Finanzmarktregulierung als Treiber des Umbruchs im Finanzsystem

14.10.2013FinanceStandpunkte, Banken

Artikel aus dem Newsletter Standpunkte Banken, 2/2013

Antwort auf die durch die Krise offengelegten Schwächen im Finanzsystem

Als Antwort auf die durch die Krise offengelegten Schwächen im Finanzsystem und in der Finanzmarktregulierung haben die Staats- und Regierungs chefs der G20 den Auftrag erteilt, das internationale Finanzsystem robuster zu machen. Alle systemisch relevanten Finanzinstitute, Finanzmärkte und Finanzinstrumente sollen künftig einer ange messenen Überwachung und Regulierung unterliegen. Die internationalen Arbeiten an diesem Ziel wirken seitdem als Treiber und Katalysator des notwendigen Umbruchs im Finanzsystem.

Finanzmarktregulierung als Treiber des Umbruchs im Finanzsystem | Standpunkt 2/2013

Es ist bereits gelungen, die Finanzmarktregulierung an entscheidenden Stellen zu verbessern

Banken werden mit der Einführung von Basel III sukzessive sowohl mehr als auch qualitativ höherwertiges Eigenkapital vorhalten müssen und Verluste entsprechend besser absorbieren können. Die neuen Liquiditätsstandards werden dafür sorgen, dass Banken zukünftig liquide Mittel für längere Zeiträume vorhalten. Für die Eindämmung von Risiken, die von systemisch relevanten Finanzinstituten ausgehen, gibt es nun ein spezielles Rahmenwerk. Für den außerbörslichen Derivatehandel entsteht in Einklang mit Beschlüssen der G20 in allen wichtigen Finanzsystemen eine Infrastruktur, die Risiken für die Finanzstabilität eindämmt. Diese internationalen  Vereinbarungen sind wesentliche Schritte auf dem Weg zu einem stabileren Finanzsystem. Am Ziel sind wir damit aber noch lange nicht.

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Auf diese Vereinbarungen muss ihre baldige und international konsistente Umsetzung in nationales Recht folgen. Die G20-Staaten gehen mit gutem Beispiel voran, so auch die EU mit der Weiterentwicklung der Eigenkapitalrichtlinie zur CRD IV/CRR. Die strikte Überwachung der Umsetzung durch den internationalen Finanzstabilitätsrat sowie durch internationale Standardsetzer unterstützt die Bundesbank ausdrücklich.

Gleichzeitig sind wichtige Reformprojekte voranzutreiben und weiterzuentwickeln

Insbesondere ist das too-big-to-fail-Problem alles andere als überzeugend gelöst. Die Androhung, dass Finanzinstitute gleich welcher Größe tatsächlich scheitern können, muss glaubwürdig sein. Dafür müssen wir dem entscheidenden Prinzip der marktwirtschaftlichen Ordnung, nämlich der Haftung für  eigene Entscheidungen, wieder mehr Geltung verschaffen. Die angestrebte einheitliche europäische Bankenaufsicht bedarf daher einer zeitnahen Ergänzung durch einen einheitlichen europäischen Restrukturierungs- und Abwicklungsmechanismus.

Die Abwicklung insolventer Banken sollte künftig in der Verantwortungeiner zentralen europäischen Institution liegen und aus Mitteln des Bankensektors finanziert werden. Die Haftungsreihenfolge der Kapitalgeber ist im Insolvenzfall durchzusetzen, um dem Haftungsprinzip Geltung zu verschaffen.

Fortschritte sind darüber hinaus vor allem bei der Weiterentwicklung der Überwachung und Regulierung von bankähnlichem Geschäft außerhalb des regulierten Bankensektors, dem sogenannten Schattenbankensystem, notwendig. Um die dort bestehenden und im Zuge verschärfter Bankenregulierung möglicherweise sogar zunehmenden Risiken für die Finanzstabilität einzudämmen, wird der Finanzstabilitätsrat zum nächsten G20-Gipfel im September diesen Jahres ein Gesamtpaket von Empfehlungen zur Regulierung des Schattenbankensystems entwickeln.

Des Weiteren gilt es, die makroprudenzielle Überwachung einsatzfähig zu machen

Wir müssen systemische Risiken im Finanzsystem zum einen zuverlässig identifizieren können und zum anderen über Instrumente verfügen, mit denen wir in die Lage versetzt werden, diesen Risiken begegnen
zu können. Viele dieser Instrumente sind nicht neu; oft sind sie sogar alte Bekannte. Aber wir werden sie zur Bekämpfung systemischer Risiken anders einsetzen als bisher. Mit dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken, dem ESRB, und dem Ausschuss für Finanzstabilität in Deutschland haben wir  hierfür die nötigen Institutionen geschaffen.

Insgesamt zeigt dieser knappe Überblick, dass wir auf dem Weg sind, das Finanzsystem mittels angemessener Regulierung widerstands fähiger zu machen. Der notwendige Umbruch im Finanzsystem ist aber noch nicht abgeschlossen. Sowohl für Finanzinstitute als auch für Regulierer bleibt noch vieles zu tun. Die angestrebten Regulierungs maßnahmen können den Finanzsektor nur stabiler machen, wenn sie wie vereinbart konsequent und konsistent umgesetzt werden.

Ich vertraue in diesem Zusammenhang auf das internationale Engagement

und gehe davon aus, dass die Unternehmenskultur von Banken sich weiterhin zum Positiven wandeln wird. Gute Ansätze sehen wir zum Beispiel in Form einer Neugestaltung der Vergütungssysteme. Sie werden künftig sowohl eingegangene Risiken als auch die Nachhaltigkeit des Erfolgs bei der Entlohnung stärker berücksichtigen. Auch stehen die Geschäftsmodelle einiger Banken auf dem Prüfstand – nicht zuletzt infolge der in Deutschland kürzlich beschlossenen Abtrennung von spekulativen  Geschäften bei grundsätzlicher Beibehaltung des Universalbankensystems.

Die Krise hatte uns eindrücklich gezeigt, wo wir ansetzen müssen, um das Finanzsystem widerstandsfähiger zu machen. Wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, müssen wir dieses Reformpaket vollständig implementieren. Der damit angetriebene Umbruch des Finanzsystems ist unerlässlich und wird nun konsequent umgesetzt.

 

Autor: Dr. Andreas Dombret, Vorstand der Deutschen Bundesbank

Kontakt:Oliver Wichert, Leiter Banken/Versicherungen, EUROFORUM | Oliver Wichert auf XING

 

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