Hintergrund
Ziel einer modernen und leistungsfähigen Controlling-Funktion ist die kontinuierliche Steigerung von Effektivität und Effizienz, um die Entscheidungsfindung in den Unternehmen noch besser und zielgerichteter zu unterstützen. Traditionell sind die Kapazitäten innerhalb der Controlling-Funktion ungleich zwischen Beschaffung sowie Aufbereitung und der Interpretation von Daten verteilt. Die Datenaufbereitung nimmt oft zwischen 60 und 70% der verfügbaren Ressourcen im Controlling in Anspruch (1). Dennoch zeichnet sich der Trend ab, dass sich die Controlling-Funktion von einer reinen Unterstützungsfunktion und der Rolle„Hüter der Zahlen“ zum Business Partner mit signifikantem Einfluss auf Entscheidungsprozesse weiterentwickelt. PwC Studien unterstreichen diese Entwicklung. Bereits 25% der Kapazität in der Finanzfunktion werden darauf verwendet, ein fundiertes Geschäftsverständnis zu erlangen. Dies stellt einen Anstieg um 40%gegenüber 2009 dar (2).
Aktuelle Herausforderungen im Controlling sind dementsprechend die Stärkung des Business Partnering, stetige Anpassung an die Veränderungsgeschwindigkeit der Geschäftsmodelle und die Anforderung an die Finanz-Organisation, sich kontinuierlich und ohne Qualitätsverluste kosteneffizient aufzustellen. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, muss die klassische Aufgabenverteilung und Organisationsstruktur der Controlling-Funktion erneuert werden. Unternehmen profitieren von der konsequenten Bündelung und Zentralisierung von repetitiven, gleichartigen Aufgaben mit hohem Transaktionsvolumen. Dies ermöglicht eine gesteigerte Effizienz durch Prozessoptimierung, Skaleneffekte und, je nach Standortauswahl, auch Lohnkostenvorteilen.
Spezifische und komplexe Fragestellungen können in Kompetenzzentren gebündelt werden. Die Qualität der Dienstleistung kann dadurch im Vergleich zu einer dezentralen Organisation gesteigert werden. Während in den Bereichen Rechnungswesen, HR, Einkauf und IT Shared Service Center weit verbreitet sind, haben Unternehmen mit der Umsetzung derartiger Strukturen innerhalb der Controlling-Funktion erst begonnen.
Controlling Services als Lösung
Die gezielte Bündelung ermöglicht den Unternehmensfunktionen sich auf ihre Primäraufgaben zu fokussieren und die Leistungserstellung so effizient wie möglich und ohne Qualitätsdefizite zu gestalten. Wichtig für den Erfolg von Controlling-Services-Initiativen ist ein Betriebsmodell mit einer klaren Trennung zwischen Aufgaben mit folgenden Schwerpunkten:
„Compliance und Steuerung“ (zentrale Controlling-Funktion) – Das Ziel der zentralen Organisationseinheit ist die Sicherstellung einer ganzheitlichen Strategieausrichtung des Controllings und der konzernübergreifenden Richtlinienkompetenz. Dabei werden sowohl die Compliance-Anforderungen als auch die Aspekte des Risiko- und Qualitätsmanagements berücksichtigt. Mit Fokus auf die Gesamtunternehmenssicht agiert die Unternehmenseinheit als Business Partner für die oberste Management-Ebene und legt die konzernweit gültigen Richtlinien fest.
„Erkennen und Handeln“ (lokale Controlling-Funktion) – Als Kernbereich einer zukunfts- und kundenorientierten Controlling Organisation wird hier die Rolle des Business Partners wahrgenommen. Der Fokus der Aufgaben liegt auf der Interpretation von Geschäftsdaten, um wesentliche Erkenntnisse der Unternehmensleistung und belastbare Prognosen abzuleiten. Diese Leistungen werden lokal in unmittelbarer Nähe zum operativen Betrieb erbracht und sind möglichst eng mit operativen Funktionen verwoben.
„Effizienz“ (Shared Service - Center of Scale) – Durch die Standardisierung, Optimierung und Automatisierung der Prozesse werden transaktionale Aufgaben (z.B. Datenaufbereitung und -bereitstellung) zentral in einer Shared Service Center Organisation durchgeführt. Die wesentliche Zielsetzung liegt bei der Erbringung von klar definierten Leistungen in einer durch den Kunden festgelegten Qualität und Frist sowie bei hoher Produktivität und möglichst niedrigen Kosten.
