Im Abstrakten ist das alles nichts Neues und nichts Strittiges. Im Konkreten aber machen wir uns erst in Ausnahmesituationen Gedanken. Anlässe dazu gab es in den letzten Jahren immer wieder: die schwerwiegende Finanz- und Schuldenkrise, die Terrorgefahren, der verheerende Bürgerkrieg in Syrien, der Flüchtlingszustrom, das Erstarken populistischer Parteien. Wir leben in Zeiten mit multiplen Herausforderungen, ob in Europa, den USA oder in vielen anderen Teilen der Welt.
Umso wichtiger ist es, dass die Bundesregierung an ihrem erfolgreichen Kurs der Finanz- und Haushaltspolitik festhält. Kontinuität und Verlässlichkeit stärken das Vertrauen, das für ein nachhaltiges Wachstum und Wohlstand unverzichtbar ist. Ebenso unverzichtbar wie Anstrengungen auf vielen weiteren Gebieten, um den Standort Deutschland und seine hohe Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit auch für die Zukunft zu sichern. Den besten Beitrag leistet die Finanzpolitik durch solide Finanzen. Sie ermöglichen der Politik erst eine zukunftsgewandte Gestaltung, um neue, drängende Aufgaben zu lösen. Und sie schützen davor, dass in schwierigen Zeiten der Rotstift an der falschen Stelle angesetzt wird, zum Beispiel bei den Investitionen.
Der Haushaltsplan für das Jahr 2017 steht: Die Bundesregierung gibt erneut vernünftigerweise nur das aus, was auch eingenommen wird. Wir halten am ausgeglichenen Haushalt fest und stärken das Vertrauen. Wirtschaftlich steht Deutschland erfolgreich da wie selten zuvor. So wird in diesem Jahr das Bruttosozialprodukt robust mit 1,8 % wachsen, die Beschäftigung einen weiteren Rekordstand von 43 ½ Millionen Erwerbstätigen erreichen und die Arbeitslosenzahl den geringsten Stand seit 25 Jahren. Löhne und Gehälter steigen deutlich und die Verbraucher sind zuversichtlich ebenso wie internationale Investoren: Alle namhaften Agenturen attestieren Deutschland die beste Bonität.
Zugleich ist der Bundesregierung sehr bewusst, dass wir heute Zeiten erleben, die aus finanzpolitischer Sicht kaum besser sein könnten. Für neue Schulden zahlt der Staat derzeit praktisch keine Zinsen mehr. Auf dem Arbeitsmarkt sind noch die geburtenstarken Jahrgänge aktiv. Aber die Baby-Boomer werden sehr bald, nämlich schon ab Ende dieses Jahrzehnts in Rente gehen.
Daher dürfen wir uns nicht zu Trugschlüssen verleiten lassen. Ein Haushalt ohne Neuverschuldung bleibt – gerade in einer alternden Gesellschaft – vernünftige Politik. Die Sozialausgaben steigen bereits heute deutlich. Immer mehr Mittel werden in den öffentlichen Haushalten dafür gebunden, die dann jedoch nicht für Bildung, Forschung und Innovation zur Verfügung stehen. Angesichts dieser Zielkonflikte sind Prioritäten zu setzen, und eben auch dafür dienen die Spielräume, die wir uns im Bundeshaushalt erarbeitet haben.
So hat die Bundesregierung steuerliche Entlastungen unter anderem bei der Einkommensteuer für die Jahre 2017 und 2018 von jährlich 6,3 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Darin enthalten sind Entlastungen für Familien wie höhere Freibeträge, mehr Kindergeld und ein höherer Kinderzuschlag. Außerdem wird die Bundesregierung die öffentlichen Investitionen im kommenden Jahr mit einem Plus von über 5 Prozent erneut weit überdurchschnittlich auf ein Volumen von dann 33,3 Milliarden Euro steigern. Wir
investieren Milliarden in Bildung und Forschung, in die Infrastruktur einschließlich des Breitbandausbaus, um die Digitalisierung der Wirtschaft zu unterstützen.
Denn Wirtschaftswachstum wird maßgeblich von den privaten Investitionen befördert. Sie machen in Deutschland 90 % aller Investitionen aus. Daher ist es so wichtig, dass der Staat für die richtigen Rahmenbedingungen sorgt und den Standort stärkt – sei es durch stabile Finanzen und eine verlässliche Steuerpolitik, sei es aber auch durch weniger Bürokratie, effiziente Verwaltungsverfahren sowie eine angemessene Regulierung zum Beispiel bei der Energieversorgung oder dem Umweltschutz.
Reformieren, Rahmenbedingungen verbessern, investieren – daran misst sich eine vernünftige Finanz- und Wirtschaftspolitik. Die Zukunft in unserem Land wird stark vom demographischen Wandel, von der Zuwanderung und der Urbanisierung geprägt werden. Dies sind alles Herausforderungen, die unmittelbar auch für einen der wichtigsten Wirtschaftszweige Deutschlands, die Immobilienwirtschaft, eine ganz erhebliche Rolle spielen. Während in ländlich geprägten Gebieten vermehrt Leerstände herrschen, steigen die Mieten und Immobilienpreise in Ballungszentren teils deutlich. Um gezielt dort Abhilfe zu leisten, wo besondere Engpässe am Wohnungsmarkt zu sozialen Härten führen, hat die Bundesregierung die finanziellen Mittel für die Wohnungsbaupolitik der Länder auf rund 1,5 Milliarden Euro in den Jahren 2017 und 2018 aufgestockt. Zugleich wird derzeit die Dynamik auf dem deutschen Immobilienmarkt wie kaum anderswo von den außergewöhnlich niedrigen Zinsen und Finanzierungskonditionen beflügelt – eine Entwicklung, die nicht ohne Weiteres einfach fortgeschrieben werden darf. Dies ist eine Lehre vergangener Krisen und Aufgabe für eine vorausschauende Finanzpolitik. Es gilt, mögliche Übertreibungen frühzeitig zu erkennen, Risiken zu bemessen und Fehlentwicklungen entgegen zu wirken. Denn Solidität ist der Schlüssel für eine gesunde Immobilienwirtschaft: Bestehen bleibt, was auf solidem Fundament erbaut wird.
Dr. Michael Meister
Staatssekretär, Bundesministerium der Finanzen
Dieser Beitrag ist Teil der aktuellen Ausgabe des Handelsblatt Journals „Immobilienwirtschaft“, das Sie hier erhalten können.