Gehalt versus sinnvolle Vergütungssysteme

18.09.2013Personal & ManagementPersonal, Vergütung

Verfehlen Vergütungsprogramme ihren Zweck?

In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten haben viele Unternehmen – nicht zuletzt aufgrund gesetzlicher Regelungen wie im VorstAG – versucht, sinnvolle Vergütungssysteme zu kreieren. Das Ergebnis ist in so manchem Fall allerdings ein kompliziertes Flechtwerk aus dem Erreichungsgrad individueller und betrieblicher Ziele, dessen Gewichtung, Auszahlungskurven und Beurteilungsfaktoren, die kaum jemand durchschaut. Schon gar nicht der Mitarbeiter, der oft nicht mehr nachvollziehen kann, welchen Einfluss sein Beitrag eigentlich tatsächlich auf seine variable Vergütung hatte. Was dazu dienen sollte, die Unternehmensziele zu stützen und die Mitarbeiter zu motivieren, erreicht in diesem Fall genau das Gegenteil.

In Zeiten des demographischen Wandels und des Fachkräftemangels kann das fatal sein, ganz abgesehen vom wirtschaftlichen Schaden durch Fehlsteuerung und nicht zielgerichtete Bonusausschüttungen, den sich das Unternehmen im Prinzip selbst zufügt. Nicht einmal mehr die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer engagiert sich laut unserer diesjährigen Studie „Trends in Global Engagement“ noch wirklich für ihren Arbeitgeber, die Wechselbereitschaft ist hoch. Die nachrückende Generation Y, die langsam den Arbeitsmarkt erobert, stellt ganz andere Anforderungen an das Arbeitsumfeld als alle Generationen vor ihr. Undurchsichtige Vergütungssysteme nach Schema F sprechen sie noch weniger an als die Mitarbeiter, die bereits im Unternehmen sind. Nur wenigen Arbeitgebern – den sogenannten „Best Employers“ – gelingt es, hier bessere Werte zu erzielen. Ihr wirtschaftlicher Vorsprung vor der Konkurrenz ist objektiv belegt.

Vergütung ist mehr als Gehalt

Was also tun, sprach Zeus. Eines sollte klar sein: Gehalt in Form von Geld in fixer oder variabler Variante reicht nicht mehr aus. Es geht vielmehr um das Image des Unternehmens, das Arbeitsumfeld, flexible Arbeitszeiten und Sozialleistungen – kurz gesagt: die Gesamtvergütung. Diese wiederum muss so gestaltet werden, dass sie die Mitarbeiter anspricht. Und zwar nicht „so irgendwie alle Arbeitnehmer da draußen“, sondern passgenau die eigenen und den Typ Mensch, den man gern im Betrieb hätte. Nur so können sich Unternehmen glaubhaft positionieren und von der Konkurrenz abheben.

Qualifizierte Validierung der Präferenzen

Dafür muss man aber zunächst einmal wissen, was die Mitarbeiter eigentlich wollen. Einige Unternehmen setzen zwar bereits auf Gesamtvergütungskonzepte, befragen aber ihre Mitarbeiter nicht und messen auch nicht, welche Benefits in welchem Umfang genutzt werden (Aon Hewitt „Fringe Benefits“-Studie 2013). Möglicherweise haben sie also teure Angebote im Programm, die zwar sogar genutzt, aber nicht wirklich geschätzt werden. Fazit: Kosten, aber kein Ertrag in Form von Mitarbeiterengagement und die Gefahr, dass es der Wettbewerb besser macht. Die hohe Kunst ist es also, nicht nur ein sinnvolles Gesamtvergütungskonzept aufzusetzen, sondern auch noch Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwägen. Bei Aon Hewitt versuchen wir, dem mit unserem Ansatz zur „Total Rewards Optimization“ gerecht zu werden und den ROI der Gesamtvergütungsstrategie für unsere Kunden zu ermitteln. So werden finanzielle Mittel effektiv eingesetzt und das bestmögliche Paket für die Mitarbeiter anhand ihrer tatsächlichen Präferenzen geschnürt.

Optimierung als kontinuierlicher Verbesserungsprozess

Der Erfolg gibt den Unternehmen, die ihre Gesamtvergütung optimieren, bisher recht: Sie setzen ihre Ressourcen effizient ein und das Mitarbeiterfeedback ist fast durchweg positiv. Allerdings dürfen sie sich nicht auf den gewonnenen Lorbeeren ausruhen. Wie jede Optimierung ist auch die der Total Rewards ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess. Zum einen können sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern und eine kostenseitige Anpassung des Pakets könnte erforderlich werden. Zum anderen unterliegen auch die Mitarbeiterpräferenzen einer gewissen Volatilität, bedingt durch die persönliche Situation und nicht zuletzt den Zeitgeist. Fragen Sie also regelmäßig ab, ob Ihre Mitarbeiter noch mit dem Gesamtvergütungspaket zufrieden sind oder ob eine Nachbesserung erforderlich ist. Laut unserem HR-Barometer 2013 erhebt bisher nur knapp ein Drittel der Unternehmen – und zwar die Best Employer – weltweit das Engagement ihrer Mitarbeiter auf einer kontinuierlichen Basis.

Wie Sie sehen, gibt es hier also noch viel Spielraum für Verbesserungen. Wenn die Themen Vergütung und Mitarbeiterengagement auch Ihnen unter den Nägeln brennen, würde ich Sie gern bei meinem Vortrag „Verfehlen unsere Vergütungsprogramme ihre Ziele? Ein Realitätscheck.“ auf der Handelsblatt-Jahrestagung Personal begrüßen. Dort steige ich natürlich tiefer in die Materie ein – und freue mich auf eine rege Diskussion mit Ihnen.

 

Autor: Marco Reiners, Market Leader Reward Central Europe Aon Hewitt GmbH

Kontakt: Nelli Hajdu, Konferenz-Managerin EUROFORUM | Nelli Hajdu auf XING