Der erste Schlüssel zur Lösung liegt darin, den Kunden und sein individuelles Potenzial besser zu verstehen. Dieser galt vielen Energieversorgern bisher als preisorientierter Sparer, der wenig mehr er wartete, als günstig mit Strom oder Gas beliefert zu werden. Entsprechend positionierten sich viele Anbieter über den niedrigen Preis auf dem Markt. Dabei übersahen sie, dass die Zahl der anspruchsvollen Kunden, die sich mit Energiethemen intensiv beschäftigen und off en für neue Energiedienstleistungen sind, beständig zugenommen hat.
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Diese Gruppe schaut nicht allein auf den Preis, sondern erwartet auch innovative Lösungen und Komfort rund um die eigentliche Lieferung von Strom und Gas. Sie interessieren sich beispielsweise für das Energie management im Privathaushalt, neue Technologien zur Steuerung der Haustechnik, Smart Metering oder Konvergenz unterschiedlicher Angebote und Dienstleistungen rund um den Haushalt. Diese Klientel müssen die Energieversorger zukünftig stärker in den Fokus rücken, denn sie wird weiter wachsen.
Den Versorgern kommt zu Gute, dass sie bei den Verbrauchern bereits ein sehr hohes Ansehen genießen: 37 Prozent vertrauen ihrem Energieanbieter voll und ganz, so die neue ‚New Energy Consumer‘- Umfrage von Accenture. Damit liegt das Vertrauen weit über den Werten für andere Organisationen oder Dienstleister. Dieser Vertrauensvorschuss ist eine wichtige Grundlage, um neue Angebote erfolgreich im Markt zu platzieren. Jedoch müssen die Versorger ihre Vertriebsstrategien zunächst noch stärker an den Bedürfnissen und Gewohnheiten der Kunden ausrichten. Dazu zählt insbesondere, dieInteraktion über digitale Kanäle auszubauen.
Digital ist keine Randerscheinung
In der Digitalisierung liegt der zweite Schlüssel für den zukünftigen Geschäftserfolg der Energieversorger. Zum einen ist ein gutes Online-Angebot ein wirkungsvolles Instrument zur Kundenbindung, andererseits entstehen im Zuge der Digitalisierung komplett neue Geschäftsmodelle. Verglichen mit anderen Branchen, wie etwa den Finanzdienstleistern oder Einzelhändlern, haben die Energieversorger einen starken ‚digitalen‘ Nachholbedarf.
Die Interaktion mit dem Kunden über digitale Kanäle muss heute eine zentrale Rolle in der Vertriebs- und Servicestrategie eines jeden Unternehmens einnehmen. Insbesondere die großen Energieversorger haben hier in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Die kleinen, kommunalen Versorger tun sich hingegen noch schwer, nutzerfreundliche Online-Angebote mit personalisierten Informationen umzusetzen. Investitionen in das digitale Angebot zahlen sich aus: Mit einem guten Online-Auftritt können die Versorger ihre Kunden an sich binden und gerade den anspruchsvollen Energiekundenanz gezielt neue Produkte und Dienstleistungen anbieten.
‚Digital‘ könnte so ein echtes Differenzierungsmerkmal zu den Discount-Anbietern werden. Dabei ist das Online-Portal für die Kunden weit mehr als nur ein unkomplizierter Weg, Adressdaten zu ändern, Zählerstände zu übermitteln oder mit dem Kundendienst in Kontakt zu treten. Laut der ‚New Energy Consumer‘-Studie erwarten 58 Prozent der Befragten hier insbesondere Informationen über neue Energiedienstleistungen oder Tarifoptionen. Das geschieht jedoch noch nicht immer zur vollen Zufriedenheit des Kunden: 45 Prozent der Befragten gaben an, bei der Nutzung digitaler Angebote ihres Versorgers häufig Probleme zu haben. Bemängelt wird insbesondere, dass benötigte Informationen zu schwer aufzufi nden seien, die Nutzerfreundlichkeit
nicht stimme oder das Angebot zu wenig personalisiert sei.
Eine anderer Aspekt der Digitalisierung wird hingegen noch viel weitreichendere Konsequenzen für die Versorger haben: Digitale Daten, die durch Smart Meter, intelligente Haushaltsgeräte oder Smartphones gewonnen werden, bilden die Grundlage für neue Angebote und Dienstleistungen rund um das Energiemanagement und die Steuerung von Haustechnik in Privathaushalten.
Das vernetzte Heim: Für Energieversorger ein Heimspiel
Hier liegt der dritte Schlüssel: Das vernetze Heim ist ein Markt mit riesigem Wachstumspotenzial. Bei etwa 41 Millionen Wohnungen in Deutschland wird schnell klar, warum das so ist. Noch ist das ‚Smart Home‘ ein Zukunftsthema, aber der Markt entwickelt sich im rasanten Tempo: Hausgerätehersteller, Telekommunikationsanbieter und Internetfirmen wie Google oder Apple arbeiten mit Hochdruck an neuen Angeboten.
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Die Versorger können von dieser Entwicklung in großem Umfang profitieren, wenn sie sich bereits heute positionieren und ihre Stärken nutzen. Die Ausgangslage ist denkbar gut, denn einen Großteil der Expertise und Infrastruktur, die für das vernetzte Haus benötigt werden, besitzen sie bereits. Letztlich wird sich der Anbieter am Markt durchsetzen, der verschiedene Lösungen rund um das vernetzte Haus integriert und zu einem attraktiven Paket bündeln kann.
Der Grund dafür ist banal: Verbraucher mögen es einfach! Eine integrierte Lösung von einem Anbieter senkt die Eintrittsbarriere erheblich. Das belegt auch die ‚New Energy Consumer‘-Umfrage, laut der 66 Prozent der Befragten beim vernetzten Heim eine ‚Smart Home‘- Lösung aus einer Hand bevorzugen. Hier kommt den Versorgern auch wieder ihr Vertrauensvorschuss zu Gute: 56 Prozent der Verbraucher würden bei ‚Smart Home‘-Lösungen auf Angebote des eigenen Strom und Gasanbieters zurückzugreifen. Ganz konkret könnte sich mehr als ein Viertel der Verbraucher (27 Prozent) vorstellen, Angebote des Versorgers für die ortsunabhängige Steuerung und Überwachung von Haustechnik und Hausgeräten zu nutzen.
Die Energieversorger sollten diesen doppelten Startvorteil – hohes Vertrauen der Kunden und starke Expertise beim Energiemanagement – nun nutzen, um sich als Anbieter für das vernetzte Heim zu etablieren. Es besteht kein Grund, das Spielfeld allein den Googles und Apples dieser Welt zu überlassen.
Autor: Ralph C. Trapp, Geschäftsführer des Bereichs Energiewirtschaft, Accenture
Kontakt: Katharina Müller, Content Marketing Manager EUROFORUM | XING