Im Aufschwung: Personalisierte Medizin
Mit dem Schlagwort „Personalisierte Medizin“ wird das immer häufigere Phänomen bezeichnet, dass Patienten vor der Anwendung eines Arzneimittels mit Hilfe molekularbiologischer oder –genetischer Verfahren untersucht werden um festzustellen, ob das betreffende Arzneimittel in ihrem konkreten Fall wirksam ist, ob es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen kann, die eine Anwendung ausschließen oder welche Dosis des Arzneimittels am besten geeignet ist.
In Deutschland ist bereits in über 30 Fällen ein solcher diagnostischer Test vor Therapiebeginn in der Fachinformation des betreffenden Arzneimittels entweder zwingend vorgeschrieben oder empfohlen. Personalisierte Medizin setzt die Entwicklung sogenannter Biomarker und in vielen Fällen auch besonderer diagnostischer Verfahren, sog. „Companion Diagnostics“, voraus. Companion Diagnostics werden in der Regel im Labor (in vitro) an entnommenem Gewebe angewandt und unterliegen daher gegenwärtig den Bestimmungen der EG-Richtlinie 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika bzw. in Deutschland den Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes.
In dem von der EU-Kommission im September 2012 vorgelegten Entwurf einer EU-Verordnung über In-vitro-Diagnostika (COM(2012) 541 final) werden Companion Diagnostics erstmals als eigene Produktgruppe behandelt. Sie sollen zukünftig ein besonderes Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen, das unter anderem eine Abstimmung zwischen der Benannten Stelle und der EMA vorsieht. Der Entwurf befindet sich derzeit im EU-Gesetzgebungsverfahren, das nach Schätzung von Experten wegen der zwischenzeitlichen Wahlen zum Europäischen Parlament nicht vor dem ersten Quartal 2015 beendet sein dürfte.
Wer ein „personalisiertes“ Arzneimittel mit vorgeschriebenem diagnostischem Test in den Verkehr bringen will, steht nicht nur vor der Herausforderung, zeitgleich eine Zulassung nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften und eine ganz anders geregelte Konformitätsbewertung für ein In-vitro-Diagnostikum erreicht haben zu müssen. Auch die Kostenübernahme durch die Gesetzliche Krankenversicherung folgt bei Arzneimitteln gänzlich anderen Regeln als bei Diagnostika, bei denen wiederum zwischen ambulanter und stationärer Anwendung zu unterscheiden ist. Ist die Entwicklung des Biomarkers und/oder des begleitenden Diagnostikums – wie häufig – Gegenstand einer Kooperation zwischen verschiedenen Unternehmen, sollten die unterschiedlichen Anforderungen und Geschwindigkeiten bei der klinischen Entwicklung, im Zulassungsverfahren und im Hinblick auf die Kostenübernahme der GKV von vornherein angemessen berücksichtigt werden.
Autorin: Personalisierte Medizin von Dr. Manja Epping. Taylor Wessing
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