Mobilität von morgen

16.12.2016Auto & ProduktionFuture Mobility, Elektromobilität, MobilitätssektorDie deutsche Automobilindustrie auf dem Weg in die Zukunft

Elektromobilität, automatisiertes Fahren und neue Mobilitätsangebote sind in aller Munde. Die deutsche Automobilindustrie ist schon heute in der Zukunft angekommen.


Sie ist Spitzenreiter, wenn es um die Entwicklung und den serienreifen Einsatz von automatisierten Systemen im Fahrzeug geht – Hersteller und Zulieferer haben mit 58 Prozent weltweit den höchsten Anteil an Patenten im Bereich des automatisierten Fahrens. Deutschland ist zudem Leitanbieter für Elektromobilität, kaum eine andere Automobilnation hat ein solch vielfältiges Angebot von Elektrofahrzeugen im Markt. Und auch im Bereich der Mobilitätskonzepte müssen unsere Unternehmen keinen Vergleich scheuen. So führen zwei große heimische Automobilhersteller den deutschen Carsharing-Markt mit ihrem „Free-Floating“- Angebot an und haben bereits mehr Fahrzeuge auf der Straße als alle stationsgebundenen Carsharing-Anbieter zusammen.

Dennoch befinden wir uns aktuell mitten in einem tiefgreifenden Systemwandel, der insbesondere den Verkehrssektor herausfordert. Die Stichworte lauten Dekarbonisierung und Verkehrswende. In Teilen der Öffentlichkeit wird sogar ein gänzliches Verbot des Verbrennungsmotors diskutiert.

Dabei setzt vor allem die deutsche Automobilindustrie seit Jahren erfolgreich auf technologieneutrale Effizienzmaßnahmen, um das größtmögliche Potential zur CO2-Reduzierung zu heben. Lag 1995 der CO2-Ausstoss fast aller EU-Neufahrzeuge noch über 130 g/km, so sind es im Jahr 2015 weniger als 30 Prozent, die mehr emittieren. Daneben werden weiterhin hohe Investitionen in die Forschung und Entwicklung von Elektrofahrzeugen getätigt, obwohl die Nachfrage noch immer hinter den Erwartungen liegt. Öffentlichkeit und Politik, aber auch die Hersteller selber müssen sich bewusst machen, dass die Einführung einer neuen Antriebsform eher mit einem Marathonlauf als mit einem Sprint zu vergleichen ist. Daher gilt es die Marktentwicklung voran zu treiben, attraktive Angebote für den Kunden zu bieten und die noch fehlende Ladeinfrastruktur aufzubauen. Der Kunde muss die Gewissheit haben, jederzeit und einfach laden zu können. Der von der Bundesregierung im Juni dieses Jahres beschlossene Umweltbonus sowie die Zusage, den Auf- und Ausbau der Ladeinfrastruktur mit 300 Millionen Euro zu fördern, setzen hier die richtigen und wichtigen Impulse.

Für die etablierten Automobilhersteller wie auch für die neuen Akteure im Markt gilt jedoch, dass sie ausreichend Gestaltungsspielraum für Innovationen brauchen.

Technisch betrachtet ist für einen effizienten Klimaschutz aber das Gesamtsystem aus Antrieb und Fahrzeug entscheidend. Ein Elektroauto ist nur dann ein Null-Emissionsfahrzeug, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien stammt. Das gleiche gilt jedoch auch für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren – ist der Kraftstoff regenerativ bzw. CO2-neutral produziert, ist deren CO2-Bilanz auch gleich Null. Die Automobilindustrie setzt hier ihre gebündelten Kräfte ein, um ökonomisch und ökologisch die besten Ergebnisse für mehr Klimaschutz zu erreichen.

Zusätzlich bietet die zunehmende Digitalisierung ganz neue Möglichkeiten für die Verbesserung der Umweltbilanz. Verkehrsbedingte Emissionen können, durch den steigenden Einsatz digitalisierter Systeme zur effizienten Verkehrslenkung, signifikant gesenkt werden. So hat eine gemeinsame Untersuchung des ADAC mit der TU München gezeigt, dass der Einsatz von Verkehrsmanagementsystemen für eine „Grüne Welle“ den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch um etwa 15 Prozent senken kann. Der Rückgang von Feinstaubemissionen läge bei 27 Prozent, und die NOx-Emissionen könnten sogar um 33 Prozent reduziert werden. Hier schlummert noch erhebliches Potential, das sich in den kommenden Jahren durch vernetzte und automatisierte Funktionen im Fahrzeug noch weiter entfalten wird.

Gerade im Bereich der Digitalisierung verändert sich das Wettbewerbsumfeld rasant. Neue Akteure drängen mit disruptiven Geschäftsmodellen und agilen Methoden der Konzept- und Produktentwicklung in den Mobilitätssektor. Wettbewerb und gegenseitiges Interesse liegen hier nah beieinander. Das kann in gänzlich neuen Kooperationen münden, wie etwa dem gemeinsamen Kauf des Kartendienstleisters HERE durch Audi, BMW und Daimler. Die deutsche Automobilindustrie beweist einmal mehr, dass ihre Innovationskraft weit über die reine Produktentwicklung von Fahrzeugen hinausgeht.

Für die etablierten Automobilhersteller wie auch für die neuen Akteure im Markt gilt jedoch, dass sie ausreichend Gestaltungsspielraum für Innovationen brauchen. Starre Regulierungsvorgaben können solche Prozesse hemmen und auch notwendige finanzielle Mittel an der falschen Stelle binden. Die Automobilindustrie braucht Freiräume, in denen sie die optimale Lösung für den Kunden und die Mobilität von morgen entwickeln kann.

 

Matthias Wissmann

 


Matthias Wissmann
Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA)


 

 

Dieser Beitrag ist Teil der aktuellen Ausgabe des Handelsblatt Journals „Die Zukunft der Automobilindustrie“, das Sie hier erhalten können: http://veranstaltungen.handelsblatt.com/journal/die-zukunft-der-automobilindustrie-download/