der Erwerb und Verkauf „beihilfenbefangener“ Assets, Privatisierungen, aber auch die jüngst in die Mode gekommenen „Rekommunalisierungen“ und „Rückverstaatlichungen“. Hier gilt es erhebliche wirtschaftliche Risiken für alle Beteiligten zu minimieren – auch vor dem Hintergrund von latent drohenden Konkurentenklagen und -beschwerden. Das ist ein weites, und vor allem ein recht neues Feld.

Autor: Dr. Ulrich Soltész, Kanzlei Gleiss Lutz

Kontakt: RA Nicole Büren-Lorenz, Senior-Konferenz-Managerin EUROFORUM | XING