Kommunikation von Autos untereinander und mit ihrer Umgebung – WLAN oder 5G als Standard?

03.06.2019Auto & ProduktionWLAN, 5G, EU

In Zukunft sollen Autos sowohl untereinander als auch mit ihrer Umgebung im konstanten Datenaustausch sein. Die EU plädiert dabei für eine WLAN-basierte Lösung. Die Ansicht der Hersteller ist zwiegespalten, teilweise wird auch die 5G-basierte Lösung präferiert.

Die Anzahl der Todesopfer im Straßenverkehr auf null zu reduzieren, genau das ist die Idee der EU-Länder, welche bis 2050 realisiert werden soll. Aktuell ist das Bild aber noch ein anderes: In den 28 EU-Staaten sterben jährlich rund 25.000 Menschen durch Verkehrsdelikte. Die EU hatte sich zum Ziel gesetzt die Zahl der Verkehrstoten zwischen 2010 und 2020 zu halbieren. Dieses Ziel wurde allerdings deutlich verfehlt: bis einschließlich 2018 lag der Rückgang bei lediglich 21 Prozent. Mittelfristig plant die EU-Kommission nun eine weitere Halbierung der aktuellen Zahl zwischen 2020 und 2030.

Zur Erreichung dieses Ziels hat die EU eine besonders wichtige Aufgabe: das Vorantreiben der Vernetzung von Fahrzeugen untereinander sowie mit der Infrastruktur. Als Basis ist eine Lösung, basierend auf dem 5G-basierten Kommunikationsstandards Cellular-V2X (kurz: C-V2X), denkbar. Das EU-Parlament stimmte jedoch kurz vor Ostern, zur Missgunst einiger deutscher Autohersteller und der Telekom, für die WLAN-basierte ITS-Lösung. Neu ist dieser Ansatz nicht. Bereits 2010 kam es zur Einigung auf ein Gesetz zur Einführung der Cooperative Intelligent Transport Systems (kurz: C-ITS) in den Straßenverkehr.

Die Gegner des 5G-basierten Kommunikationsstandards Cellular-V2X (kurz: C-V2X) argumentieren, dass 5G nicht gegenwartstauglich ist. Allein die Tatsache, dass die 5G-Lizenzen in Deutschland noch nicht versteigert sind, zeigt wie viel Zeit eine flächendeckende Versorgung in Anspruch nehmen wird. So viel Zeit kann die EU sich nicht lassen, wenn sie ihre Ziele zur Reduzierung der Verkehrstoten erreichen will.

Die WLAN-basierte Lösung, der ITS-G5 Standard, wäre in der Umsetzung deutlich schneller zu bewältigen und außerdem mit geringeren Kosten verbunden. Als Grundlage für das öffentliche WLAN (pWLAN) dienen die heute bekannten Standards, lediglich angepasst an die Anforderungen des Straßenverkehrs. Wenn ein Auto mit der entsprechenden Technik versorgt ist, dann kann es mit anderen Autos oder der Infrastruktur Ad-hoc-Verbindungen, also Verbindungen ohne einen zwischengeschalteten Server oder eine Cloud, eingehen. Die Übertragungen würden selbst bei einer Geschwindigkeit von 500km/h funktionieren – wenn also im Extrembeispiel Autos auf entgegengesetzten Fahrbahnen mit jeweils einer Geschwindigkeit von 250km/h aneinander vorbeifahren, würden Informationen noch ausgetauscht werden. Auch einige Autohersteller wie Toyota, Renault oder VW setzen, im Gegensatz zu BMW und Mercedes, auf diese Lösung. Die WLAN-basierten Systeme sind reif, die Technik ist fertig und die ersten Funktionen sind serienreif. Wer macht den Anfang und startet in der Umsetzung? VW kündigte bereits an, die WLAN-basierte Technik in einem ersten Modell zu verwenden. Falls es sich, wie vermutet, bei dem Modell um den viel verkauften Golf handelt, dann wird die Gemeinschaft der kommunizierenden Autos schon bald wachsen. Auch Toyota trägt durch die Förderung des Kommunikationsstandards zu der Eröffnung des Marktes bei.

Unter dem Aspekt, dass WLAN in wenigen Jahren bereits veraltet sein könnte, bevorzugen BMW, Mercedes sowie die Deutsche Telekom die 5G-basierte C-V2X Variante. Mit diesem System sollten sich alle Player der Automobilindustrie auseinandersetzen, um eine Kompatibilität mit den Automärkten der Welt zu sichern. China beispielsweise setzt bedingungslos auf die C-V2X-Technik. Die Regierung will sie flächendeckend zur Verfügung stellen und als Standardausstattung von den Neuwagen des kommenden Jahrzehnts einführen. Die von dem EU-Parlament beschlossene WLAN-Lösung, trifft also nicht überall auf Anklang. Bis zum 13. Mai hatten die EU-Verkehrsminister die Möglichkeit Einspruch gegen die kürzlich beschlossene Einführung der WLAN-basierten Kommunikation im Straßenverkehr einzulegen. Ob der Zuspruch zu der WLAN-Lösung groß genug ist oder doch der Gefallen an der 5G-- Kommunikation überwiegt, wird sich bis spätestens Mitte Juni herausstellen.

Quelle: https://www.handelsblatt.com/auto/test-technik/v2x-standard-wie-autos-kuenftig-mit-ihrer-umgebung-kommunizieren-sollen/24254594.html