Digitale Revolution in Banken und Sparkassen

16.12.2013FinanceBanken, Sparkassen, SocialMedia

Wo ist die digitale Revolution in Banken und Sparkassen?

Alle Welt ist mobil unterwegs, kauft ein und chattet per Smartphone. Nur in der Bankfiliale scheint die Welt stehen geblieben zu sein. Welche Veränderung wird es in Zeiten von Social Media und Digital Commerce im Privatkundengeschäft geben? Wir haben Herrn Franz Welter, Bereichsleiter Unternehmensentwicklung bei der Volksbank Bühl, nach seiner Einschätzung der Digitalen Revolution in den Banken und Sparkassen befragt - lesen Sie hier die interessanten Antworten:

Digitale Revolution in den Banken und Sparkassen | Interview

Ist die digitale Revolution in den Banken angekommen?

Ja und Nein. In der Tat ist es so, dass sich Kundenwünsche und Kundenverhalten rasant ändern. StartUps schießen wie Pilze aus dem Boden. Traditionelle Banken wirken im Vergleich lethargisch. Dennoch habe ich das Gefühl, dass langsam Bewegung in die Sache kommt. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit zur digitalen Transformation von Geschäftsmodellen, Produkten und der Unternehmenskultur wird ganz langsam geschärft. Erste Projekte entstehen und erste zaghafte Schritte und Experimente können beobachtet werden. Wenngleich die Entwicklung meiner Einschätzung nach dennoch zu langsam voran schreitet...

Was müssen Banken jetzt tun, um den Anschluss nicht zu verlieren?

Das ist nicht einfach zu beantworten. Die Liste an Baustellen ist ellenlang. Die wichtigste Herausforderung für Banken ist wohl ein weitgehender Kultur-Change. Wie bekomme ich die DNA aus dem Web 2.0 in die eigene Bank transferiert? Wie denke ich Bankprodukte neu, um herausragende Kundenerlebnisse zu schaffen? Es liegt auf der Hand, dass so ein Wandel nicht von heute auf morgen vollzogen werden kann. Es gibt allerdings konkrete Themenbereiche mit welchen man sich meiner Auffassung nach beschäftigen muss, um die Herausforderung der digitalen Transformation zu meistern. Über jedes einzelne dieser Themen könnte man stundenlang diskutieren. Auch auf die Gefahr, dass jemand gleich (Bullshit) Bingo ruft, möchte ich diese Themenbereiche hier wenigstens benennen: Employer Branding. Enterprise 2.0 bzw. Social Business, Innovationsmangement, Open Innovation und Crowdsourcing, Design, Mobile First, Multikanalvertrieb, Social Media Management, Big Data, Kernbankensysteme 2.0... Die Liste ließe sich wahrscheinlich noch beliebig ausbauen. Mit welchem Themengebiet man beginnt, hängt sehr stark von der spezifischen Ausgangssituation und der Zielsetzung der Bank ab (vorausgesetzt man hat überhaupt eine digital Strategie ;-)).

Gibt es andere Branchen, von denen Banken lernen können?

Da gibt es einige Branchen. Von der Internetbranche können wir bestimmt viel in Bezug auf Agilität und Kundenfokussierung beim Design von digitalen Nutzererlebnissen lernen. Von der Automobilbranche in Bezug auf Automatisierung und Produktivität aber auch in Bezug auf den Professionalisierungsgrads des Innovationsmanagements. Insbesondere im Management von Innovationen sind Banken größtenteils noch erschreckend schwach aufgestellt.

Wird es in 20 Jahren noch Bankfilialen geben?

Ich weiß es nicht. Vielleicht auch gar nicht so wichtig, heute eine Antwort auf die Frage geben zu können. Wichtiger ist die Bank so auszurichten, dass auf verändertes Kundenverhalten schnell reagiert werden kann. Persönlich glaube ich, dass es nach wie vor einige Flagship-Filialen geben wird. Klassischer Zahlungsverkehr wird wohl kaum noch in Filialen, wie es sie heute noch gibt, abgewickelt.

Ihr Haus ist ja im Bereich Social Media sehr aktiv. Volksbank & neue Medien – ist das nicht ein Widerspruch?

Warum sollte es das sein? Die genossenschaftlichen Werte korrespondieren in vielerlei Hinsicht mit den Prinzipien des Internets. Wir wollen uns neue Möglichkeiten zu eigen machen, um die genossenschaftliche Idee Stück für Stück neu zu interpretieren. Das ist eine lange Reise, aber Schritt für Schritt kommen wir voran und lernen. Nachdem wir in 2009 mit unseren Social Media Aktivitäten gestartet sind, haben wir schnell eine interdisziplinäre InnovationsWerkstatt in unserem Haus etabliert. Darauf aufbauend haben wir viele Projekte realisiert: Wie z.B. die Einführung unserer Social Business Plattform Volksbank Bühl Connect, Einführung einer Webinar Plattform, Aufbau eines Innovationsmanagements, E-Commerce Berater im Firmenkundenbereich, der Launch einer Personal Finance Mangement Lösung und natürlich der Start unserer eigenen Crowdfunding-Plattform in 2013. Ich bin zuversichtlich, dass in den nächsten Monaten einige spannende Projekte auf uns warten ... ;-)

Wie gehen Sie mit der Gefahr eines "Shitstorms" um, siehe Beispiele der Deutsche Bank und ING Diba?

Die Gefahr besteht immer. Die Frage suggeriert jedoch die Möglichkeit, sich der Öffnung gegenüber der Unternehmensumwelt verschließen zu können und damit dieser Gefahr zu entgehen. Das ist meiner Auffassung nach nicht richtig und zugleich gefährlich. Erstens, weil dadurch berechtigte Kritik nicht an das Unternehmen herangetragen werden kann und zweitens, weil man durch ein geschlossenes Unternehmen heutzutage nicht mehr in der Geschwindigkeit lernen kann, die erforderlich ist, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Die Integration von Kunden und Partner in Entwicklungsprozesse ist erfolgskritisch. Meiner Meinung nach ein ganz wichtiges Argument, dass heute noch zu kurz kommt, wenn über den Sinn oder Unsinn von Social Media gesprochen wird. Man sollte hier weniger über den ROI philosophieren und vielmehr auch über den RONI nachdenken (Risk of Non Investment).

Sie wirken ja auf der Handelsblatt-Tagung Privatkundengeschäft beim Design-Thinking Workshop zur Zukunft der Banken mit. Was erwartet uns da?

In diesem Workshop werde ich einen Teil des World Cafes zum Thema Digitale Transformation von Banken moderieren und versuchen mit den Teilnehmern zum einen Handlungsfelder der digitalen Transformation zu identifizieren, zum anderen konkrete Ideen zu entwickeln bzw. bestehende Best-Practice Beispiele  zu sammeln.

Vielen Dank!

 

Autor: Franz Welter, Bereichsleiter Unternehmensentwicklung, Volksbank Bühl

Das Interview führte Carola Bergmann, Conference Director Banken, EUROFORUM