Auf welche neue Verwaltungsanweisung oder auf welches neue Urteil warten Sie derzeit in der Praxis mit besonderer Spannung?
Mit Interesse erwarte ich den bereits im Entwurf vorliegenden Erlass zu § 8c KStG, insbesondere mit Blick auf die Auslegung der Verschonungsregelungen einschließlich der sog. Konzernklausel. Diese Ausführungen sind von großer praktischer Bedeutung für die Steuerneutralität bzw. Machbarkeit von Umstrukturierungen und insbesondere auch Vereinfachungen in Unternehmensgruppen.
Welche konzernsteuerrechtliche Thematik bereitet Ihnen derzeit besonderes Kopfzerbrechen?
Zum einen gibt das stetig steigende Risiko einer Doppelbesteuerung grenzüberschreitender Geschäftsvorfälle Anlass zur Besorgnis. Die Gründe dieser Entwicklung liegen insbesondere in der fehlenden internationalen Abstimmung der steuerrechtlichen Vorschriften bzw. der divergierenden jeweiligen lokalen Auslegung internationaler Besteuerungsgrundsätze und in den aus praktischer Sicht nach wie vor unbefriedigenden Möglichkeiten, Doppelbesteuerung effizient durch bi- oder multilaterale Verständigung zu vermeiden.
Zum anderen stellt die stetig steigende Komplexität der Besteuerungsregeln und der Dokumentationspflichten die Steuerpflichtigen vor große Herausforderungen. Die aktuellen internationalen Bestrebungen, die steuerlichen Rechtsfolgen bestimmter grenzüberschreitender Sachverhalte durch Korrespondenzregeln zu harmonisieren, ohne gleichzeitig die zugrunde liegenden Steuerrechtsordnungen zu harmonisieren, wird diese Entwicklung voraussichtlich verschärfen.
Das Thema Konzernsteuerrecht steht auf der Agenda der Bundesregierung nicht besonders weit oben. Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?
Erstens: Konsequentes Vorantreiben der grundlegenden Harmonisierung der internationalen Besteuerungsregeln statt punktueller, symptombezogener Harmonisierungsversuche.
Zweitens: Faire, klare und verlässliche steuerliche Regelungen, die in der Praxis handhabbar sind. Das bedeutet insbesondere, dass leistungsgerecht und gleichmäßig besteuert wird und die steuerliche Behandlung von Geschäftsvorfällen aus den geltenden Regelungen zweifelsfrei abgeleitet werden kann.
Drittens: Keine weitere Aufblähung der bereits überaus umfangreichen Dokumentationspflichten für internationale Unternehmen bzw. Konzerne.
Viertens: Abbau steuerlicher Hürden für die Restrukturierung und Vereinfachung von Unternehmens- und Konzernstrukturen, z. B. durch eine praxistaugliche Ausgestaltung des § 6a GrEStG.
Autor: Felix Hierstetter, Leiter Steuern bei General Electric Deutschland
Das Interview führte: Janina Schabelon, Senior-Konferenz-Managerin, Janina Schabelon bei XING