Wo stehen die Gasversorger bei der Umsetzung von REMIT und EMIR?
Meistens gibt es wie immer zwei Extreme. Die einen sind kurz vor der Ziellinie und die anderen fangen erst an, sich mit den Themen zu beschäftigen, obwohl REMIT schon seit Ende 2011 in Kraft ist und die Regulatoren seit Ende Juni investigative Stichproben in den Bereichen Insiderhandelsverdacht und Marktmissbrauch vornehmen. Kürzlich veröffentlichte beispielsweise die ACER eine Information, dass erste Verstöße gegen REMIT entdeckt worden sind. Passivität bei der Umsetzung der Vorschriften oder sogar Verstöße sind daher keine Kavaliersdelikte mehr.
Hätten Sie ein Beispiel – und welche Konsequenzen hätte ein Verstoß?
Ein Verstoß gegen REMIT wird bereits dann angenommen, wenn eine Insider-Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt, die Bekanntgabe einer Insider-Information nicht sicher gestellt ist oder generell nicht dafür Sorge getragen wird, dass eine Insider-Information bekannt gegeben wird. Da die Anforderungen an einen solchen Verstoß nicht besonders hoch sind, ist jedem von REMIT betroffenen Handelsteilnehmer dringend angeraten, entsprechende Compliance-Regelungen und insbesondere Dokumentationen aller relevanten Handelsvorgänge vorzuhalten. Im Zweifel wird dem Geschäftsführer oder Vorstand der jeweilige Verstoß zugerechnet werden.
Wo sehen Sie die Hauptprobleme bei der Umsetzung von REMIT und EMIR bei den Gasversorgern und Händlern?
Generell ist das Verständnis der Geschäftsführung, dass auch ihr Unternehmen von diesen Regulierungen unmittelbar betroffen ist, teilweise noch nicht ausgeprägt und die Beurteilung der Umsetzungsanforderungen liegt in der Rechtsabteilung. Es ist wichtig, dass die Analyse der Anforderungen aus REMIT und EMIR sowie auch das Umsetzungsprojekt durch alle betroffenen Bereiche unterstützt werden. Die Rechtsabteilung darf mit der fachlichen und technischen Komplexität eines Umsetzungsprojektes nicht allein gelassen werden. Bei den meist horizontal organisierten Gasversorgungsunternehmen müssen beispielsweise das Dispatching und das Portfoliomanagement eng in die Analyse von möglichen Insiderinformationen eingebunden sein. Der daraus resultierende Insiderinformationsprozess muss zentral durch einen Complianceverantwortlichen gesteuert werden, so dass eine mögliche Veröffentlichung von relevanten Informationen innerhalb kurzer Zeit erfolgen kann.
Was raten Sie Unternehmen, die noch nicht sicher sind, ob Sie die Anforderungen aus den Vorgaben vollständig analysiert haben?
Selbstverständlich Berater beauftragen! (lacht) – Ernsthaft – Es gibt auf den Webseiten der ACER bezüglich REMIT und bei der ESMA viele Erläuterungen in Form von Q&A Dokumenten sowie die Ausführungen über die sogenannten Technical Standards für die Umsetzung der Vorgaben. Auch der BDEW hat Leitlinien für die Umsetzung erarbeitet, die die wesentlichen Punkte reflektieren.
Was wird in den nächsten Wochen im Kontext von REMIT und EMIR wichtig sein?
Die Transparenzvorschriften nach REMIT sollten, wenn nicht bereits geschehen, so schnell wie möglich in den Unternehmen operationalisiert werden. Das Reporting nach REMIT wird dann im ersten Halbjahr 2014 folgen. Je nach der Klassifizierung der physischen Termingeschäfte, die bis Ende 2013 geklärt sein sollte, müssen die Unternehmen noch einmal genau die Vorschriften der EMIR bewerten und die Auswirkungen auf ihr Geschäftsmodell sowie die Beschaffungs- bzw. Handelsstrategie analysieren. Sollten die physischen Forwards als Derivate nach EMIR eingestuft werden, kommen noch einmal ein erheblicher Aufwand und höhere finanzielle Belastungen auf die Unternehmen zu.
Autor: Maik Neubauer, Managementberater in der Energie- und Finanzindustrie. Ehemaliger Vorstand der European Energy Exchange AG und der European Commodity Clearing AG
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Das Interview führte Ingela Marré | Ingela Marré auf XING
Maik Neubauer treffen Sie auf unserer Veranstaltung REMIT, EMIR und MiFID II und auf auf XING