Beitrag aus dem Handelsblatt Journal Future IT-Management Nov.2015

Hewlett Packard Enterprise (HPE) entwickelt die Computer-Architektur für das Zeitalter des Internets der Dinge

Gemäß Moore’s Law verdoppelt sich die Prozessor-Leistung alle 12 bis 24 Monate, doch das enorme Aufkommen an Echtzeitdaten und -auswertung, die mit dem Internet der Dinge zu erwarten sind, wird die Leistungskraft heutiger Computerarchitekturen übersteigen.

The Machine - Das Internet der Dinge

Angesichts der riesigen Datenmengen ist außerdem eine Kommunikation von Maschine zu Maschine über Mobilfunk nicht zukunftsfähig: Die Flut der Daten würde die Funkbandbreite überlasten. Notwendig wird somit eine Auswertung der Daten vor Ort, sodass ausschließlich aufbereitete und vorab aggregierte Informationen zu übertragen sind. Das Internet der Dinge erzwingt langfristig nichts weniger als eine Revolution des Computings.

The Machine

Mit The Machine erfindet Hewlett Packard Enterprise (HPE) alle wesentlichen Bauteile eines Computers neu: Speicher, Datenübertragung, Chip-Design  sowie das Betriebssystem. The Machine vereint mittels Non-Volatile-Memory-Technologie Arbeits- und Massenspeicher zu einem Speicherbereich und macht damit Petabytes innerhalb weniger Nanosekunden zugänglich.

Es ist damit kein Auslagern von Daten auf Plattenspeicher nötig, und der gesamte Speicherbereich ist nicht-flüchtig. Daten können nun endlich auchin sehr großem Umfang dort verarbeitet werden, wo sie anfallen. Außerdem lassen sich Prozessor und Arbeitsspeicher physisch separieren, was ganz neue Rechenzentrums-Architekturen ermöglicht. Bis zu 160 Rechnerschränke arbeiten hier als Gesamtsystem mit wenigen 100 Nanosekunden Zugriffszeit.Für die Datenübertragung kommen in The Machine keine elektrischen Impulse, sondern das deutlich schnellere Licht zum Einsatz. Das Prinzip ist von optischen Weitverkehrsnetzen her bekannt, HPE nutzt Licht aber auch zur Datenübertragung auf System- und auf Chip-Ebene. The Machine nutzt ein so genanntes System-on-a-Chip-Design und verwendet eine Vielzahl spezialisierter und damit energiesparender Rechenkerne statt Mehrzweck-Prozessoren. Somit erfolgt das Rechnen auf Elektronenebene, die Kommunikation mittels Licht, das Speichern mittels Ionen. Durch diese Innovationen skaliert The Machine sehr hoch, zugleich lässt sich aber ein kompletter Serverraum mit hunderten von Prozessor-Kernen auf die Größe eines Tablet-Computers reduzieren. Dies ebnet den Weg für hochintelligente Sensoren und andere Bausteine im Internet der Dinge.

Derzeit arbeitet HPE mit einer Reihe namhafter Universitäten am Betriebssystem Linux for The Machine (Linux4TM), auch eine Android-Variante ist in Vorbereitung. Das Betriebssystem wird als Open Source zur Verfügung stehen, um einer möglichst breiten Entwicklerbasis den Weg zu dieser  revolutionären Compute-Plattform zu ebnen.

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Die Einsatzszenarien sind vielfältig, sie reichen vom Echtzeit-Vertriebssystem bis hin zur praktikablen und finanzierbaren Genomberechnung auf breiter Ebene. Der Endverbraucher wird sie unter anderem als Cloud-Dienstleistungen zu spüren bekommen. Denkbar wären mit intelligenten Sensoren bestückte Reifen, die Informationen über Abweichungen vom Sollwert übermitteln; lokal wie auch im   Rechenzentrum ließen sich dann Soll/Ist-Datenvergleiche in Echtzeit verarbeiten. So könnten smarte Sensoren dem Autofahrer einen notwendigen Reifenwechsel anzeigen; der Hersteller könnte, sobald er per Big-Data-Analyse Materialfehler bei einer Charge entdeckt, alle betroffenen Käufer frühzeitig informieren.

Konkreter Fahrplan

Zunächst werden Techniken von The Machine Eingang in HPE-Bestandslösungen finden. Ein Prototyp für einen optischen Interconnect mit 100 Gbit/s wurde im Juni 2015 gezeigt. Nächstes Jahr sollen ProLiant-Server und 3PAR-Speichersysteme mit nicht-flüchtiger Speichertechnologie kommen.

In naher Zukunft wird HPE einen Prototypen von The Machine mit 80 Prozessoren, 2.500 Kernen und 320 TByte direkt addresierbarer Speicher in einem einzelnen Blade vorstellen. In wenigen Jahren werden Produkte mit The-Machine-Technologie zu kaufen sein, ebenso die ersten Mini-Sensor- Computer für das Internet der Dinge. Als dritte Ausbaustufe sollen komplette verteilte Sensor-Computer-Umgebungen mit The Machine allgemein verfügbar sein, die dann Szenarien wie die oben genannten intelligenten Autoreifen Wirklichkeit werden lassen.

Um die Softwareentwicklung für das erste grundlegend neue Betriebssystem seit Jahrzehnten zu ermöglichen, hat HPE einen The-Machine-Simulatorimplementiert. Ein Managementwerkzeug zur Verwaltung von Millionen von Knoten hat HPE bereits letztes Jahr vorgestellt.

Seinen Weg in den Markt finden wird The Machine damit also zunächst in der Form neuartiger Komponenten, später dann als Komplettsystem und auf Projektebene zusammen mit den Entwicklungsabteilungen von Industriefirmen, die Anwendungen für das Internet der Dinge entwickeln.

Autor. Andreas Hausmann, Chief Technologist Hewlett Packard Enterprise

Bildquelle: HPE