Emerging Risks – Chancen und Herausforderungen

03.03.2014FinanceVersicherung, Haftpflicht, StefanieSpeyrer

Rückblick Haftpflicht 2014 - Emerging Risks

Im zweiten Teil des Rückblicks zur Haftpflicht 2014 lesen Sie heute über Emerging Risks: Dass der Umgang mit neuartigen Risiken die Versicherungswirtschaft 2014 vor große Herausforderungen stellt, bestätigte Lutz Torbohm, AIG Europe, am Beispiel der erneuerbaren Energien.

Emerging Risks – Chancen und Herausforderungen | Rückblick auf die Haftpflicht Jahrestagung Januar 2014

Unsicherer Kalkulation des Produkthaftungs- und des Betriebsstättenrisikos

Bei der Versicherbarkeit von Off-Shore-Anlagen sei ein Rückgriff auf Erkenntnisse im On-Shore- Anlagebau nach Torbohm kaum möglich. Grund hierfür sei zunächst, dass der Betrieb derartiger Stromgewinnungsanlagen, deren Küstenentfernung durchschnittlich (!) bis zu 60 km betragen werde, auch neuartige Gefahren mit sich bringe. Neben sog. Ankerschäden, bei denen das Unterbrechungsszenario darin besteht, dass Stromkabel durch die Seeschifffahrt gekappt werden, fehlten aber vor allem Erfahrungen im Umgang mit erforderlich werdenden Hochsee-Umspannwerken. Ferner betreibe man in der On-Shore-Energiegewinnung erst seit ca. 2006 Anlagen, die eine Leistung von bis zu 3 MW erbringen können. Nach den Kabinettsbeschlüssen zur energiepolitischen Wende sei aber geplant, 35 % des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien zu gewinnen, was 10 GW entspreche. Hierzu sei der Bau von 1200-1800 zusätzlichen Anlagen erforderlich, wobei pro Anlage eine Leistung von 5 MW erwartet werde. Der höhere Leistungsabruf schaffe hier ein höheres Produkthaftungsrisiko, da das Material einer größeren Belastung standhalten müsse. Torbohm sieht damit die größten Herausforderungen im Underwriting-Prozess und der Risikoerforschung.                

Dem schließt sich auch Thomas Zanner, XL Services Switzertland, für den Bereich der Automobilindustrie an. Risikoprävention durch geeignetes Risk-Engineering sei einer der entscheidenden Größen im Umgang mit der sich ständig verändernden Risikolandschaft.   

Follow your customer – Wir müssen unseren Kunden nach China folgen!

Zanner macht China als Zukunftsmarkt für die Industriehaftpflichtversicherer aus: Grund hierfür sei neben einem rasant wachsendem Binnenmarkt – der PkW-Absatz insbesondere deutscher Konzernmarken habe sich seit 2000 von 614.000 auf 13,2 Mio. im Jahr 2012 verzwanzigfacht – die Tatsache, dass deutsche Original-Equipment-Manufacturer (OEM) vermehrt auf eine Produktion vor Ort setzten, um neben der Senkung von Transportkosten auch Störungen in der Lieferkette besser abfangen zu können. Da Wertschöpfung und Innovation im Übrigen vermehrt beim Zulieferer stattfänden, würden auch größere Anforderungen an das Integrated-Quality-Management gestellt. Komme es zum Schaden, der im Zuge neuer Entwicklungen (E-Mobilität, Telematik, Connected-Drive uvm.) komplexere und damit größere Ausmaße annehmen könne, sei wiederum ein aktives Schadenmanagement gefragt, wobei sich für internationale Haftpflichtprogramme zusätzliche Herausforderungen vor dem Hintergrund steigender Compliance-Anforderungen stellten.

Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob eine in der Praxis nach Zanner bemerkbare Zunahme von „Erprobungen im Feld“ mittelfristig dazu führen könnte, dass die in der Produkthaftpflichtversicherung gängige Experimentier- und Erprobungsklausel gewisse Lockerungen erfährt. Schließlich schade eine Feldlösung auch der Reputation des Versicherers.

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Ausblick:

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Autor: Den Rückblick verfasste für uns Torsten Sommer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Rechtswissenschaften, Universität Hamburg

Kontakt: Stefanie SpeyrerKonferenz Managerin EUROFORUM