Zusammenfassung der Konferenz
Der einführende Rückblick auf die vor zehn Jahren diskutierten Themen machte bewusst, welch langen Weg die Regelleistungsmärkte und der Stromhandel seitdem bereits genommen haben. Einst dominierte die Frage, welche Unternehmen grundsätzlich dazu in der Lage sind, sinnvoll Regelleistung bereitzuhalten. Eine Frage, die inzwischen weitestgehend obsolet geworden ist. Mittlerweile unterliegen die Regelleistungsmärkte einem stark ausgeprägten Wettbewerb und die Anzahl der bereits präqualifizierten, oder in der Präqualifikation befindlichen, Anlagen entwickelte sich zwischen 2012 und 2015 exponentiell. Die Auswirkungen dieses stark gewachsenen Angebots auf die Regelleistungsmärkte sind hinlänglich bekannt.
Netzstabilität als Resultat des Zusammenspiels verschiedener Märkte
Diese Entwicklung ist weit fortgeschritten und die Identifikation und Bereitstellung von Flexibilität zu einem etablierten Geschäftsmodell vieler der teilnehmenden Unternehmen geworden. Der Regelenergiemarkt ist lediglich einer von zahlreichen Vermarktungsmöglichkeiten, deren Optionswerte in der Handelsstrategie gegeneinander abgewogen werden müssen. Die Sicherung des Leistungsgleichgewichts wird in diesem Zusammenhang längst nicht mehr nur der Aktivierung von Regelenergie zugeschrieben. Es wird vielmehr, mitunter politisch induziert, durch den Kurzfristhandel an den Strombörsen und immer kürzere Gate Closure Times bestimmt und gewährleistet. Noch im Jahr 2017 wird die EPEX Spot auch für den Marktbereich Deutschland Produkte mit einer Handelsfrist bis fünf Minuten vor Lieferung einführen. Somit werden die Möglichkeiten für den kurzfristigen Stromhandel, und den für die Systemstabilität wichtigen Bilanzkreisausgleich, nochmals erweitert.
Europas Regelleistungsmärkte wachsen zusammen
Die Guideline on Electricity Balancing ist, vorbehaltlich der Zustimmung des Europäischen Parlaments im Sommer 2017, inzwischen finalisiert und stellt die Weichen für einen integrierten, europäischen Regelenergiemarkt. Dass die bestehenden Auktionsverfahren für Sekundär- und Minutenreserveleistung vereinheitlicht werden, um eine grenzüberschreitende Aktivierung von Regelarbeit zu ermöglichen, bedeutet umfassende Änderungen für das deutsche System. Aus dem kombinierten, einstufigen Auktionssystem wird ein zweistufiges Modell mit zusätzlichem Regelarbeitsmarkt. In diesem können, auch ohne Zuschlag in der Kapazitätsauktion, reine Arbeitspreisegebote abgegeben werden. Aus den Geboten beider Auktionen wird anschließend eine gemeinsame, europäische Common Merit-Order List erstellt. Wie groß der Einfluss europäischer Regelenergieabrufe auf die nationalen Märkte sein wird, bleibt jedoch abzuwarten und hängt stark von den verfügbaren Kuppelkapazitäten ab. Diese werden maßgeblich durch den internationalen Stromhandel bestimmt, der parallel ebenfalls mit hohem Tempo weiterentwickelt wird und seit Jahren kontinuierlich wächst.
Neue Impulse für die Energiebranche
Um neue Impulse zu setzen war im Jubiläumsjahr erstmalig ein interaktiver Workshop Teil der Konferenz. Wenngleich der kurze Exkurs in die Welt des Design Thinking die Geschäftsmodelle der teilnehmenden Unternehmen nicht vollständig revolutionieren konnte, so hat es dennoch Symbolcharakter, dass im Rahmen der Konferenz-Teilnehmer aus allen Bereichen kooperativ an den Lösungen der Zukunft gearbeitet haben. So kann auch die Energiewende nur gelingen, wenn alle Akteure im kontinuierlichen und konstruktiven Dialog bleiben. In der Energielandschaft geht es schon jetzt, und in Zukunft wohl noch stärker, um Neugierde und den Willen, das bestehende System kontinuierlich zu verbessern und im Sinne der Energiewende zu optimieren. Ein Teil davon machen neue Geschäftsmodelle und Technologien aus, aber gewiss auch die Bereitschaft, mutig voranzugehen und zugunsten einer möglichst emissionsfreien Zukunft stellenweise auch ein Scheitern in Kauf zu nehmen. Weg von starr und konventionell, hin zu modern und flexibel. Aber auch hier liegt die Wahrheit, wie so oft, in der Mitte. Es gilt, die Energiewende in einem sinnvollen Tempo voranzutreiben. Zwar flexibel genug, um die Integration neuer Technologien und Geschäftsmodelle zu ermöglichen, jedoch auch beständig genug, um Investitionen, auch in etablierte Technologien als Grundpfeiler einer stabilen Energieversorgung, nicht zu reinen Spekulationsgeschäften werden zu lassen. Dass bei der Premiere der Konferenz vor zehn Jahren an die Ausgestaltung der heutigen Regelleistungs- und Strommärkte noch nicht zu denken war, lässt optimistisch in die Zukunft blicken. Die Hoffnung ist groß, dass auch im kommenden Jahrzehnt Innovationen, neue Geschäftsmodelle und Politik die Brücke zwischen Energiewende, Systemstabilität und Wirtschaftlichkeit schlagen werden.