Den digitalen Vertriebs- und Informationskanälen gehört die Zukunft im ÖPNV

01.10.2015Energie, IT & TelekommunikationDigitalisierung, Strategie, ÖPNV, Recht, ITRecht

Artikel aus dem EUROFORUM-Newsletter für Fachkräfte in IT und IT-Recht 2015

Digitale Vertriebs- und Informationskanäle im ÖPNV - Der Rhein-Main-Verkehrsverbund in Bits und Bytes

Mit über 715 Millionen Fahrgästen im Jahr 2014 ist der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) einer der größten und führenden Verkehrsverbünde in Europa. Um die Menschen der Region pünktlich, sicher, gut informiert und mit hohem Komfort ans Ziel zu bringen, muss sich der RMV – muss sich die gesamte Branche – großen Herausforderungen stellen.

Digitale Vertriebs- und Informationskanäle im ÖPNV - Der Rhein-Main-Verkehrsverbund in Bits und Bytes

Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) muss den Spagat zwischen steigenden Betriebskosten, stagnierenden Finanzierungsmitteln der öffentlichen Hand und den zunehmenden Veränderungen im Mobilitätsmarkt bewältigen. Insbesondere die demographische Entwicklung – die Zunahme der Bevölkerung in den Ballungsgebieten und der damit verbundene Bevölkerungsrückgang in den ländlichen Regionen – sowie die Veränderung der Altersstruktur stellen bedeutende Herausforderungen dar.

Um diese Zukunftsaufgaben bewältigen zu können, setzt der RMV konsequent auch auf die digitale Weiterentwicklung seiner Angebote und Dienste und der damit verbundenen Digitalisierung von Informations- und Vertriebskanälen. Neue und vernetzte Technologien und Medien liefern echte Alternativen zu
Fahrplanbüchern und Papierfahrkarten für Jedermann und können die Nutzung des öffentlichen Verkehrs revolutionieren, sie spürbar vereinfachen.

Der RMV versteht sich als innovativer und moderner Mobilitätsdienstleister für die Region Frankfurt RheinMain und hat mit der RMV-App, dem  RMVHandyPortal, dem eTicket RheinMain sowie den Ergebnissen aus erfolgreichen Forschungs- und Entwicklungsprojekten bereits heute wichtige Meilensteine auf dem Weg ins Zeitalter eines digitalisierten ÖPNV erreicht.

Der RMV verspricht sich von seinen digitalen Vertriebs- und Informationskanälen, die individuellen Bedürfnisse der Fahrgäste noch besser und genauer bedienen zu können und somit die Zugangs- und Nutzungsbarrieren zum ÖPNV weiter zielgerichtet abzubauen.

Neue Möglichkeiten durch den schnellen technologischen Fortschritt bringen darüber hinaus neue Marktteilnehmer, erhöhen gleichzeitig auch die Erwartungshaltung der Kunden.

Die RMV-App – der Fahrkartenautomat in der Hosentasche

Bereits im Jahr 2006 hat der RMV das erste HandyTicket-System in Deutschland auf den Markt gebracht. Mit dem damals noch Java-basierten Vertriebsverfahren wurden wichtige Erfahrungen gesammelt. Seither ist viel passiert, sowohl auf der technischen als auch auf der Kundenseite.

Das iPhone und der damit ausgelöste Hype um Smartphones, Tablets und Co. haben zum Erfolg und zur Verbreitung des mobilen Internets und mobiler Programme maßgeblich beigetragen. Der RMV hat diesen Trend früh erkannt und sein Java-basiertes HandyTicket zur App weiterentwickelt, die im Jahr 2010 auf den Markt gebracht wurde. Die heutige RMV-App setzt sowohl auf native als auch auf webbasierte Komponenten und wurde bis jetzt schon über eine Million Mal in den bekannten App-Stores von Google und Apple heruntergeladen. Sie wird aktuell von über 150.000 registrierten RMV-HandyTicket-Kunden genutzt und erwirtschaftete im Jahr 2014 einen Umsatz von mehr als 7 Millionen Euro.

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Im Mittelpunkt der RMV-App standen von Beginn an der einfache und intuitive Ticketkauf sowie eine komfortable Fahrplanauskunft. Durch die Umsetzung der RMV-App als hybride Anwendung stehen den Kunden jederzeit die aktuellen dynamischen Fahrplandaten mit passenden Verkehrsmeldungen und Echtzeitinformationen zur Verfügung. Die RMV-App wurde zum „Fahrkartenautomat in der Hosentasche“ und dient im Alltag des Kunden als mobile Kundenschnittstelle zum öffentlichen Verkehr in der Region Frankfurt RheinMain.

