Das starke und vor allem schnelle Voranschreiten der Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft erfordert drastische Veränderungen in Unternehmen. Die Bereitstellung eines angemessenen Maßes an Stammdatenqualität ist eine entscheidende Voraussetzung für effiziente Geschäftsprozesse in und zwischen Unternehmen. Der Beitrag zeigt mögliche Handlungsfelder zur Verbesserung der unternehmensübergreifenden Stammdatenqualität.


Erfolgsfaktor unternehmensübergreifendes Stammdatenmanagement

Stammdaten bilden die Grundlage der digitalen Wirtschaft (Otto und Österle 2016). Die Bereitstellung eines angemessenen Maßes an Stammdatenqualität ist eine entscheidende Voraussetzung für effiziente Geschäftsprozesse in und zwischen Unternehmen. Hinzu kommt, dass die Vernetzung innerhalb des Unternehmens und auch über die Unternehmensgrenzen hinweg in Zukunft stetig wachsen wird, wie dies in verschiedenen Studie dargelegt wird (Bloching et al. 2015; Schäffer und Beckmann 2016). Daraus resultiert eine Verschiebung von starren Wertschöpfungsketten hin zu dynamischen Wertschöpfungsnetzwerken. Erkenntnisse aus aktuellen Forschungen zeigen jedoch, dass in vielen Unternehmen beispielsweise der Produktstammaustausch aufgrund mangelhafter Stammdatenqualität problembehaftet, fehleranfällig, arbeits- und kostenintensiv ist (Schäffer und Leyh 2017).

Dabei beschreiben Stammdaten kritische Geschäftsobjekte eines Unternehmens (Loshin 2008) und bezeichnen Produkte, Lieferanten, Kunden, Mitarbeiter bzw. ähnliche Gegenstände, die nur selten Änderungen erfahren. Wohingegen die Datenqualität ein Maß für die Eignung der Daten für spezifische Anforderungen in Geschäftsprozessen, in denen sie verwendet werden, ist. Oft wird Datenqualität auch mit dem Begriff “fitness for use” assoziiert (Wang und Strong 1996). Typische, häufig verwendete Qualitätsdimensionen sind Fehlerfreiheit, Korrektheit, Vollständigkeit, Relevanz, Konsistenz und Aktualität.

In Experteninterviews und -workshops konnten gravierende geschäftliche Probleme infolge mangelnder Stammdatenqualität in den Unternehmen identifiziert werden. Eine mangelhafte Stammdatenqualität ist beispielsweise dann gegeben, wenn die Stammdaten nicht vollständig sind oder fehlerhafte Inhalte enthalten (Schäffer 2017). Typische Beispiele für unternehmensübergreifende Stammdatenprobleme sind: nicht korrekte Zolltarifnummer, fehlende Abmaße & Gewichte, unvollständige technische Beschreibungen oder nicht aktuelle Konditionen & Preise. Für viele dieser Stammdatenprobleme ist der Fehlerverursacher der Daten-Lieferant. Da dieser die angeforderten Stammdaten nicht in ausreichender Qualität dem Datennutzer zur Verfügung stellt. Auf der anderen Seite sind die Daten-Nutzer meist nicht in der Lage die Anforderungen an die Stammdatenqualität eindeutig zu spezifizieren bzw. führen keine systematische Qualitätsprüfung der angelieferten Stammdaten durch.
 

Abbildung 1: Handlungsfelder einer unternehmensübergreifenden Stammdatenqualität

Aus aktuellen Forschungen konnten die allgemeinen Gestaltungselemente beim (Produkt-) Stammdatenaustausch zwischen Datenlieferanten und Datennutzer und die verschiedenen Koordinationsmechanismen im Speziellen herausarbeitet werden (Schäffer und Stelzer 2017). In diesem Zusammenhang konnten fünf Handlungsfelder zur Verbesserung der unternehmensübergreifenden Stammdatenqualität abgeleitet werden (siehe Abbildung 1). Die Maßnahmen je Handlungsfeld sind wie folgt (Schäffer und Beckmann 2017):

  • Etablierung eines Stammdatenmanagements mit den Gestaltungselementen: Data Governance, Datenqualitätsrichtlinien, Kennzahlensystem und Werkzeuge zur kontinuierlichen Messung der ein- und ausgehenden Stammdaten (Dateneingangsprüfung).
  • Förderung der Weiterbildung und Kommunikation der Mitarbeiter zur Intensivierung des gegenseitigen Informationsaustauschs im Unternehmen und mit Geschäftspartnern, Erarbeitung eines Schulungskonzepts für Stammdaten und Schaffung einer Unternehmenskultur pro Datenqualität.
  • Durchführung einer Kosten-Nutzen-Betrachtung zur Analyse des Aufwandes im Artikelneuanlageprozess, Analyse des Aufwands zur Nachbereitung der übermittelten Artikelstammdaten, zur Ermittlung des Wertbeitrags eines unternehmensübergreifenden Stammdatenqualitätsmanagements zum Unternehmenserfolg.
  • Verifikation der Rahmenverträge mit den Geschäftspartnern hinsichtlich der Stammdatenbereitstellung und -qualität. Durchführung von Vertragsverhandlungen unter Berücksichtigung der Stammdatenaustausch und mit Teilnahme der Stammdatenexperten.
  • Analyse der Geschäftspartner hinsichtlich technischer Machbarkeit und deren Anforderungen. Analyse der Stammdatenprobleme zur Maßnahmeneinleitung und Durchführung von Workshops mit Datenlieferanten zur Vereinbarung der Stammdatenübermittlung

