Interview mit Marc Mundschau (Pfalzwerke Netz AG)
Die Energiebranche befindet sich derzeit in einem umfassenden Transformationsprozess. Was können Vorstände tun, damit die Mitarbeiter diesen Wandel nicht als Bedrohung empfinden?
Wir müssen in der aktuellen Situation unser Geschäft unter die Lupe nehmen. Allerdings zeitgemäß im intensiven Dialog mit unseren Mitarbeitern. Sie kennen sowohl das Geschäft als auch unsere Kunden am besten. Wir wollen den Mitarbeitern die Notwendigkeit, aber auch die Chancen gezielter Veränderung deutlich machen. Dazu binden wir am besten möglichst viele Mitarbeiter in unterschiedliche Aufgaben des Prozesses ein – vom Veränderungsbegleiter, der einzelne Prozesse betreut bis zu Teams, die sich mit Unterstützung um die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle kümmern.
Was müssen die klassischen Energieunternehmen tun, um mit der rasanten digitalen Entwicklung Schritt zu halten?
Mutig sein. Offen für Veränderungen. Agil werden. Digitalisierung richtig verstanden bedeutet grundlegende Veränderung - vom Geschäftsmodell bis zu unserer Art zu arbeiten. Unternehmen stehen darum vor der Herausforderung, agil zu handeln. Das kann eine Organisation, die - gerade auch bei gravierenden Veränderungen - schnell entscheiden, sich schnell verändern und Fehler flexibel korrigieren kann. ‚Agil‘ umfasst die gesamte Organisation - Werte, Prozesse und Verhalten. ‚Agil‘ bedeutet, dass Mitarbeiter eigenverantwortlich handeln können und dürfen, dass sie schnell agieren und ihre Kreativität einsetzen.
Als Treiber der Innovation braucht es „Innovation Leader“. Wer kann bzw. soll diese Rolle im Unternehmen übernehmen und welche Fähigkeiten sind gefordert?
Das Management, besonders das Top-Management, konzentriert sich auf die Vision. Sie unterstützen die Entwicklung der Werte des Unternehmens. Führungskräfte moderieren und befördern den Prozess, sie befähigen Mitarbeiter und begleiten sie bei ihrem Handeln. Um den kontinuierlichen Wandel auf allen Ebenen zu sichern, werden Labs ins Leben gerufen. Labs sind temporäre projektähnliche Einrichtungen. Diese Labs identifizieren und entwickeln neue Angebote und Marktideen aus der Kundenperspektive und setzen sie um. Das geschieht mit dem Markt im Fokus und in enger Anbindung an das bestehende Geschäft. In den Labs nutzen wir bewusst auch branchenfremdes Wissen und externe Partner.
Wie können bestehende große Unternehmen agile Innovation betreiben?
Dafür gibt es kein Patentrezept. Die Pfalzwerke Netz AG hat sich die Erhöhung der Agilität und die Verbesserung der Zielorientierung vorgenommen. Der Weg dorthin führt bei uns über eine Analyse des Reifegrads der Organisation. Daraus haben wir die für uns wichtigsten Handlungsfelder abgeleitet: Die Entwicklung kommunikativer Fitness, die kritische Reflexion, den kontinuierlichen Dialog zu unseren Werte und die Prüfung aktueller Geschäftsmodelle mit dem Ziel der Entwicklung innovativer Modelle.
Welche Entwicklungen erkennen Sie in Bezug auf das Upskilling von Mitarbeitern?
Wir sind überzeugt davon, dass Menschen nach Flexibilität und Verantwortung streben, sie wollen kreativ sein. Führung konzentriert sich darauf, Mitarbeiter zu befähigen und bei ihrem Handeln zu unterstützen. Zeitgemäßes Management bedeutet Agilität und umfasst die gesamte Organisation - Werte, Prozesse, Verhalten. ‚Agil‘ bedeutet eine entsprechende Haltung der Führungskräfte und eigenverantwortlich handelnde Mitarbeiter. Darum geht die Entwicklung der Mitarbeiter nur über Einbindung und Beteiligung.
Wie bindet man den analogen Menschen bestmöglich in digitale Prozesse ein?
Auch dieser Prozess lässt sich am besten durch die intensive Beteiligung der Mitarbeiter gestalten. Die Mitarbeiter haben das Potenzial, das Management hat die Aufgabe, dafür den nötigen Raum und den erforderlichen Rahmen zu bieten. Bereits bei der Auswahl der wichtigen Themen werden Mitarbeiter frühzeitig einbezogen. Das setzt sich in der Entwicklung der Prozesse und Produkte fort. Wir arbeiten beispielsweise aktuell am Einsatz von Augmented Reality-Technologien in der Arbeit unserer Mitarbeiter vor Ort - natürlich unter Beteiligung unserer Fachmonteure aus dem Netzservice.
Marc Mundschau
leitet seit 01. August 2017 als Vorstand die Pfalzwerke Netz AG. Seine Führungsfunktion umfasst die Netzbereiche: kaufmännische Services, Netzmanagement, Netzbau, Netzservice, Strategischer Einkauf, Beschwerdemanagement und Regulierungsrecht.
Schnittstelle Energie Vol. 3 – Interaktive Insights zur Energiewirtschaft
Das Interview mit Marc Mundschau finden Sie auch in der dritten Ausgabe unseres digitalen Magazins.
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