Wohin entwickelt sich der Pharmamarkt?

Bei der 19. Handelsblatt Jahrestagung Pharma 2014 haben sich 150 Experten der Pharma-/Gesundheitsindustrie getroffen und zu wichtigen Themen abgestimmt.  Ergänzt mit Marktdaten unserer Referenten ergibt sich daraus ein aktuelles Stimmungsbild der Pharmabranche:

Prognose für Pharmamärkte | Wohin entwickelt sich der Pharmamarkt?

Welches Land wird bis 2017 in die Top 4 der größten Pharmamärkte aufsteigen?

Top-Erwartungen werden diesbezüglich an China gestellt: Für 48,2% gilt China als heißester Anwärter für den Aufstieg in die Top 4 der Pharmamärkte. Indien sehen 17,9%  als vielversprechendsten Kandidaten. Russland dagegen ist nur für geringe 5,4% eine ernstzunehmende Wettbewerbsgröße in der Pharmaindustrie.

Erwartungen, die von den aktuellen Zahlen von IMS HEALTH bestätigt werden: Danach wird sich China als Nummer zwei der größten Pharmamärkte hinter den USA etablieren.

Quelle. Global use of medicines, Dr. Frank Wartenberg, Vorsitzender der Geschäftsführung, IMS Health

In welchem Land würden Sie Ihr nächstes neues Produkt (New Chemical Entity) zuerst launchen?

Wer die Wahl hat… Am geeignetsten erscheint den Befragten GB als Testmarkt für Neueinführungen: 40,4% würden hier mit der Markteinführung beginnen. Danach wurden mit 29,8% Brasilien, gefolgt von Spanien (19,3%) genannt. Die Strategie erscheint erfolgsversprechend, wenn auch die USA nach aktuellen Zahlen eindeutig Markt Nr. 1  für Launches sind.

Fest steht: Bisher schlagen die altbewährten noch die jüngeren Märkte: Trotz des starken Wachstums in den pharmerging Ländern dominieren die etablierten Märkte bei den Launches. Die sechs pharmerging Märkte haben, über 5 Jahre gesehen, zusammen einen kleineren Anteil an den Launchumsätzen als die einzelnen etablierten Märkte.

Quelle. Global use of medicines, Dr. Frank Wartenberg, Vorsitzender der Geschäftsführung, IMS Health

Welchen Umsatz werden Biosimilars 2020 weltweit erreichen?

Rosige Aussichten für  Biosimilars: Die Experten von IMS HEALTH sehen den zukünftigen Umsatz sogar noch optimistischer als die Befragten:

Quelle. Eigene Umfrage, EUROFORUM

Quelle. Global use of medicines, Dr. Frank Wartenberg, Vorsitzender der Geschäftsführung, IMS Health

Wie ist Ihre Meinung zu differenzierten Erstattungsmodellen?

So differenziert wie die Erstattungsmodelle ist auch das Meinungsbild unter den Teilnehmern: Jeweils 40 % halten das Modell entweder für sinnvoll, aber nicht durchsetzbar oder sind diesbezüglich meinungslos.  Lediglich 13,3% sind der Meinung, es handele sich  um eine sinnvolle Maßnahme gegen hochpreisige Scheininnovationen; nur eine Minderheit von 6,7% geht von einem Trick der Lobbyisten aus, die Interessen der Pharmaindustrie durchzusetzen.

Welcher Ansatz von differenzierten Erstattungsmodellen sollte im Zuge der nächsten Gesundheitsreform umgesetzt werden?

Die Mehrheit der Befragten (57,4%) halten besonders bei teuren Medikamenten eine Preisbildung nach Outcomes in der Versorgungswirklichkeit – in Anlehnung an die Modelle in den Niederlanden oder Frankreich – für sinnvoll. 31,5% sehen eine Differenzierung nach Indikationen analog zu dem Schweizer Beispiel als einen robusten Ansatz und glauben, dass dieser die Probleme der Mischpreiskalkulation lösen hilft. Für 11% erscheint der Mischpreisansatz des AMNOG als genau der richtige Ansatz. Sie sehen eine Weiterentwicklung für nicht erforderlich.

Für welchen Zweck haben Sie bisher frühe G-BA Beratungen angefragt?

Gefragt wurde, ob die Beratung des G-BA eher für die zweite oder dritte Planungsphase in Anspruch genommen wird: Mehr als die Hälfte nutzten die Expertise des G-BA für die Planung der Phase 3-Studien, nur 10%  bereits für die Phase 2 und 35% in beiden Phasen.

Wie hoch ist der Apothekenverkaufspreis in Deutschland bei einem rezeptpflichtigen Medikament, welches der Hersteller für 1 Cent verkauft?

Dass die Marge sehr hoch ist, war allen Befragten bewusst; knapp die Hälfte tippte auf einen Endpreis von 8,51 € und kam dem tatsächlichen Apothekenverkaufspreis dabei sehr nah.

Quelle. Global use of medicines, Dr. Frank Wartenberg, Vorsitzender der Geschäftsführung, IMS Health

Welche regulatorischen Instrumente werden wahrscheinlich in Zukunft für Biosimilars eingesetzt werden?

38,2% gehen davon aus, das Biosimilars In der Nutzenbewertung nach AMNOG einen Sonderstatus erhalten werden, um ihre Vermarktung attraktiver zu machen. 30,9% erwarten gemeinsame Festbetragsgruppen mit Biosimilars und dem Bio-Original und weitere 30,9% rechnen mit Quoten zur Steigerung des Biosimilar-Marktanteils.

Wie identisch und wirkungsgleich werden verschiedene biologische Produkte zukünftig untereinander sein können?

Eine nachgewiesene Identität und Wirkungsgleichheit wird es bei biologics gar nicht geben, meint die satte Mehrheit mit 60,4%. Ein Drittel ist der Ansicht, das biologische Produkte sich zukünftig wie small molecules in einer vergleichbaren Klasse (z.B. Statine oder DPP4-Inhibitoren) angleichen und 6,3% schätzen die Entwicklung so ein, dass sich die Produkte so vergleichbar wie reine Generika bei den small molecules verhalten werden.

Wie sieht das langfristige kommerzielle Modell für Biosimilars aus?              

Jetzt wird es kreativ: Es wird eine ähnliche Marktdynamik wie im früheren "Branded Generics" Markt entstehen, prognostizieren 34,5% der Befragten. Aufgrund der Komplexität der Produkte wird ein klassisches Spezialisten-Vertriebs-Modell langfristig dominieren, glauben 22,4%. Die meisten sind jedoch der Ansicht, dass sich langfristig auch hier ein von den Kassen dominierter ausschreibungs-getriebener Markt entwickeln wird.

 

Kontakt: Niklas Phlippen, Konferenz Manager EUROFORUM | XING

Friederike Rennen, Konferenz-Managerin EUROFORUM | LinkedIn