In zahlreichen Weiterentwicklungen, wie der Integration von  Liniennetzplänen, dem Kauf von Fahrkarten direkt aus der Fahrplanauskunft heraus, der Verknüpfung der RMV-App mit der eTicket RheinMain-Chipkarte, der Einführung moderner Bezahlverfahren (z. B. Zahlung über die Mobilfunkrechnung oder über das kontaktlose Bezahlverfahren girogo) zeigt der RMV auf, welche Rolle er der Vernetzung von Daten und Diensten beimisst. Zunehmend ist erkennbar, dass die RMV-App als zentrale Informationsdrehscheibe zwischen den Kunden und der Vielzahl unterschiedlicher IT-Systeme im RMV und im ÖPNV insgesamt dient.

Chipkarte als Trägermedium für elektronische Fahrkarten und Zugangsmedium zu alternativen Mobilitätsangeboten

Neben dem HandyTicket hat der RMV die elektronische Chipkarte, das eTicket RheinMain, seit 2011 als Trägermedium für elektronische Fahrkarten in derRhein-Main-Region etabliert. Diese basiert auf dem Standard für elektronische Fahrkarten in Deutschland, der VDV Kernapplikation (VDV-KA). Im Zugeder Einführung des eTickets wurde auch die Kontrollinfrastruktur bei den tätigen Verkehrsunternehmen aufwendig ertüchtigt und auf den neuesten Stand gebracht. In den kommenden Jahren sollen schrittweise alle RMV-Zeitkartenprodukte auf der Chipkarte sicher abgelegt werden. An dieser Stelle ergeben sich Synergieeffekte und Serviceverknüpfungen zur RMV-App. Bereits heute ist die Aktualisierung der auf der Chipkarte gespeicherten Fahrkarten über die NFC-Schnittstelle von Smartphones auf Android-Basis möglich.

Neben der Funktion als Trägermedium von Fahrkarten kann die RMV-Chipkarte auch als Mobilitätskarte genutzt werden. Sie ist der Zugangsschlüssel zueiner Vielzahl an Carsharing- und Bikesharing-Fahrzeugen. Aktuell bietet das eTicket RheinMain nach Anmeldung beim jeweiligen Anbieter den kontaktlosen Zugang zu über 3.500 Autos und 720 Fahrrädern. Hier arbeitet der RMV eng mit den führenden Anbietern der neuen komplementären Mobilitätsangebote zusammen. Im Fokus steht die enge Verzahnung mit dem ÖPNV und seinen Auskunfts- und Abrechnungssystemen. Die Vision ist, dass die Kunden zukünftig aus einer Hand und über eine Mobilitätsplattform Informationen erhalten, buchen und bezahlen können.

Perspektivisch sollen auch ergänzende Dienstleistungen, wie z. B. das Parken oder Mitfahrnetzwerke eingebunden werden.

Forschungsprojekte leiten die Zukunft ein

Der RMV initiiert und nimmt aktiv an bundesweiten Forschungs- und Entwicklungs-(F&E-) projekten teil. Im Rahmen des Projektes (((eSIM 2020 werdenie Grundlagen für ein eTicket-System mit automatischer Raumerfassung und Fahrpreisbildung gelegt und in einem Feldversuch erprobt. Zukünftig soll die Nutzung des öffentlichen Verkehrs nach dem Prinzip „Einsteigen und Losfahren“ möglich sein. Im F&E-Projekt DYNAMO (dynamische, nahtlose Mobilitätsinformation) mit den inhaltlichen Projektbestandteilen: intermodale Vernetzung, Indoor-Ortung, Routing und Navigation, Barrierefreiheit, Social Media und dynamische Reisebegleitung wird das intermodale dynamische Routing der Zukunft realisiert. Dank dieser und weiterer Projekte stellt der RMV wichtige Weichen für die nahe und fernere Zukunft. Mehr Informationen zu den genannten Forschungsprojekten finden Sie unter www.esim2020.de und www.dynamo-info.eu.

Den digitalen Vertriebs- und Informationskanälen gehört die Zukunft im RMV

Die Digitalisierung und die Vernetzung von Bits und Bytes mit den realen Verkehrsangeboten bedeuten – wenn sie verantwortungsvoll angegangen werden – mittelfristig eine Revolution für den Fahrgast und werden zunehmend zu Erfolgsfaktoren für die weitere Optimierung der Services und Angebote für die Kundinnen und Kunden. Der RMV hat sich diesem Ziel verschrieben und verfolgt gemeinsamen mit seinen Partnern konsequent den Weg der  Digitalisierung.

Autoren:

Markus O. Huber, Leiter Innovation und neue Geschäftsfelder, Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH

Till Sommerfeld, Projektleiter Innovation und neue Geschäftsfelder, Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH