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Vom Restrukturierungsprojekt zur systematischen Unternehmensentwicklung

In akuten finanziellen Krisensituationen ist schnelles und konsequentes Handeln zwingend erforderlich. Dabei wird jedoch häufig vergessen, dass Unternehmen komplexe Systeme sind, deren dauerhafte Veränderung nicht im Rahmen eines zeitlich begrenzten Projektes erfolgen kann. Viele Restrukturierungsprojekte fokussieren sich nur auf kurz- bis mittelfristig zu erreichende Erfolge.

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Kontinuierliche Entwicklungsprozesse im Unternehmen in Gang zu setzen, ist jedoch entscheidend für einen Turnaround mit nachhaltigen Ergebnissen. Eine erfolgreiche Restrukturierung läuft in drei Phasen ab:

Phase 1: Fundiertes Restrukturierungskonzept

Begonnen wird mit der finanziellen, strategischen, strukturellen und leistungswirtschaftlichen Analyse der Unternehmenssituation. Dazu zählt auch, das Mitarbeiterpotenzial einzuschätzen. Auf dieser Basis wird ein Restrukturierungskonzept erarbeitet, das klare Handlungsschwerpunkte auf dem Weg hin zu einem ertragreichen Geschäftsmodell aufzeigt. Zu jeder daraus abgeleiteten Maßnahme erfolgen die Quantifizierung der Ergebnisverbesserungspotenziale sowie eine Priorisierung, um dann den Umsetzungsfahrplan zu terminieren. Parallel dazu werden eine zentrale
Liquiditätssteuerung eingeführt und Sofortmaßnahmen eingeleitet. Schon in dieser Phase sollten Management und ausgewählte Leistungsträger
eng eingebunden werden.

Wichtig ist es auch, regelmäßig mit wichtigen Stakeholdern zu kommunizieren. Erfolgsentscheidend sind umfassende Transparenz, Qualität und die Geschwindigkeit des Restrukturierungskonzeptes. Denn kommen Zweifel auf in Bezug auf Objektivität, Richtigkeit oder Erfolgsaussichten, verlieren Gesellschafter oder Kreditgeber schnell das Vertrauen.

Diese erste Phase darf je nach Krisenstadium nicht länger als drei bis sechs Wochen dauern.

Phase 2: Konsequente Restrukturierung – Top-Down-Maßnahmen

Anschließend werden die erforderlichen harten Einschnitte und Maßnahmen umgesetzt, um den weiteren Liquiditätsabfluss zu stoppen. Möglichstrasch muss das Unternehmen wieder schwarze Zahlen schreiben. Dazu werden unprofitable Produktbereiche und Unternehmensteile geschlossen oder verkauft, liquiditätsgenerierende Stellhebel umgelegt und die Passivseite restrukturiert.

Auf der leistungswirtschaftlichen Seite werden personelle Überkapazitäten reduziert sowie Einkaufs- und Gemeinkosten gesenkt. Im Sinne von „hart in der Sache und verbindlich im Ton“ gilt es dabei, stringent zu handeln und über Ursachen, Ziele und Lösungswege intensiv zu kommunizieren.

Gesteuert werden diese Aktivitäten über ein straffes Projektmanagement mit regelmäßigen Lenkungsausschüssen, die aus Unternehmensleitung
und wichtigen Stakeholdern bestehen. Stellen sich erste positive Liquiditäts- und Ergebniseffekte ein, so scheint der Turnaround geschafft. Viele Restrukturierungsprojekte enden hier. Der Handlungsdruck lässt nach mit der Konsequenz, dass sich häufig schon innerhalb von ein bis zwei Jahren die Ertragslage wieder verschlechtert.

Phase 3: Systematische Unternehmensentwicklung

Dies ist zu vermeiden, wenn parallel zur Restrukturierungsphase ein unternehmensinternes Kernteam aus Führungskräften und Leistungsträgerndefiniert und befähigt wird, einen systematischen Entwicklungsprozess im Unternehmen in Gang zu setzen und zu halten. Dabei hilft es, andere erfolgreiche Unternehmen zu besuchen, die in bestimmten Bereichen wie Einkauf, Produktion, Entwicklung oder Vertrieb als Benchmark dienen.

Der Blick über den eigenen Tellerrand motiviert und zeigt auf, welche Best-Practice-Lösungen existieren und welche Verbesserungen selbst erzielt
werden können. Ergänzend werden einzelne Kernteam-Mitglieder qualifiziert, um Analysetools, Lean-Methoden zur Prozessoptimierung, Finanzmethoden oder Projektmanagement anzuwenden.

Dies erfolgt entweder direkt im Projekt oder mittels spezifischer Seminare. Aufgabe des Kernteams ist es, bei der Optimierung von Unternehmensprozessen, -strukturen und -systemen sowie bei der Operationalisierung strategischer Weichenstellungen zu helfen. Klare Projektaufträge
mit Methoden, Meilensteinen und erwarteten Ergebnissen bilden den Handlungsrahmen.

Gleichzeitig wird ein Kennzahlensystem mit relevanten Zielen und Leistungskennziffern etabliert. Diese sind im regelmäßigen Dialog im Führungskreis zu messen und zu besprechen. Bei Abweichungen wird umgehend gegengesteuert. Ein fokussiertes Coaching dieser Leistungsdialoge erhöht sukzessive die Führungsleistung. Dies stellt sicher, dass die realisierten Erfolge in GuV und Bilanz von Dauer sind.

Nur so lassen sich Profitabilität und Liquidität auch langfristig verbessern und Erfolge nachhaltig realisieren.

Autor: Dr. Jens Zimmermann, Vorstand der Staufen AG

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