„Exzellenz“ (Shared Service - Center of Excellence) – Auch konzernübergreifende, komplexere Spezialaufgaben werden gebündelt. Durch die Vereinheitlichung und Harmonisierung unternehmensweiter Methoden wird eine höhere Transparenz und Effektivität erreicht (z. B. die stringente Aufbereitung von Business Case Kalkulationen in einer vorgegebenen Struktur sowie Standard-Layout).
Die Umsetzung
Die Umsetzung von Shared Service Ansätzen im Controlling stellt das Unternehmen auch vor neue Herausforderungen, die sich aus den Besonderheiten des Controllings ableiten lassen:
- Organisatorische Verflechtung mit dem operativen Betrieb: Schwerpunkt der Tätigkeiten im Controlling sind die Bedienung von geschäftsspezifischen Anforderungen sowie die zeitnahe, belastbare Abdeckung des Managementinformationsbedarfs. Das Eigenverständnis des Controllings erfordert die Nähe zumoperativen Betrieb. Eine klare Ausdifferenzierung von Tätigkeiten in Informationsermittlung, -aufbereitung und -analyse findet bisher nicht statt. Daraus ergibt sich eine Komplexität bei der Identifizierung von bündelungsfähigen Aufgaben.
- Fragmentierung der Controlling-Tätigkeiten: Lokale Controlling-Funktionen sind häufig sehr dezentral und kleinteilig organisiert (z. B. ein Controller pro Business Unit und Land). Eine Herauslösung von Tätigkeiten erfordert die Konsolidierung und Reorganisation des Controllings zur Realisierung von Effizienzvorteilen.
- Geringer Standardisierungs- und Automatisierungsgrad: Individuelle ad hoc Anfragen und das Fehlen von externen Regularien wie im Accounting begünstigen eine mannigfaltige Berichtslandschaft. Daten der einzelnen Geschäftseinheiten und Regionen werden in unterschiedlichen Systemen verwaltet (3.) Diese Heterogenität erhöht den manuellen Aufwand in der Berichterstellung; vorherrschendes Medium sind Tabellenkalkulationen wie Microsoft Excel. Projekte zur Standardisierung des Berichtswesens zeigen, dass ca. 80% der bestehenden Berichte harmonisiert werden können. Eine Harmonisierung oder gar Standar–disierung bietet dann die Grundlage für eine weitere Automatisierung. Eine vollständige Standardisierung in dezentralen Strukturen ist jedoch keinesfalls eine Grundvoraussetzung für die Umsetzung von Shared Services im Controlling. Vielmehr lassen sich Standardisierungsmaßnahmen in bereits zentralisierten Strukturen deutlich effizienter und prozesssicherer umsetzen.
Ausblick
Unsere jüngsten Studien sagen voraus, dass Top-Performer bis 2030 keine Zeit mehr für Datenerhebung aufwenden müssen, da sämtliche Prozesse vollautomatisiert ablaufen (4.) Der klassische Chief Financial Officer (CFO) wird sich zu einem Chief Performance Officer (CPO) weiterentwickeln und mithilfe gezielter Entscheidungsunterstützung einen signifikanten Beitrag zur Entwicklung und Erreichung strategischer Ziele leisten. Zunehmend werden bereits existierende Accounting Shared Service Strukturen mit Controlling Tätigkeiten und anderen Funktionen erweitert; es entstehen multifunktionale Shared Services(Multitower) d. h. eigenständige Service Organisationen in Konzernen. So lassen sich nicht nur weitere Kosteneinsparungen und Effizienzpotentiale durch eine gemeinsame (IT- und HR-) Infrastrukturrealisieren, sondern auch qualitative Vorteile erzielen, z. B. durch ein ganzheitliches Nachfragemanagement oder eine funktionsübergreifende Prozesssteuerung. Die Bündelung von Services anhand der Charakteristika von Aktivitäten wird die Funktionen der Unternehmen nachhaltig verändern. Sowohl die Effizienz in Prozessen als auch die Qualität der Services werden steigen.
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1 „Unlocking Potential: Benchmarking-Studie zur Leistungsfähigkeit
der Finanzfunktion“, PwC, 2014
2 „Unlocking Potential: Benchmarking-Studie zur Leistungsfähigkeit
der Finanzfunktion“, PwC, 2014
3 „Unlocking Potential: Benchmarking-Studie zur Leistungsfähigkeit
der Finanzfunktion“, PwC, 2014
4 „Finance matters: Finance function of the future“, PwC, 2013
Autoren:
Gori von Hirschhausen, Partner, Management Consulting, PricewaterhouseCoopers AG
Diana Waggershauser, Senior Manager, PricewaterhouseCoopers AG
Barbara Major, Manager, PricewaterhouseCoopers AG