Trip-Report Stammdatenmanagement

Das zehnte Stammdatenmanagement-Forum (MDM master data management) der IIR Technology (Euroforum) fand am 08./09. Juni wieder in Köln statt. Die Vorträge zeigten diesmal insbesondere neue Aspekte im Stammdatenmanagement wie Mobile und die Cloud, aber auch den Umgang mit Social-Media-Daten und Crowd-Sourcing (Beispiel Transfermarkt: Pflegen von Fussballinformation durch die Fans) im Kontext von Stammdatenmanagement. Die fortschreitende Digitalisierung der Unternehmen zeigt inzwischen auch deutliche Auswirkungen im Stammdatenmanagement.

Daneben wurden natürlich auch die Dauerbrennerthemen intensiv abgehandelt: Datenqualitätsmanagement (DQM), Stammdatenmanagement-Architekturen und die Organisation von Stammdatenmanagement.

Lesen Sie hier auch das Interview mit Dr. Wolfgang Martin zu den 5 Top-Trends im Stammdatenmanagement

5 Top-Trends im Stammdatenmanagement

Zum 10jährigen Jubiläum (Dieses Forum habe ich von Anfang an geleitet und moderiert) hatte ich die Aufgabe, einen Rück- und Ausblick zum Stammdatenmanagement zu geben. Vor 10 Jahren waren die bestimmenden Themen die Service-Orientierung von Stammdatenmanagement, die Funktionalität und Architektur eines Stammdaten-Servers, Lebenszyklusmanagement von Stammdaten und nicht zu vergessen die Erfolgsfaktoren. Vor 5 Jahren ging es im Wesentlichen um integriertes Stammdatenmanagement, Data Governance, um die Bausteine von Stammdatenmanagement-Programmen sowie um Nutzenpotenziale und das Finden des Business Case. Sehen wir ehrlich, so vollständig gelöst sind alle solchen Herausforderungen in vielen Unternehmen immer noch nicht! Als neue Trends wurden diskutiert Total-Quality-Management-Ansätze im Stammdatenmanagement, Multi-Domänen-Stammdatenmanagement, Kollaboration auch über Untergrenzen hinweg, neue Technologien wie NoSQL-Datenhaltungssysteme sowie Herausforderungen durch Big Data.

Fachbeiratsmitglied Dr. Jan Philipp Roweder (Roche Diagnostics) unterstrich in seinem Beitrag „Kundendaten auf mobilen Endgeräten: Emotionalisierung führt zu hoher Benutzerakzeptanz“ die Wichtigkeit der DQ-Dimensionen Zugänglichkeit, Übersichtlichkeit, Bearbeitbarkeit und Verständlichkeit. Hier ist Mobiltechnologie ein mehr als nützliches Hilfsmittel. Dazu kommen durch Geo-Kodierung von Kundendaten neue Anwendungsfelder hinzu, die dem Außendienst neue Aspekte vermitteln. Die Lokalisierungsfunktion kann übrigens durch den Nutzer abgeschaltet werden. Damit stellt sich auch die Frage einer Kontrolle des Außendienstes durch mobile Medien erst gar nicht.

Ulrich Stein von der Zürcher Kantonalbank diskutierte in seinem Beitrag zu Stammdatenarchitekturen die Wichtigkeit des logischen Datenmodells eines Repositories. Er zeigte am Beispiel der Modellierung der Kundendaten seiner Bank die Vorteile und Stärken eines Entity-Relationship-Modells. So lassen sich auch komplexe Datenstrukturen wie die von Partnern, die in einer oder mehreren Rollen auftreten und auch Beziehungen untereinander haben, elegant lösen – in meinen Augen eine Best Practice. Bemerkenswert auch seine Ausführungen zu bi-temporaler Datenhaltung zur Herstellung einer vollen Nachvollziehbarkeit. Die Lösung der Bank ist eine Eigenentwicklung, die mit einem Model-Driven-Ansatz weiterentwickelt wird.

Sehr gut kamen bei den Teilnehmern die Beiträge von Sabine Schnabel (Stadt Mannheim) und Frank Nicolay/Joachim Ludwig (Esprit/Basycon) an. Sabine Schnabel zeigte den Weg einer kommunalen Verwaltung von der Datenhaltung zum Stammdatenmanagement. Fazit: Kommunen haben die gleichen Probleme wie Unternehmen! Es kommt vor allem auf die Definition von Stammdaten an. Hier ist ein auf ITSM basierter Ansatz sehr hilfreich. Der Weg der Stadt Mannheim war insgesamt lang (4 Jahre), aber die Erfolge können sich sehen lassen. Ein „Neben“-Produkt ist beispielsweise eine BOYD-Politik für mobile Geräte auf Basis von vorbildlichem Gerätemanagement. Bei Esprit ging es um das Managen von Stammdaten kurz- und schnelllebiger Produkte. Durch Professionalisierung des Stammdatenmanagements konnte ein Effizienzfaktor von 10 bei gleichzeitiger Verringerung des Fehlerpotenzials erreicht werden.

Viele Fragen und anregende Diskussionen erzeugte der Beitrag von Rudolf Pfaffenzeller (Allianz Global Corporate & Speciality) mit seiner Case Study. In einem Versicherungsunternehmen bestimmt Datenqualität die Solvency II-Auswirkungen. Daher kommt es hier ganz besonders auf Data Governance und Change Management an. Er zeigte hierzu Best Practices, die er und sein Team entwickelt haben.

Dirk Breitkreuz (Wingas/Virtimo) zeigte die Potenziale von Social-Media-Daten (LinkedIn, Xing) im B2B-Kundendatenmanagement. Die Aufgabe war in Rahmen eines Innovationsprojektes die richtigen Ansprechpartner in Unternehmen zu identifizieren und zu bewerten sowie die Kundendaten mit den Social-Media-Daten abzugleichen. Fazit: Technisch gesehen überhaupt kein Problem, aber den Mehrwert eines solchen Projektes sollte jedes Unternehmen für sich selbst bestimmen.

Schließlich die Beiträge von Dr. Martin Jursch (Portigon), der Methoden und Verfahren im Financial Data Quality Management vorstellte, von Hendrik Mucke (Miele), der die Auswirkungen der Digitalisierungsstrategie von Miele auf Stammdatenmanagement aufzeigte, und von Dr. Wilfried Hadrys (RWE), der entsprechend zeigte, wie sich die Energiewende auf das Stammdatenmanagement und auf die IT insgesamt auswirkt: Die Kopfzahl in der IT ist seitdem um den Faktor 6 gestiegen.

Die Vorträge waren praxisnah und gaben explizite Tipps und Ratschläge, die man im eigenen Unternehmen entsprechend umsetzen kann. Bestens bei den Teilnehmern angekommen waren die Stammdatentische, in denen die Teilnehmer diskutieren und ihre Erfahrungen und Fragen zum Implementieren von Stammdatenmanagement im Unternehmen, zu den Herausforderungen in internationalen Unternehmen und der Digitalisierung sowie zum Business Case für Stammdatenmanagement einbringen konnten. Davon wünschte man sich noch mehr, aber das lässt sich im nächsten Jahr zweifellos ein- und ausbauen.

Autor: Dr. Wolfgang Martin, Wolfgang Martin Team - powerful connections, Twitter: www.twitter.com/wmartinteam @wmartinteam

Kontakt: Frederic Bleck, Senior Konferenz Manager EUROFORUM | XING

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