Werden Energieunternehmen in Geschäftsprozessen wie dem Energiehandel innovativer oder bleiben sie vielmehr bei alten Gewohnheiten? Im Rahmen des Future Readiness Index, der auf einer Befragung von über 600 Unternehmen aus zwölf Branchen basiert, bewertet das Beratungsunternehmen KPMG, inwiefern deutsche Unternehmen auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet sind und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt.
Optimismus herrscht…
Die Energielieferanten sehen optimistisch in die Zukunft. Fast zwei Drittel der Befragten bewerten sich selbst als gut oder sehr gut vorbereitet in Bezug auf ihre Innovationsfähigkeit, sowie in Bezug auf den technologischen Fortschritt und den Einsatz innovativer Technologien.
Es scheint auch ein gutes Zeichen zu sein, dass 70% der Energieunternehmen sich in Bezug auf ihr Produkt- und Dienstleistungsportfolio gut vorbereitet sehen. Dies wirft jedoch die Frage auf: Sind sie in diesen Bereichen wirklich gut aufgestellt oder ruhen sie sich auf ihren Lorbeeren aus und verpassen disruptive Möglichkeiten?
…Aber Disruption wird die Zukunft bestimmen
In einem Ranking der wichtigsten globalen Trends bewerten Energieversorger die Automatisierung nur mit einer mittleren Priorität, während KPMG sie als wichtigsten Trend identifiziert hat. In dieser Hinsicht weicht die Einschätzung der Branche laut der Studienautoren stark von der Realität ab. Die Automatisierung kann durch höhere Effizienz zu erheblichen Gewinnsteigerungen führen, vor allem aber ermöglicht sie radikal neue Geschäftsmodelle.
Gleichzeitig zeigt die Studie, dass Unternehmen in den meisten Branchen disruptive Geschäftsmodelle und Technologien nicht angemessen bewerten. Wie ist das möglich? Disruptoren wie KI, Robotik, IoT und dezentrale Geschäftsmodelle haben das Potenzial, momentane Geschäftsmodelle abzulösen. Eine gründliche Evaluierung solcher Technologien ist nicht nur hilfreich, um das Unternehmenswachstum zu steigern – es ist notwendig, um einfach nur zu überleben.
Verkennen Energiekonzerne schlichtweg das disruptive Potenzial von Automatisierung und anderen technologischen Fortschritten, oder fehlt ihnen der Mut, die sich daraus ergebenden Konsequenzen zu ziehen?
Ein Teil des Widerstands gegen die Automatisierung mag insbesondere in einer Angst begründet liegen: Werden Roboter und Software meine Arbeit zukünftig überflüssig machen? In Wirklichkeit schafft Automatisierung jedoch neue Arbeitsplätze. Jede Form künstlicher Intelligenz basiert auf der ihr zugrundeliegenden menschlichen Intelligenz. Es werden in allen Bereichen erfahrene Fachleute benötigt, um automatisierende Abläufe zu definieren und zu kontrollieren bzw. um mit den laufenden Veränderungen am Markt Schritt zu halten. Die Automatisierung entlastet die Menschen somit in erster Linie von Routineaufgaben, wodurch sie sich auf anspruchsvollere Aufgaben konzentrieren können.
Die Zukunft sieht vielversprechend aus – für einige
In der Energiewirtschaft setzen sich langsam mehrere Anwendungsfälle der Automatisierung durch, die die gesamte Wertschöpfungskette umfassen. Drohnen führen Wartungs- und Inspektionsarbeiten an Übertragungsleitungen und Windparks durch. Dezentrale Wind-, Solar- und Speicheranlagen werden zu virtuellen Kraftwerken gebündelt, um sie effektiver steuern und bilanzieren zu können. Smart Meter sammeln Daten, um die Nachfrage besser prognostizieren zu können. Die Studienautoren weisen außerdem darauf hin, dass „[i]ntelligente Übertragungsnetze und automatisierter Energiehandel (…) schneller und präziser [handeln] als ihre menschlichen Pendants.“
Diesen und anderen Automatisierungstechnologien gelingt endlich der Schritt von Pilotprojekten in die Serienreife – bei unsere Kunden im Energiehandel sogar bereits seit einige Jahren. Während denjenigen Energieunternehmen schwierige Zeiten bevorstehen werden, die nicht auf die Umbrüche der Branche reagieren, werden die agilsten und innovativsten Unternehmen es in der Energiewelt von morgen an die Spitze schaffen.