Zusammenfassend stellen Stammdaten die Grundlage für jegliche Informationen dar und deren Qualität hat einen wesentlichen Einfluss auf den Automatisierungsgrad. Deshalb wird sich zukünftig kaum ein Unternehmen eine mangelhafte Stammdatenqualität leisten können. Die richtige Einschätzung vorhandener Datenqualität als auch die Einbindung der Geschäftspartner in ein unternehmensübergreifendes Stammdatenmanagement wird zu einem kritischen Erfolgsfaktor.

Aktuelle Forschungsergebnisse zur unternehmensübergreifenden Stammdatenqualität werden während des 12. FORUM FÜR STAMMDATEN- UND MDM-VERANTWORTLICHE, vom 07.-08.11.2017 in Düsseldorf, vorgestellt.
 

<strong>Dr. Sven Deglow</strong>Dipl.-Inf. Thomas Schäffer
Studiengang Wirtschaftsinformatik /
Kompetenzzentrum Unternehmenssoftware
Hochschule Heilbronn
Max-Planck-Straße 39
74081 Heilbronn
Web: https://www.hs-heilbronn.de/ccis


Thomas Schäffer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Studiengang Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Heilbronn und forscht im Rahmen seines Promotionsvorhabens an der TU Ilmenau im Fachgebiet Informations- und Wissensmanagement. Sein Forschungsschwerpunkt ist Stammdatenmanagement und Datenqualität in unternehmensübergreifenden Geschäftsprozessen.


Literaturverzeichnis

Bloching, Björn; Leutiger, Philipp; Oltmanns, Thorsten; Rossbach, Carsten; Schlick, Thomas; Remane, Gerrit et al. (2015): Die digitale Transformation der Industrie. Detailbettrachtungenn von Rolannd Berger Strategy Connsultants im Auftrag des Bundesverbands der Deutschhen Industrie e.V. (BDI). Hg. v. Roland Berger Strategy Consultants GmbH. München.

Loshin, David (2008): Master Data Management. Amsterdam: Morgan Kaufmann.

Otto, Boris; Österle, Hubert (2016): Corporate Data Quality. Voraussetzung erfolgreicher Geschäftsmodelle. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg.

Schäffer, Thomas (2017): Unternehmensübergreifende Stammdatenqualität – Entwicklung eines Hilfsmittels zur Vereinbarung der Qualität für Stammdaten zwischen Unternehmen. In: Barbara Dinter, Lisa Frenzel und Peter Gluchowski (Hg.): Tagungsband zum 20. Interuniversitären Doktorandenseminar Wirtschaftsinformatik. Chemnitz, 27.10.2016. Chemnitz: Universitätsverlag der Technischen Universität Chemnitz, S. 49–59.

Schäffer, Thomas; Beckmann, Helmut (2016): Trendstudie Stammdatenqualität 2016. Empirische Forschung zur aktuellen Situation der Stammdatenqualität in Unternehmen und daraus abgeleitete Trends zur digitalen Transformation. Stuttgart: Steinbeis-Edition (Schriftenreihe Wirtschaftsinformatik).

Schäffer, Thomas; Beckmann, Helmut (2017): Industrie 4.0 als Herausforderung für das Stammdatenmanagement in Unternehmen. In: Trovarit AG (Hg.): IT-Matchmaker.guide. Industrie 4.0-Lösungen 2017.

Schäffer, Thomas; Leyh, Christian (2017): Master Data Quality in the Era of Digitization - Toward Inter-organizational Master Data Quality in Value Networks: A Problem Identification. In: F Piazolo, V Geist, L Brehm und R Schmidt (Hg.): Innovations in Enterprise Information Systems Management and Engineering. ERP Future 2016. Lecture Notes in Business Information Processing. 285. Aufl.: Springer, Cham, S. 99–113.

Schäffer, Thomas; Stelzer, Dirk (2017): Assessing Tools for Coordinating Quality of Master Data in Inter-organizational Product Information Sharing, 20.01.2017. Online verfügbar unter http://aisel.aisnet.org/wi2017/track01/paper/5.

Wang, Richard Y.; Strong, Diane M. (1996): Beyond Accuracy: What Data Quality Means to Data Consumers. In: Journal of Management Information Systems 12 (4), S. 5–33, zuletzt geprüft am 11.06.2016.