Einfuhrabfertigung und freier Verkehr, Zolltarifrecht
Zielformulierung
Durch eigene Auslandsreisen und im Rahmen Ihres Berufes haben Sie bereits Erfahrungen mit dem Zoll und verschiedenen Einfuhr- oder Ausfuhrvorschriften machen müssen. Vielleicht sind Ihnen dabei Begriffe wie Gestellung, Summarische Anmeldung, direkte und indirekte Zollvertretung, Handelspolitische Maßnahmen, ATLAS, Zollkontingente o. Ä. begegnet, ohne dass in dem Moment ganz genau klar sein konnte, was gemeint ist. Vielleicht wurden Sie auch schon einmal von einem Zollbeamten oder Spediteur aufgefordert, Unterlagen vorzulegen oder Erklärungen abzugeben, deren Sinn und Zweck nicht zu verstehen war.
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Mit dem Studium dieser Lektion werden Sie die zollrechtlichen Grundsätze und Abläufe, Ihre Rechte und Pflichten sowie bestehende Möglichkeiten bei der Einfuhrabfertigung kennen lernen. Verstöße gegen bestehende Pflichten können zollschuldbegründend sein und werden ggf. straf- und bußgeldrechtlich geahndet. Die Abfertigung zum freien Verkehr sowie die wichtigsten diesbezüglichen Vorschriften werden der Schwerpunkt dieser Lektion sein. Schnell werden Sie erkennen, dass es wegen der unzähligen möglichen Fälle nicht zu bewältigen ist, alle einfuhrrelevanten Vorschriften usw. ohne Hilfsmittel zu beherrschen. Dafür gibt es einfach zu viele nationale und internationale Rechtsvorschriften, die zwingend von den Einführern und den Zollbehörden beachtet werden müssen. Als ein besonders hilfreiches Werkzeug können Sie bei einer Abfertigung zum freien Verkehr den Zolltarif einsetzen.
Um Sie dazu in die Lage zu versetzen, geht Kapitel 3 dieser Lektion auf den Aufbau und die Auslegungsvorschriften des Zolltarifs und die aus dem Zolltarif ersichtlichen Informationen ein. Mit diesem Wissen werden Sie relativ schnell in Erfahrung bringen können, ob und wie eine Einfuhrware zum freien Verkehr abgefertigt werden kann. Sie werden die Art und die Höhe der anfallenden Einfuhrabgaben ermitteln können. Zusätzlich werden Sie feststellen können, ob ggf. eine Zollvergünstigung in Anspruch genommen werden könnte und inwieweit dafür oder aus anderen Gründen besondere Unterlagen vorzulegen sind.
Die in Kapitel 1 enthaltenen Grundsätze gelten nicht nur für die Abfertigung zum freien Verkehr, sondern auch in den Fällen, in denen eine in der EG befindliche Nichtgemeinschaftsware zu einem anderen Zollverfahren abgefertigt werden soll. Viele der Grundsätze sind insbesondere auch dann zu beachten, wenn ein Zollverfahren, bei dem die darin befindlichen Waren unter zollamtlicher Überwachung stehen, beendet wird. Als Beispiel möchte ich hier die Frist von 20 Tagen nennen, innerhalb derer nicht nur eine in die EG eingeführte, sondern auch eine innerhalb der EG dem Zoll zur Beendigung des Zolllagerverfahrens gestellte Ware eine neue zollrechtliche Bestimmung erhalten haben muss.
Einfuhrabfertigung
Die Einfuhr von Waren in die Europäische Gemeinschaft (EG) wird durch die Zollverwaltungen der EG-Mitgliedstaaten überwacht und abgewickelt. Rechtlicher Rahmen ist der EG-weit geltende Zollkodex (ZK) mit den zahlreichen dazu erlassenen gemeinschaftsrechtlichen Durchführungsverordnungen. Wichtige Verordnungen sind die Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO), die Zollbefreiungsverordnung und der EG-Zolltarif.
Zusätzlich zum Gemeinschaftsrecht existieren nationale Vorschriften, die zum einen ergänzende Regelungen zum EG-Zollrecht enthalten und zum anderen nicht im EG-Zollrecht behandelte Bereiche regeln. Wichtige deutsche Zollvorschriften sind das Zollverwaltungsgesetz (ZollVG) und die Zollverordnung (ZollV). Im Zweifel hat das Gemeinschaftsrecht gegenüber dem nationalen Zollrecht immer Anwendungsvorrang.
Neben den Zollvorschriften sind bei der Einfuhr zahlreiche weitere Vorschriften zu beachten. Es ist sinnvoll, dass die diesbezügliche Abwicklung und Überwachung durch den Zoll erfolgt, da dieser alle Einfuhren bereits für Zollzwecke erfasst und überwacht. Nicht zum Zollrecht gehörende Vorschriften sind z. B. das Außenwirtschaftsgesetz (AWG), das Umsatzsteuergesetz (UStG), die Verbrauchsteuergesetze sowie diverse Vorschriften mit Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverboten und -beschränkungen.
Auszug aus den Übungsaufgaben:
Aufgabe 2
Bei Ihrem letzten USA-Urlaub haben Sie Ihren Traumwagen, einen gebrauchten US-Schlitten mit Fünf-Liter-Hubraum, für umgerechnet 12.500 EUR gekauft. Mit dem Händler haben Sie die Lieferbedingung „frei Schiff in New York“ vereinbart. Für den Seetransport inklusive Versicherung nach Hamburg bezahlen Sie 2.500 EUR. Die Überführung nach Köln kostet Sie weitere 500 EUR. Bis jetzt hat Sie der Wagen insgesamt 15.500 EUR gekostet.
Welche Einfuhrabgaben kommen art- und betragsmäßig noch hinzu? Nach Auskunft des Händlers gilt für den Wagen der HS-Code 8703 24.
Aufgabe 3
Ihr in den USA gekaufter Wagen (siehe Aufgabe 2) ist in Hamburg eingetroffen. Der von Ihnen beauftragte Spediteur fragt nach der Einkaufsrechnung, da diese bei der Zollabfertigung mit vorzulegen sei. Die Rechnung haben Sie versehentlich im Hotel liegen lassen, aber Sie befindet sich schon auf dem Postweg zu Ihnen.
Was muss getan werden, damit der Wagen auch ohne Vorlage der Rechnung abgefertigt wird?
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Über den Autor:
Erik Brutscheidt ist seit 1996 bei der ThyssenKrupp AG tätig. Als Hauptreferent berät, betreut und schult er die Gesellschaften des ThyssenKrupp-Konzerns imBereich des internationalen Zoll- und Umsatzsteuerrechts. Er hat die Thyssen-Krupp-Konzernlösung für das IT-Verfahren ATLAS des deutschen Zolls eingeführt und diese gerade um den Verfahrensbereich ATLAS-Ausfuhr und um die neu hinzukommenden Voranmeldepflichten bei der Ein- und Ausfuhr von Waren erweitert. Nach einer zollinternen Ausbildung war Erik Brutscheidt mehrere Jahre als Abfertigungsbeamter bei verschiedenen Zollstellen im Einsatz. Vor seiner Tätigkeit bei der ThyssenKrupp AG hat er vier Jahre lang als Zoll-Supervisor in der Europazentrale eines japanischen Handelsunternehmens gearbeitet.