Meldewesen auf Knopfdruck – Bankenaufsicht zwischen Wunsch und Notwendigkeit

26.02.2015FinanceBankenaufsicht, Meldewesen , Regulierung, Banken

Kostentreiber Meldewesen

Aufgrund der immer neuen und tiefgreifenden regulatorischen Änderungen ist das Meldewesen ein so starker Kostentreiber für die Banken geworden, dass die Abwicklung „auf Knopfdruck“, d.h. die Automatisierung der Prozesse, nicht mehr nur ein Wunsch, sondern eine Notwendigkeit geworden ist. Wie realistisch ist dieser Wunsch, und was können Banken tun, um ihn zu verwirklichen?

Bankenaufsicht - Meldewesen auf Knopfdruck – zwischen Wunsch und Notwendigkeit

Der „regulatorische Tsunami“ – Kostentreiber und Herausforderung für die Bank-IT

Die Notwendigkeit des Meldewesens für die Vermeidung einer neuen Finanzkrise ist unbestritten. Dennoch sind die zunehmenden Belastungen der Banken durch immer neue aufsichtsrechtliche Anforderungen ein kontroverser Diskussionspunkt zwischen Banken und Aufsehern. Von einem „regulatorischen Tsunami“ ist die Rede, der die Kosten für die notwendigen IT-Lösungen und das fachliche Know-how immer weiter in die Höhe treibt. Denn Fakt ist, dass die Umsetzung der in CRD IV/CRR I und EBA-ITS definierten Vorgaben und Standards keine einmalige Angelegenheit ist. Die Anforderungen werden stetig um neue, tiefgreifende Änderungen wie beispielsweise AnaCredit (Analytical Credit Data Sets), BCBS 239 und FRTB (Fundamental Review of the Trading Book) erweitert. Außerdem nimmt die Bedeutung von Ad-hoc Reporting und Simulationen für Stress Tests der European Banking Authority (EBA) und der Europäischen Zentralbank (EZB) zu. Die Änderungen erfordern neue, mehrdimensionale Meldungen, die über die bestehenden Daten zum Eigenkapital hinaus zusätzliche Kennziffern zu Risiko, Liquidität und Leverage Ratio umfassen.
Die neuen Richtlinien werden daher auch Auswirkungen auf die Produktportfolios der Banken haben und müssen in die langfristige Planung und das Management einbezogen werden, d.h. die Institute müssen sie aktiv überwachen und steuern, um eventuelle Auswirkungen auf die aufsichtsrechtlichen Kennziffern antizipieren zu können.

Diese Entwicklungen erhöhen die Anforderungen an die IT-Landschaften der Banken – angefangen bei der Verfügbarkeit und Qualität der geforderten, teils sehr granularen Daten über steigende Datenvolumina bis hin zu Anpassung von Architekturen und Prozessen.

„Um unser gemeinsames Ziel zu erreichen, die Finanzmärkte stabiler zu machen, müssen die unterschiedlichen Funktionen einer Banksteuerung – insbesondere Risikomanagement, Meldewesen und die Finanzbereiche – wesentlich besser als bisher vernetzt werden.“
Dr. Joachim Nagel, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank: „Wandel der IT-Anforderungen an Banken durch die gemeinsame Bankenaufsicht“, Eingangsstatement 20. Handelsblatt-Jahrestagung Bankentechnologie.

Industrialisierung und innovative Lösungsansätze als Antwort

Dass angesichts dessen nicht nur auf Seiten der Banken, sondern auch auf Seiten der Aufsicht der Wunsch besteht, die Prozesse zu automatisieren, liegt auf der Hand. Automatisierung minimiert Risiken, denn sie reduziert Fehler und verbessert durch schnellere Verfügbarkeit und höhere Transparenz der Daten die Grundlage für Entscheidungen. Die Automatisierung ist für die Banken jedoch inzwischen auch eine ökonomische Notwendigkeit geworden, denn die Kosten für Compliance steigen immer weiter und die regulatorischen Anforderungen haben zunehmenden Einfluss auf ihr Geschäft.

Daher ist ein starker Trend in Richtung Standardisierung und Industrialisierung im Meldewesen zu verzeichnen, der bei allen Beteiligten Investitionen erfordert. Die EZB hat in neue IT-Lösungen für Datenerhebung und –analyse sowie ein Tool für Workflow-Management und Geschäftsprozesse innerhalb der Joint Supervisory Teams investiert. Auch die Einreichungs- und Korrekturprozesse im Zuge des Single Supervisory Mechanism (SSM) werden weitgehend automatisiert. Die Banken ihrerseits müssen ebenfalls investieren, um die geforderten Daten in entsprechender Qualität und Zeit zu liefern. Dies erfordert Investitionen insbesondere in den Bereichen Datenmanagement, Performance und Integration von Methoden und Systemen.

In Anbetracht der erheblichen Kosten für die Anpassung ihrer IT-Landschaften an die aufsichtsrechtlichen Anforderungen gehen die Banken inzwischen ganz neue Wege. Die österreichischen Banken beispielsweise haben auf Anregung der Oesterreichischen Nationalbank OeNB eine gemeinsame Meldewesenplattform gegründet: die AUREP (Austrian Reporting Services GmbH). Doch nicht nur die Auslagerung des Meldewesens an ein Gemeinschaftsunternehmen ist neu, auch im Bereich des Datenanlieferungsformats hat Österreich einen innovativen Ansatz gewählt. Das beleghafte Meldewesen wird durch einen sogenannten „input-based approach“ basierend auf Daten-Cubes abgelöst. Die österreichischen Banken liefern Mikrodaten zu Einzelgeschäften wie z. B. Krediten in sogenannten „Basic Cubes“ an die Aurep. Diese Basic Cubes werden um weitere Attribute ergänzt und daraus die erforderlichen Meldungen in Form mehrdimensionaler Datenwürfel abgeleitet, die sogenannten „Smart Cubes“.

Der strategische Vorteil dieses Ansatzes: Die „Basic Cubes“ ermöglichen es, die Daten für verschiedene Zwecke wiederzuverwenden und auszuwerten. Auch können die Kosten für die Anpassung an neue Anforderungen deutlich geringer gehalten. Zusätzliche Kosteneinsparungen erzielt das österreichische Modell durch den zentralen Service Provider und die zentrale regulatorische Wartung. „Meldewesen auf Knopfdruck“ ist heute noch mehr Traum als Wirklichkeit, aber Input-based Approach und Outsourcing sind vielversprechende Ansätze.

„The financial crisis has shown that any tailor-made aggregated reporting forms are eventually not flexible enough to cover new data requirements. Instead only microdata and a suitable analytical framework can answer today’s questions.”
Johannes Turner, Director Statistics Department, Oesterreichische Nationalbank, IFC Bulletin No 37, Januar 2014.

“Data integration on the side of the ECB and the other authorities only comes at the end of a data production process the first input of which is in the internal systems of the banks. The ECB has every interest to facilitate and promote integration and standardisation also on the “input side”, in the internal systems of the banks, for only this will ensure coherent information.”
Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, auf der 7th ECB Statistics Conference “Towards the banking Union. Opportunities and challenges for statistics”, Frankfurt, 15. Oktober 2014
 

Autoren: Jürgen Lux, Partner BearingPoint; Dr. Maciej Piechocki, Partner BearingPoint

Kontakt: Kathrin Dietrich-Pfaffenbach, Conference Director, EUROFORUM | XING und Anne Katrin Naber, Sales Director EUROFORUM | XING