In den letzten Jahren stand E-Commerce als Treiber der Nutzernachfrage im Fokus. Würden Sie dies auch für das Jahr 2015 bestätigen?
Der Onlinehandel legt weiter zu und erreicht laut GFK einen Marktanteil von 15,3%.Tendenz weiter steigend. So rechnet die GFK bis 2025 mit einem weiteren Anstieg des Non-Food-Onlinehandels auf ca. 25%. Die traditionellen Einzelhändler prüfen neue Multi-Channel- Konzepte. Diese gehen von der Belieferung durch Kuriere aus den Shops bis hin zu unterschiedlichen Konzepten wo bestellt und wohin geliefert wird. Die Kundenwünsche werden entscheiden. Für Logistikimmobilien bedeutet das: Big Boxes/XXL Hallen als Zentrallager und kleine Einheiten für die Fein-/Feinstverteilung/letzte Meile in der Nähe der Innenstädte.
Sehen Sie den Online-Versand von Lebensmitteln als nächsten starken Wachstumstreiber?
Ja, durchaus. Hier werden viele Konzepte probiert, besonders bei Frischware. Innerstädtische Gewerbeparks und kleine und mittlere Mietflächen in den Städten werden erheblich von der Zusatznachfrage profitieren. Da der Online-Lebensmittelanteil bei unter 1% liegt, sind hier große Wachstumssprünge denkbar. Nicht alle werden für die Anbieter profitabel sein. Und die Frage ist, ob der Kunde für die Lieferung nach Hause bereit ist einen Lieferaufschlag zu zahlen der kostendeckend ist.
Am Schlagwort Industrie 4.0 kommt man derzeit nicht vorbei. Ergeben sich hieraus Änderungen in der Nutzernachfrage?
Ja, sicherlich. Derzeit betrifft es die Intralogistik, hier sind viele Innovationen denkbar. Eine effizientere Produktion mit Robotern und 3D-Druckern kann dazu führen, dass Produktion nach Deutschland zurückgeholt wird da die Zuverlässigkeit, Qualität und Geschwindigkeit auch in der Produktion der unternehmerische Erfolgsfaktor ist. Die dazu benötigten Hallen (light manufacturing) führen dann zu Nachfrage. Ohnehin finden heute in Kontraktlogistik-Immobilien in hohem Maße produktionsvorgelagerte Prozesse statt, die Wertschöpfungskette der Produzenten wird durch Outsourcing verkürzt.
Kunden verlangen nicht selten Same-day-delivery. Die Grundstücke, die verkehrsgünstig gelegen sind, sind aber rar. Beobachten Sie hier neue Entwicklungen zur Lösung dieses Dilemmas?
Die Frage wird sein, ob die Nutzer bereit sein werden für Same-day-delivery einen Aufpreis zu zahlen oder aus Servicegründen ohne Aufpreis geliefert werden kann. Für kleine Konsolidierungscenter in den Städten würden primär Bestandsimmobilien gesucht. Wenn es passende Gewerbeparks oder aufgegebene Eigennutzerimmobilien nicht mehr gibt, kommen auch leerstehende SB-Märkte oder bei kleineren Gesuchen ebenerdige Geschäfte oder Büroflächen infrage. Oder es wird direkt durch Kuriere aus bestehenden Geschäften geliefert, die bei Erfolg mehr Lagerfläche hinter dem Shop haben müssten. Klassisch wird die Lieferung vermutlich über KEP (Kurier, Express/Paket)-Dienstleister abgewickelt die wie z.B. DHL durch Zustellbasen die Fähigkeit zur schnellen Feinverteilung erhöhen.
Neubaumieten gelten derzeit als günstiger als Marktmieten. Was würden Sie Nutzern empfehlen, die über eine Expansion nachdenken?
Durch den starken Investmentmarkt mit rekordniedrigen Renditen, im Umkehrschluss hohen Verkaufspreisfaktoren, können Projektentwickler sehr günstige Mieten anbieten, die an guten Standorten unter den Marktmieten für Bestandsobjekte liegen. Wie lange das so bleibt, hängt von den Renditen und Zinsen ab. Die gute aktuelle Situation sollte man als Mieter nutzen, um sich langfristig günstige Mieten zu sichern. Und ein auf die Anforderungen maßgeschneidertes Gebäude von einem Entwickler errichtet zu bekommen. Bei der Grundstückssuche und der Entwicklerausschreibung unterstützen erfahrene Berater.
Rainer Koepke, Managing Director und Head of Industrial & Logistics Germany bei CBRE ist Vorsitzender der EUROFORUM-Jahrestagung „Die Logistik-Immobilie”, die am 25. und 26. Januar 2016 in Frankfurt/Main stattfindet. Er leitet die Veranstaltung gemeinsam mit Uwe Veres-Homm, Leiter der Gruppe Markt beim Fraunhofer SCS. Erfahren Sie mehr unter: www.euroforum.de/logistik