Stellen Sie sich vor, jeder Apparat, jedes Werkstück – kurzum jedes „Ding“ – hätte einen eigenen Account, über den es sich ebenso einfach mit anderen Dingen weltweit verbinden kann, wie es für Menschen möglich ist: Kontaktanfrage senden, annehmen, fertig. Und stellen Sie sich jetzt vor, welche Möglichkeiten sich für Unternehmen ergeben, wenn alle diese Accounts einfach per Software zusammenarbeiten könnten, über Unternehmensgrenzen hinweg Informationen austauschen, egal ob die dazugehörigen Geräte beim Hersteller, Zulieferer oder Kunden stehen.
Zugegeben, ganz so weit sind deutsche Unternehmen momentan noch nicht. Heute werden Maschinen und Anlagen noch in festgelegten Intervallen gewartet. In Zukunft wird es von den Maschinen ein digitales Abbild geben, in dem zum Beispiel sämtliche eingebauten Sensoren hinterlegt sind. Diese Sensoren stehen in Kommunikation mit ihrem Hersteller. Die Bedienungsanleitungen sind hinterlegt. Es ist ebenfalls hinterlegt, wann welcher Service stattgefunden hat und wann bestimmte Verschleißteile ausgetauscht werden müssen. Die Anlage meldet selbstständig, wann ein Problem vorliegt oder eben bald vorliegen wird. Das heißt: Die Anlage wird plötzlich ein sehr aktiver Bestandteil innerhalb dieses Netzwerkes aus Lieferanten, Herstellern und Kunden. Geschildertes ist nur ein Beispiel für die Möglichkeiten der digitalen Transformation im Unternehmen. Viele Innovationen können wir heute noch nicht einmal abschätzen, aber sie werden kommen.
Industrie 4.0-Innovationen zu planen und einzuführen, verlangt deutschen Unternehmen ebenso viel ab wie deren strategische Einbettung in die Unternehmensstrategie. Das ist eine große unternehmerische Aufgabe, keine Frage. Dennoch, deutsche Unternehmen packen die Herausforderung digitale Transformation proaktiv an. Dabei zeigt sich aber auch, dass es keinen Königsweg gibt. Innovation durch Digitalisierung ist nicht einfach kopierbar, sondern ein Prozess, den jedes Unternehmen individuell gestalten muss.
Digitale Adaption: vier Gruppen von Unternehmen
Wie aber gehen die Unternehmen konkret an die Herausforderung heran? Wie sehen die Strategien aus? Vereinfacht gesagt lassen sich vier Typen von Akteuren charakterisieren:
Die erste Gruppe wird aktiv, wenn Standards etabliert und das Netz „sicher“ ist. Eine zweite Gruppe wartet ab, bis andere das Terrain sondiert haben, um dann diesen Erfolgsrezepten zu folgen. Gruppe drei hat die Relevanz erkannt und berücksichtigt das Thema Digitalisierung im Rahmen von Entscheidungen. Die vierte Gruppe treibt das Thema aktiv voran und nutzt die eigenen Kapazitäten und Potenziale, um den Wandel möglichst schnell in die Praxis zu überführen. Sie hat die Bedeutung erkannt und betrachtet Digitalisierung als strategisch wichtig fürs Unternehmen, angefangen von innovativen, neuen Angeboten bis hin zu einer Neuausrichtung der Geschäftsstrategie.
Was das konkret bedeutet, zeigt das Beispiel MAPAL. Der Hersteller von Präzisionswerkzeugen hat seine Werkzeugverwaltung mit Hilfe von IoT und der SAP Cloud Platform digital vernetzt und kann nun mittels vorausschauender Analyse rechtzeitig für notwendige Ersatzteile sorgen und so Produktionsausfälle verhindern.
UPS setzt weit über die Zustellung von Paketen hinaus auf neue smarte Technologien und will sich damit zusätzliche Wertschöpfungsoptionen erschließen. So setzt das Logistikunternehmen auf 3D-Drucker zur Fertigung von Prototypen und Produktteilen. Durch diesen Ansatz können ausgewählte Ersatzteile an Ort und Stelle produziert und sofort an den Kunden versandt werden.
