Jedes Unternehmen das Versicherungsgeschäfte betreibt, unterliegt dem Versicherungsaufsichtsgesetz. Dieses dient in erster Linie dem Schutz der Versicherten und legt die Höhe der Eigenmittel fest über den eine Versicherung verfügen muss, um ihren Kunden stets eine ausreichende Kapitaldeckung zu garantieren. Außerdem regelt sie, in welche Vermögenswerte und Instrumente eine Versicherung in welcher Höhe investieren darf. Anfang 2016 trat die Reform des Versicherungsaufsichtsrechts Solvency II in Kraft. Was ändert sich dadurch für Versicherer?


Das 3-Säulen-System der Solvency II-Reform

Mit Solvency II wurde eine grundlegende Reform des Versicherungsaufsichtsrechts in Europa in die Wege geleitet. Solvency II beschäftigt sich insbesondere mit Fragen der Finanzaufsicht, des Risikomanagements und des Finanzberichterstattungswesens von Versicherungsunternehmen. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf dem  Schutz des Versicherungsnehmers. Im Wesentlichen beruht Solvency II auf drei Säulen:

  1. Mindestkapitalanforderung zur Wahrung der Solvabilität: Um seinen Verpflichtungen gegenüber seinen Versicherungsnehmern nachkommen zu können, muss jeder Versicherer Eigenmittel in der Höhe der geforderten Solvabilitätsspanne nachweisen. Diese beschreibt den Sollwert, bzw. den Mindestbetrag der Eigenmittel die ein Versicherer zur Sicherung der Belange seiner Kunden garantieren muss.
  2. Risikomanagementsystem: Das Risikomanagementsystem regelt vor allem qualitative Anforderungen an den Versicherer. Durch die Implementierung eines internen Risikomanagementsystems soll sich das Versicherungsunternehmen im Sinne eines eigenen Qualitätsmanagements selbst kontrollieren.
  3. Berichterstattungspflichten für das Versicherungssystem: Die dritte Säule regelt die Rechenschaftspflichten von Versicherungen gegenüber Aufsichtsbehörden und der Öffentlichkeit.


Mehr Eigenverantwortung aber auch neue Freiheiten durch Solvency II

Ziel der Reform ist die Implementierung eines weitgehend wettbewerbsneutralen Aufsichtssystems, mit dessen Hilfe die  Risikolage des Versicherers besser erfasst und beschrieben werden kann.

Aber im Gegensatz zur vielleicht vorschnellen Vermutung, eine neue Verordnung bringe nur eine Vielzahl neuer Regelungen mit sich, eröffnet Solvency II den Versicherern viele neue Anlagemöglichkeiten. Mit Solvency II fallen einige der bisherigen Beschränkungen im Hinblick auf Kapitalanlagen weg und Versicherer werden stattdessen stärker in die Eigenverantwortung genommen. Gemäß dem so genannten „Prudent Person Principle“ dürfen Versicherer nur in Vermögenswerte und Instrumente investieren, deren Risiken sie abschätzen können. So soll ein Anreiz geschaffen werden, unternehmensinterne Risikomanagementsysteme zu etablieren.

Dennoch erhalten Versicherungen damit neue Möglichkeiten in Bezug auf die Wahl von Kapitalanlagen, Anlageklassen und Marktsegmenten. Insofern birgt Solvency II für Versicherer eine deutliche Zunahme an Freiheiten, meint Steffen Hahn, CFA Director Institutional Business Germany bei der Invesco Asset Management Deutschland GmbH. Fixed-Income-Investments, so Hahn, werden insbesondere bei Versicherungen mit guter Eigentkapitalausstattung vielfältiger. Aber auch die Anlageverordnung bietet mehr Spielräume.

Neue Kapitalanlageoptionen unter Solvency II & AnlV

Günstige Möglichkeiten der Kapitalanlage ergeben sich bei der Anlageklasse der Senior Secured Loans, die Versicherer nun aufgrund ihrer vergleichsweise attraktiven Renditeerwartung verstärkt in den Blick nehmen. Auch im Hinblick auf Immobilienfinanzierungen, insbesondere im Bereich von US-Gewerbeimmobilien bietet sich eine breite Spanne an Investitionsmöglichkeiten. Mehr zu Kapitalanlagemöglichkeiten unter Solvency II & AnlV erfahren Sie im Artikel von Steffen M. Hahn

Steffen M. Hahn ist Experte für Versicherungen und ist zu Gast auf der Euroforum-Tagung „Aktuelle Kapitalanlagestrategien unter Solvency II und AnIV vom 16. bis 17. November 2016. Das aktuelle Programm können Sie sich hier herunterladen.