Warum ziehen uns Konflikte „magisch“ an?
Ein kurzer Krieg macht bessere Schlagzeilen als ein langer Frieden. Zeitungen leben davon, Fernsehnachrichten und Sondersendungen. Auch in Firmen: Klatsch und Tratsch über Streit und Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Personen, Abteilungen, ganzen Unternehmensbereichen erhöhen den Unterhaltungswert des Angestelltendaseins.
Aber häufig werden Konflikte geleugnet und unter den Tisch gekehrt, warum?
Dafür gibt es nicht zuletzt historische Gründe. In unseren mitteleuropäischen Nationen wurzelt ein tiefes Misstrauen gegenüber den Konkurrenzmechanismen einer liberalen Gesellschaft. Dabei ist der Konflikt das Normalste und Natürlichste der Welt: weil jeder Mensch nun mal ein Unikat ist, weil er anders ist, andere Erfahrungen gemacht hat, auf andere Weise erfolgreich geworden ist, andere Erwartungen hat und andere Interessen. Es ist der Skandal des „Andersseins“, der uns den Umgang mit Konflikten erschwert.
Wo befinden sich im Unternehmen die größten Konfliktpotenziale?
Jede Verhandlung, jede Zielvereinbarung ist im Kern konfliktär. Jede Veränderung im Unternehmen ist mit Spannungen verbunden. In Projekten und Teams ist Konfliktfreiheit wirklichkeitsfremd. Fusionen, Restrukturierungen und der Change-Management-Aktivismus lassen Konfliktpotenziale anschwellen.
Wie sollte dann mit Konflikten umgegangen werden?
Unternehmer müssen streiten, nicht schmusen. Ein Unternehmen, das im echten Wettbewerb steht, ist nicht das Zusammenspiel gutwilliger Wächter der ökonomischen Wohlfahrt, sondern die nach festen Regeln organisierte Auseinandersetzung zwischen widerstreitenden Interessen. Wozu brauchte man sonst mehr als einen Vorstand? Ein lernendes und insofern überlebensfähiges Unternehmen beruht nicht auf der Suche nach Übereinstimmung, sondern auf der Einübung in den konstruktiven Umgang mit der permanenten Nichtübereinstimmung. Einigkeit macht starr!
Streitkultur in Unternehmen muss also neu gedacht und gelebt werden. Wie sieht dann die Top-Führungskraft der Zukunft aus?
Der wahre Konkurrenzkampf der Zukunft wird sich nicht um wichtige Kunden drehen, sondern um außergewöhnliche Menschen. Diese Top-Führungskräfte besitzen vor allem die Fähigkeit, Konflikte als Chancen für befreite Energie zu nutzen. Sie sehen in Konflikten die Geheimgrammatik unseres Lebens, die uns in Selbstgespräche führt,- darüber, was wir sind und was wir wollen.
Vielen Dank! Wir freuen uns auf den exklusiven Leadership-Tag "Die Magie des Konflikts - Streitkultur in Unternehmen neu denken und leben" am 18. Mai 2015, Rüschlikon, Schweiz.
Kontakt:
Ingrid Della Giustina, Senior Konferenz Manager EUROFORUM | XING