HR und der Shift zum Mitarbeitermarkt

25.10.2013Personal & ManagementPersonalführung, Motivation

Im Gespräch mit: Frank Hauser, Great Place to Work

Frank Hauser, Geschäftsführer von Great Place to Work Deutschland, befindet sich tagtäglich mittendrin in der Debatte rund um Kulturwandel und Arbeitgeberattraktivität! Als Mitglied des Advisory Boards für die HB Personal 2013 war sein Herzensthema: Der Shift zum Mitarbeitermarkt. Was das genau sein soll, dem gehen wir heute auf den Grund:

HR und der Shift zum Mitarbeitermarkt | Interview

Häufig wird derzeit in Fachmagazinen vom Wandel gesprochen. Fokus dabei immer: Die Mitarbeiter haben mehr Einfluss. Daher nun die erste Frage: Was verbirgt sich denn hinter der Verschiebung vom Arbeitgebermarkt zum Mitarbeitermarkt? Was passiert da genau?

Das Wort vom Wandel des Arbeitgebermarktes zum Arbeitnehmermarkt bringt zunächst zum Ausdruck, dass Betriebe sich in deutlich stärkerem Maße als in der Vergangenheit an den Bedürfnissen und Potenzialen der Arbeitnehmer orientieren müssen, um mit Ihnen „ins Geschäft zu kommen“, d.h. hier, um sie für sich zu gewinnen und in der gewünschten Weise zu binden. Noch vor wenigen Jahren war die Rekrutierungssituation für die meisten Unternehmen dadurch gekennzeichnet, dass sie sich zwischen verschiedenen, grundsätzlich geeigneten Bewerbern entscheiden konnten. Mittlerweile ist das immer häufiger nicht der Fall: Unternehmen finden weniger oder manchmal auch gar keine Kandidaten mit dem gewünschten Profil. Stattdessen kommt es häufiger vor, dass die Bewerber zwischen verschiedenen Unternehmen wählen können.

Das ist bisher nicht überall und umfassend der Fall, aber ein Trend. Die Zeit, die benötigt wird, eine Stelle mit dem richtigen Kandidaten zu besetzten, ist für viele Unternehmen spürbar gestiegen. Das bringt den Wandel ganz gut auf den Punkt. Seine Symptome gehen dann auch über die Rekrutierungssituation hinaus und zeigen sich in vielfältiger Weise darin, dass  Unternehmen genereller bei Ihren Angeboten und Maßnahmen noch weiter als bisher auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Beschäftigten eingehen und eingehen müssen, um Motivation, Gesundheit und Bindung aufrechtzuerhalten. Im Bereich der Arbeitszeitgestaltung zeigt sich dies beispielsweise sehr deutlich.

Gab es ein Schlüsselerlebnis? Was hat diese Entwicklung ausgelöst?

Es sind eher verschiedene Langzeitentwicklungen, die den Wandel tragen. Schon seit vielen Jahren steigt die Intensität des Wettbewerbs - Produktzyklen werden kürzer, der Kostendruck höher. Das führt in vielen Arbeitsbereichen auch dazu, dass es seitens der Mitarbeiter hoher Einsatzbereitschaft, Flexibilität, Qualität und Kreativität braucht, um bei den ständigen Veränderungen und dem hohen Druck als Unternehmen erfolgreich zu bleiben. Solche Beiträge lassen sich nicht einfach verordnen, sie brauchen das innere Commitment der Mitarbeiter.

In dieser Situation kommt nun als weiterer Faktor die ebenfalls längerfristige demografische Entwicklung im Arbeitsmarkt an. In kurzer Form bedeutet das: Die Zahl der Erwerbspersonen nimmt in den nächsten Jahren deutlich ab – bis 2020 etwa um 1 Million Personen und dann weiter zunehmend. Das schafft für die Unternehmen Rekrutierungs- und Bindungsprobleme. Und schließlich bekommt die Entwicklung noch dadurch eine besondere Qualität, dass die Menschen, die heute in den Arbeitsmarkt gehen, beruflichem Erfolg und Karriere nicht mehr ohne weiteres den hohen Stellenwert geben, wie die Generation vor Ihnen. Themen wie das Miteinander am Arbeitsplatz und die Work-Life-Balance sind wichtiger. Kurz: Unternehmen brauchen mehr denn je engagierte und kompetente Beschäftigte, diese werden aber weniger und haben andere und zusätzliche Anforderungen an die Unternehmen.

Gibt es ein Geheimrezept für HR’ler mit dieser Verschiebung umzugehen? Was sollten die Unternehmen tun, um hier im Kampf um die besten Arbeitskräfte, die Nase vorn zu haben?

Das Rezept besteht darin, sich zunächst mal grundsätzlich auf diesen Wandel einzustellen und Ansichten von dem, was geht und nicht geht auf den Prüfstand zu stellen bzw. neu zu denken. Dann braucht es den Dialog mit den Beschäftigten und den Führungskräften, um auf verschiedenen Feldern Lösungen zu finden, die für die Beschäftigten passen und durch das Unternehmen und die Führungskräfte geleistet werden können.

HR’ler müssen diesen Prozess organisieren können. Zudem tragen Sie mir ihrem inhaltlichen Knowhow zur Entwicklung geeigneter Maßnahmen bei. Die Herausforderungen unterscheiden sich dabei und jedes Unternehmen muss seine eigenen konkreten Lösungen finden. Für viele Kliniken ist bspw. die Einführung von Teilzeitstellen für Ärzte eine große Herausforderung, in anderen Branchen ist das auch für Spezialisten gut etabliert.

Sehr geehrter Hauser, vielen Dank für das Gespräch.

 

Autor: Frank Hauser, Geschäftsführer, Great Place to Work Deutschland

Das Interview führte Nelli Hajdu, Konferenz-Managerin | Nelli Hajdu bei XING

 

Herr Hauser sprach auf der HB Personal 2013 . Ähnliche Aspekte werden auf der Veranstaltung Future Workplace & Office diskutiert.