Siri, Alexa und selbstfahrende Autos – digitale Technologien erobern unseren Alltag, Kundenbedürfnisse und Märkte wandeln sich rasant.


Im Zuge der Digitalisierung spielen sich Künstliche Intelligenz (KI), Big Data und das Internet der Dinge in die Hände – durchaus zum Vorteil für die deutsche Industrie. Doch wie müssen sich Wissenschaft und Wirtschaft für die Zukunft aufstellen? Und wie kann gesellschaftliche Akzeptanz erreicht werden?

Denn Transparenz und Vertrauen braucht es dringend, wenn KI in zahlreichen Anwendungsbereichen bereits standardmäßig eingesetzt wird. So trifft man im Kundenservice schon heute oft auf künstliche Assistenten oder Chatbots, deren Fähigkeiten zur Spracherkennung und zum »Question-Answering « weit fortgeschritten sind. Die zugrundeliegenden Techniken werden auch von Siri, Alexa, Watson & Co. genutzt und finden sich gleichzeitig immer häufiger im Arbeitsumfeld.

Auch Lösungen zur Bildverarbeitung haben sich im industriellen Einsatz etabliert – etwa bei der visuellen Inspektion von Bauteilen oder in der Landwirtschaft. In der Finanzbranche sind KI-Systeme schon heute in der Lage, die Entwicklung von Waren-Termin-Geschäften und Kreditausfallwahrscheinlichkeiten vorherzusagen. Und im Energiesektor helfen KI-Lösungen zum Beispiel bei der Vorhersage des Verbrauchs und der Einspeiseleistung von Wind- oder Solarenergie.

Für die medizinische Diagnostik bringt KI ebenfalls neue Möglichkeiten: Hier werden Systeme trainiert, die anhand von Röntgenbildern in manchen Bereichen präzisere und konsistentere Befunde stellen können als Ärzte. Denn wenn sich ein Mensch viele ähnliche Bilder anschaut, ermüden Auge und Geist und es kommt zu Flüchtigkeitsfehlern. Automatische Systeme erzielen hier eine Qualität, die Menschen kaum leisten können. Nicht zuletzt werden uns intelligente Systeme bald bei Büroarbeiten unterstützen – zum Beispiel, indem sie Texte wie Geschäftsberichte oder Verträge inhaltlich analysieren und vorstrukturieren.

Warum Unternehmen in Deutschland jetzt mit KI starten sollten

Der Einsatz von KI-Systemen hilft Unternehmen dabei, Kosten zu senken und Potenziale zu heben – dies kann Märkte und Geschäftsmodelle disruptiv ändern. Insbesondere die Nutzung von Daten aus dem »Internet der Dinge«, von Geräten, Sensoren, Maschinen und Infrastruktur, ermöglicht neuartige Anwendungen und Dienste auf der Basis von KI.

Wie sind unsere Unternehmen hier im internationalen Vergleich aufgestellt? Gerade im industriellen Bereich sind viele deutsche und europäische Unternehmen in ihren Märkten bestens positioniert. Sie haben, im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern aus klassischen Internet-Domänen, Zugang zu den notwendigen Daten und dem Branchenwissen, auf deren Basis neue kognitive Komponenten entwickelt werden können. Mit dem in Deutschland entstandenen »Industrial Data Space« wird darüber hinaus von mittlerweile mehr als 80 Unternehmen auch das notwendige Ökosystem etabliert, um Daten souverän, intelligent und sicher verknüpfen und nutzen zu können.

Dieser Vorsprung sollte allerdings schleunigst für entsprechende Aktivitäten genutzt werden, denn die Wettbewerbssituation rund um KI ändert sich schnell. Viele Unternehmen fangen gerade erst an, sich zu orientieren und müssen sich nun baldmöglichst strategisch aufstellen.

Gesellschaftlicher Handlungsbedarf

Wenn Unternehmen KI umsetzen wollen, müssen sie aber nicht nur über Wissen, Daten und Prozesse nachdenken, die sie dafür brauchen, sondern auch über die dazu notwendigen Fachkräfte. Hierzu sind gebündelte Anstrengungen in Sachen Ausbildung nicht nur in den Unternehmen notwendig. Vielmehr sind Bildungsakteure auf allen Ebenen an den Schulen, den Hochschulen und in der Weiterbildung angesprochen. Der Schritt von der hier schon vorhandenen exzellenten Forschung hin zur Anwendung muss erleichtert werden, gleichzeitig sind weitere Investitionen in die Forschung dringend notwendig.

Parallel dazu dürfen wir die gesellschaftliche Debatte nicht vernachlässigen: Neben Nachvollziehbarkeit und Berücksichtigung sozialer Normen in KI-Systemen ist es vor allem das Risiko, dass Arbeitsplätze substituiert werden, das neue gesellschaftliche und politische Antworten dringend erfordert. Gemeinsam mit unseren Partnern in der kürzlich etablierten »Plattform Lernende Systeme« setzen wir uns bei Fraunhofer dafür ein, solche Antworten zu finden – nicht nur durch den weiteren Ausbau unserer Forschung zu kognitiven Systemen, neue Partnering-Angebote für Unternehmen und unsere umfangreichen Data-Science- und KI-Weiterbildungen, sondern auch durch die klare Fokussierung auf eine verlässliche, vertrauenswürdige, datensouveräne und transparente KI und deren Akzeptanz in der Gesellschaft.

 

Prof. Dr. Christian Bauckhage Dr. Dirk Hecker Prof. Dr. Stefan Wrobel

Prof. Dr. Christian Bauckhage, Lead Scientist Künstliche Intelligenz und Machine Learning am Fraunhofer IAIS
Dr. Dirk Hecker, Geschäftsführer der Fraunhofer-Allianz Big Data
Prof. Dr. Stefan Wrobel, Institutsleiter Fraunhofer IAIS und stellvertretender Vorsitzender Fraunhofer-Verbund IUK-Technologie
 

Dieser Beitrag ist Teil der aktuellen Ausgabe des Handelsblatt Journals „Die vernetzte Industrie“, das Sie hier erhalten können