Globale Trends zur Entwicklung des  Outsourcing für die Finanzindustrie

In den Jahren 2012 und 2013 haben zwei weltweite Studien die aktuelle Bedeutung und die zukünftige Entwicklung des Outsourcing für die Finanzindustrie untersucht.  Grundsätzlich lässt sich erkennen, dass BPO (Business Process Outsourcing) und KPO (Knowledge Process Outsourcing) das IT-Outsourcing als Wachstumstreiber abgelöst haben. Weiterhin zeigt sich eindeutig, dass die Anforderungen an erfolgreiches Outsourcing immer stärker auf “Innovation“ und „Wertschöpfung“ ausgerichtet sind. „Kostensenkung“ und „Standardisierung“ werden als notwendige Voraussetzung, aber nicht als Unterscheidungsmerkmal für die besten Outsourcing-Dienstleister wahrgenommen.

Globale Trends zur Entwicklung des  Outsourcing für die Finanzindustrie

Ein Blick über die Grenze

Im Beitrag werden die Kernaussagen aus zwei Untersuchungen zur Bedeutung des Outsourcing für die Finanzindustrie zusammengefasst und kommentiert.  Quellen sind die Studien  „Mastering HighPerformance BPO“  von Accenture und Everest Group, unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Leslie Wilcocks (London School of Economics) und Prof. Mary Lacity (Univ. of Missouri-St. Louis), 2012/13 und  „Outsourcing: The New Normal“ von KPMG und HfS Research 2013.

1. Trotz nach wie vor bestehender Kostenvorteile im Offshoring kommt Outsourcing „nach Hause“

Aus der Sicht eines Westeuropäers ergeben sich im laut Studie im Jahr 2012 in vereinfachter Darstellung  folgende Arbeitskosten in den möglichen Destinationen für ein Business Process Outsourcing.  Hierbei sind neben den reinen Personalkosten vor Ort zusätzlich die Kosten für lokale Infrastruktur (zunehmend werden Energiekosten in den Offshore Destinationen zu einem kritischen Kostenfaktor), sowie für das Projektmanagement auf Seiten des Auftraggebers eingerechnet.

Abb. Anteil der Arbeitskosten im vergleich

(Für Deutschland wird dieser Kostenvorteil durch den Ansatz von MWSt auf die erbrachte Dienstleistung im Finance Sector praktisch völlig aufgezehrt.)

Neue BPO Vereinbarungen werden zunehmend mit spezialisierten Dienstleistern abgeschlossen, die ihre Leistung im gleichen Land wie der Auftraggeber erbringen. Gründe dafür sind ohne Bewertung und nicht abschließend:

  • Die ausgelagerten Prozesse sind stärker in bestehende Kernprozesse der Auftraggeber integriert
  • Interne und/oder regulatorische Anforderungen zur Risikominimierung

Kleinere Volumina der Aufträge, in denen der Overhead für das Management von Offshoring-Beziehungen die lokalen Kostenvorteile beeinträchtigt.

2. Kostensenkung weiterhin starkes Motiv für Outsourcing, aber bei weitem nicht das einzige

Kostensenkungen und Qualitätsverbesserungen (in der Dienstleistung und im Prozessmanagement) durch BPO sind mittlerweile als selbstverständlich vorausgesetzte Rahmenbedingungen für Outsourcing-Entscheidungen.  Spezifisch für die Finance Industry gilt, dass die Anforderungen aus Compliance und Regulatorik zunehmend zu einem wichtige Entscheidungsfaktor pro Outsourcing werden  und der Zugang zu optimal qualifizierten Mitarbeitern (ausreichend, aber auch nicht massiv überqualifiziert) erstmals unter den Top 5 der Motive für ein BPO auftaucht.

Interessant ist, dass bei den befragten Finanzinstituten aus dem asiatischen Raum die Motive Prozessoptimierung und Skalierbarkeit der Leistung noch vor der Kostensenkung als primäre Motive für das Outsourcing genannt wurden.

Abb. Top 5 Motive für Outsourcing-Entscheidungen (Finanzinstitute / Westeuropa)

3. Outsourcing als ein Baustein zur Erreichung einer nachhaltigen Kostenstruktur

In der KPMG / HfS Research Studie wird die Hypothese aufgestellt, dass auf Basis der Aufwandsstruktur in der Finance Industry (Basisjahr 2012) eine Reduzierung um 20 % eintreten muss, um die Geschäftsmodelle der klassischen Finanzinstitute nachhaltig erfolgreich betreiben zu können.

Als Maßnahmenbündel zur Gestaltung des Überganges auf eine nachhaltige Kostenstruktur werden vorgeschlagen und diskutiert:

  • Facilities costs: Reduzierung der genutzten Ressourcen; gemeinsame Flächennutzung von Personal mit unterschiedlichen Arbeitszeiten; Auslagerung von non-core Prozessen durch Heimarbeit, Outsourcing, Offshoring
  • System costs: Systemrationalisierung; Erhöhung des Anteils standardisierter & automatisierter Prozesse; erhöhte Wertschöpfung aus End-to-End Prozessmanagement; Reduzierung & Standardisierung von Schnittstellen; Cloud, Big Data, permanente Connectivity
  • Personnel costs: Standardisierung & Automatisierung von Kernprozessen; Vereinbarung interner und externer Service Level für Dienstleistungen; Outsourcing; Einsatz von right skilled people; optimale Förderung von High Performern; Continuous Imrpovement

Abb. Übergang zu nachhaltiger Kostenstruktur

 

 

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Outsurcing sich als nachhaltiger Baustein der Prozessorganisation erfolgreicher Unternehmen etabliert hat und – so wie die internen Geschäftsprozesse – Beiträge zur Wertschöpfung und Dienstleistung für die Kunden des Auftraggebers zu liefern hat. „Benefits beyond cost“ (sinngemäß: Nutzen über die Kostenoptimierung hinaus“) ist der neue Imperativ für erfolgreiches Outsourcing.

Autor: Heimo Saubach (Geschäftsführer), PPA Gesellschaft für Finanzanalyse und Benchmarks mbH