Der HOERBIGER Konzern stellt Kompressor-Stationen bereit, mit deren Hilfe sich Öl oder Gas aus nahezu erschöpften Quellen fördern lassen. Nach Integration der Kompressoren in digitalisierte Prozesse erfolgen regelmäßige Routine-Kontrollen nun virtuell. Früher war hier ein Techniker erforderlich, der zu den meist weit abgelegenen Öl- oder Gasfeldern reisen musste. Heute lassen sich die Anlagen in Echtzeit kontrollieren.
Die digitale Transformation, IoT und Industrie 4.0 basieren vor allem auf Software. Innovationen entstehen, wenn Geräte oder Maschinen funktioneller werden.
Langfristig denken rentiert sich – auch beim ROI
Vor der Wertschöpfung steht die Investition – und damit automatisch die Frage nach dem ROI. Digitalisierung hat häufig sinkende Kosten oder die Erschließung neuer Einnahmequellen aus zusätzlichen Funktionen oder Dienstleistungen zum Ziel. Eine universelle Methode zur Rentabilitätsberechnung von solchen Projekten ist aber nicht immer möglich, weil vielfach noch keine Erfahrungswerte vorliegen. Häufi g müssen die entsprechenden Szenarien erst noch entwickelt werden und anschließend einen Praxistest durchlaufen. Nachhaltiger Profi t stellt sich daher unter Umständen erst mit einer gewissen Verzögerung ein.
Für langfristiges Denken in Sachen „Industrie 4.0-Investition“ spricht vor allem der zu gewinnende Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Gerade in wettbewerbsintensiven Bereichen mit hohem Margen- und Kostendruck spielt Profi lierung durch Innovation eine Schlüsselrolle. Aufmerksamkeitsstarke Projekte, überraschende Produkte und Services sind Erfolgsfaktoren und führen letztendlich zum betriebswirtschaftlichen Erfolg.
Starke Partnerschaften machen den Unterschied
Die digitale Transformation, IoT und Industrie 4.0 basieren vor allem auf Software. Innovationen entstehen, wenn Geräte oder Maschinen funktioneller werden. Die Ingenieure in den Unternehmen müssen das wissen, wenn sie die entsprechenden Entscheidungen des Managements umsetzen sollen. Natürlich muss ein Maschinenbauer kein Informatiker sein. Aber die Vielzahl neuer Technologien sowie ihre rasante Weiterentwicklung erfordern viele neue Kenntnisse, die einzelne kaum noch beherrschen können. Starke Partnerschaften mit Industrie und Wissenschaft sind eine Lösung, um dieses Dilemma zu bewältigen.
Strukturiert zu Innovationen
Themen und Technologien wie Cloud, Big Data, Machine Learning, Blockchain, Advanced Analytics und Data Intelligence sind ganzheitlich zu sehen und müssen integraler Bestandteil eines ERP- und anderer Systeme sein, um nachhaltigen Erfolg in Digitalisierungsszenarien zu erzielen. Unter der Dachmarke „Leonardo“ fasst SAP die neusten und innovativsten Technologien im Lösungsportfolio zusammen, um Kunden auf ihrer Suche nach Innovationen eine rasche Übersicht zu ermöglichen. Insbesondere Machine Learning, Blockchain und IoT-Lösungen im SAP Portfolio gilt dabei die größte Aufmerksamkeit.
Gemeinsam mit Kunden, Industrieexperten und Projektleitern aus Innovationsprojekten erarbeitet SAP auf Grundlage über vierzigjährigen Know-hows und der strukturierten Kreativitätstechnik einen planbaren Weg in die Innovation.
Unsere Unternehmen haben alle Chancen, den führenden Industriestandort Deutschland gerade auch im Zeitalter der Digitalisierung weiter auszubauen. Die Werte, die „Made in Germany“ zum weltweiten Standard für Qualität gemacht haben, gelten nach wie vor. Die Möglichkeiten der Innovation sind heute vielfältiger denn je und noch lange nicht ausgelotet. Stellen wir jetzt die Weichen für die Zukunft!
Dr. Daniel Holz
Geschäftsführer SAP Deutschland SE & Co. KG.
Dieser Beitrag ist Teil der aktuellen Ausgabe des Handelsblatt Journals „Die vernetzte Industrie“, das Sie hier erhalten können